Netzwerk Erinnerungskultur verlegte acht Stolpersteine
Evangelischer Kirchenkreis erinnert an zwei jüdische Familien

Auf dem Fußweg an der Corneliusstraße in Lankwitz wurden fünf Stolpersteine im Gedenken an die Familie Langnas eingelassen.  | Foto: K. Rabe
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  • Auf dem Fußweg an der Corneliusstraße in Lankwitz wurden fünf Stolpersteine im Gedenken an die Familie Langnas eingelassen.
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Am Mittwoch, 24. März, wurden an zwei Adressen in Steglitz insgesamt acht neue Stolpersteine verlegt. Mit den Gedenksteinen soll an zwei jüdische Familien erinnert werden. Initiiert wurden die Stolpersteinverlegungen vom Netzwerk Erinnerungskultur im Kirchenkreis Steglitz.

Im Vorfeld der Verlegung der Steine haben Vertreter des Netzwerkes die Biografien der ehemaligen Steglitzer Nachbarn recherchiert. So beschäftigte sich Klaus-Peter Schaal vom Netzwerk mit den Lebensläufen der fünfköpfigen Familie Langnas, die in der Lankwitzer Corneliusstraße 26a lebte. Karin Sievert erforschte die Biografien der Familie Kohn. Das Ehepaar lebte mit seinem Sohn in der Buggestraße 21 in Steglitz.

Über die Familie Langnas fand Klaus-Peter Schaal heraus, dass es „eine ganz normale Berliner Familie jüdischen Glaubens war“. Im Komponistenviertel in Lankwitz gab es viele Familien des gehobenen Bürgertums – ob sie nun christlichen Glaubens waren, als Freidenker lebten oder sich für Religion wenig interessierten. Pauline Braun und Alfred Langnas heirateten am 12. November 1912. Das Ehepaar bekam vier Kinder. Zwischen 1914 und 1920 wurden Gerda, Hildegard, Heinz Gustav und Joachim geboren.

Mit der Machtübernahme der Nazis im Jahr 1933 war Deutschland für die Familie keine sichere Heimat mehr. Die Eltern erkannten die Zeichen der Zeit und sorgten dafür, dass die Kinder Gerda und Heinz Gustav 1936 Berlin verlassen konnten. Sie fanden in Brasilien eine neue Heimat. Sohn Joachim konnte sich 1938 nach New York retten.

Das Ehepaar setzte sich 1938 und 1939 nach Brüssel ab. Hier lebten sie für wenige Monate in Sicherheit. Jedoch willkommen waren sie nicht. Nach dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Belgien wurden sie interniert und von den belgischen Behörden nach Frankreich abgeschoben. Von hier wurden sie später nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Es sei erfreulich, dass mit den messingfarbenen Stolpersteinen vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie jetzt ein Ort des Gedenkens und ein Mahnmal gegen das Vergessen entstanden sei, so Klaus-Peter Schaal.

Ein paar Kilometer weiter, in der Buggestraße 21 in Steglitz, wurde am gleichen Tag auch der Familie Kohn gedacht. Alice Kohn, geborene Rosenberger, heiratete 1928 in München den Bankrevisor Isidor Isaak Kohn. Das Ehepaar zog nach Steglitz. 1930 wurde Sohn Erwin geboren. Kurz nach der Machtübernahme der Nazis wurde Kohn als Jude vom Bankvorstand degradiert. Die Repressalien zwangen die Familie zur Flucht. 1936 fand die Familie in den USA eine neue Heimat.

Im Altbezirk Steglitz wurden auf Initiative des Evangelischen Kirchenkreis Steglitz bis heute an die 300 Stolpersteine verlegt. Im Sommer 2005 verlegte man die ersten Stolpersteine für das Ehepaar Arthur und Rosa Goldstein in der Kyllmannstraße. Seitdem engagieren sich Arbeitsgruppen in verschiedenen evangelischen Kirchengemeinden dafür, an die Opfer auf diese Weise zu erinnern.

Mehr über die Arbeit des Netzwerkes, die Stolpersteine und über die Familien Langnas und Kohn gibt es im Internet auf www.kirchenkreis-steglitz.de.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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