Ohne sicheren Listenplatz
Zum Siegen verdammt: Wer gewinnt den Bundestagswahlkreis Spandau/Charlottenburg Nord?
Swen Schulz (SPD), Kai Wegner (CDU) und Helin Evrim Sommer (Linke) vertreten derzeit den Wahlkreis Spandau/Charlottenburg Nord im Deutschen Bundestag.
Der Bundestagsabgeordnete Kai Wegner ist jetzt Spitzenkandidat seiner Partei für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus und will Regierender Bürgermeister werden. Sein Wahlkreis besteht aus Kladow, Gatow und der südlichen Wilhelmstadt. Sein gefühlt ewiger SPD-Widersacher, Swen Schulz, zieht sich aus der Politik zurück. Beide haben sich in den vergangenen fast 20 Jahren beim Kampf um das Direktmandat abgewechselt. Der Unterlegene gelangte aber jeweils über die Landesliste seiner Partei in den Bundestag.
Bei dieser Bundestagswahl sind aber weder der SPD- noch der CDU-Kandidat über die Liste abgesichert. Sie müssen gewinnen, um Bundestagsabgeordnete zu werden. Der SPD-Bewerber heißt Helmut Kleebank (56) und ist amtierender Bürgermeister von Spandau, sein CDU-Gegenkandidat ist Joe Chialo (51).
Kleebank will nach zehn Jahren als Rathauschef jetzt bundespolitisch wirken. Gerade in Führungspositionen müsse es nach einiger Zeit einen Wechsel geben, begründete Kleebank seinen Schritt. Im Bundestag werde er mit vielen Themen konfrontiert, die Spandau ganz konkret beträfen wie etwa der Wohnungsbau, Verkehr und Bildung. Im höchsten deutschen Parlament kommunalpolitische Erfahrung einzubringen, sei sicher nicht schlecht, erklärte der Bürgermeister. Das gelte übrigens auch in umgekehrter Richtung. So wolle er Spandauer Themen und Probleme auf die bundespolitische Bühne bringen.
Helmut Kleebank machte Wahlkampf mit dem Fahrrad oder an Infoständen. Gleichzeitig ist er noch Bürgermeister und war in dieser Funktion in diesen Wochen ebenfalls sehr präsent. Eine offizielle Veranstaltung jagte die andere. Ob Einweihung, Grundsteinlegung, Ehrung oder Richtfest – Helmut Kleebank durfte nicht fehlen. Mit der Wahl habe das nichts zu tun, beteuert Kleebank.
Im Gegensatz dazu kannte anfangs kaum jemand seinen CDU-Gegenkandidat Joe Chialo (51). Inzwischen hat es der Musikmanager sogar zu bundesweiter Bekanntheit gebracht, nachdem Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet ihn Anfang September als Mitglied seines sogenannten "Zukunftsteams" vorstellte – als Fachmann für Kreativwirtschaft und Innovation.
Auch die "Heute Show" wurde auf den Spandauer Bundestagsbewerber aufmerksam. Ein Reporter der Satiresendung "assistierte" ihm beim Stimmen werben auf dem Spandauer Marktplatz. Und stellte dabei Fragen wie "Wer ist schwieriger zu managen? Die Kelly Familiy oder die CDU?"
Joe Chialo machte Wahlkampf auf der Straße und im Netz. Auf Youtube gibt es zahlreiche Filme, die ihm im Gespräch vor allem mit Parteifreunden zeigen. Auch ein Imagevideo hat er erstellt. "Spandau als Zukunftswerkstatt für modernes Leben und Arbeiten", beschreibt er darin seine Vision für den Bezirk.
Anders als ihre männlichen Konkurrenten hat die Spizenkandidatin der Linkspartei Helin Evrim Sommer (50) keine Chance, den Wahlkreis zu gewinnen. Trotzdem könnte sie wieder in den Bundestag einziehen. Denn die Direktkandidatin der Linken steht auf Platz fünf der Landesliste ihrer Partei.
Helin Evrim Sommer ist 2017 als Nachrückerin in den Bundestag gekommen und hat den Wahlkreis Spandau/Charlottenburg Nord übernommen. Seither wäre sie hier auf vielfältige Weise präsent, machte die Abgeordnete bereits Anfang des Jahres deutlich, als sie eine Art Leistungsbilanz vorlegte. Regelmäßige Talkrunden und Gespräche, Sprechstunden zu Miet- und Arbeitsrecht, Vernetzung mit verschiedenen Initiativen.
Wohnen, Mieten, sozialer Zusammenhalt sind Schwerpunkte ihres Wahlkampfes. Dazu hat sie sich im Bundestag noch besonders um Entwicklungspolitik gekümmert.
Auch Sommer war in den vergangenen Wochen mit verschiedenen Formaten auf Wahlkampftour. Sie hofft in Spandau auf mehr Stimmen zu kommen als ihre Partei bei der letzten Wahl. Überall, wo sie bisher angetreten sei, habe es teilweise überraschend gute Ergebnisse gegeben. Ob einst als Abgeordnete in Neukölln oder 2016, als sie Bürgermeisterkandidatin in Lichtenberg war. Dass sie dort trotzdem nicht Rathauschefin wurde, hat ihre eigene Partei verhindert.
Von den damaligen Querelen wäre nichts zurückgeblieben, beteuerte Helin Evrim Sommer. Wichtiger war ihr die Botschaft: "Ich habe immer gewonnen".
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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