Experten-Talk beim Forum Bau: Evers startet Wolkenkratzer-Debatte
Es ging um Dubai und Postkartenpanoramen, um Kraftsymbolik und Stolz. Aber neben diesen emotionalen Aspekten von Wolkenkratzer-Visionen drehte sich eine Veranstaltung des Wilmersdorfer CDU-Abgeordneten Stefan Evers doch vor allem um fundamentale, sachliche Fragen: Unter welchen Bedingungen verträgt Berlin, speziell die City West, Hochhausbau im großen Stil? Und wenn man das passende Konzept beschlossen hat - wie kann man verhindern, dass die Pläne Schaubilder bleiben, die kein Investor verwirklichen will?
Dass Evers dieser "umstrittenen Form von Verdichtung" Sympathien entgegenbringt, daran ließ er keine Zweifel. Zwar soll Berlin auch künftig das Gründerzeiterbe respektieren. "Aber es ist Zeit zu überlegen, wo man städtebaulich die Krone aufsetzt."
Wenn am Sportforum Hohenschönhausen und der Neuköllner Sonnenallee Pläne für Riesenbauten Form annehmen, warum nicht im Bereich zwischen Breitscheidplatz und Ernst-Reuter-Platz? Dieses Gebiet betrachtet Evers neben dem Alexanderplatz als ideal für Berliner Markenbildung im neuen Format. Und findet hier Zuspruch von Professor Christoph Langhof, dessen Upper West-Hochhaus gerade "aus dem Dreck kommt" - also ein fertig gegossenes Fundament hat. "Hochhäuser entstehen immer dort, wo die Wertschöpfung am höchsten ist", erklärt Langhof. Insofern wären Standorte in Charlottenburg leichter zu realisieren als in Neukölln. Gerade dort plant das Hotel Estrel derzeit die Spitze der Stadt.
Was am Breitscheidplatz möglich ist, habe vor 50 Jahren das 103 Meter hohe Europa-Center bewiesen. Im vergangenen Herbst hingegen erteilte die Politik seiner "Hardenberg"-Vision für die AG City eine Abfuhr. "Vor 50 Jahren war man mutiger", urteilt Langhof. Vielleicht müsse ein neuer Wolkenkratzer mit Mischnutzung nicht unbedingt 209 Meter hoch sein. Dass sich für solch ein Projekt Investoren fänden, steht für ihn fest.
Wer Wolkenkratzer-Pläne verwirft, missachtet den Markt, glaubt Professor Langhof. Denn gerade zahlungsstarke Auftraggeber hätten den Wunsch, zu repräsentieren, würden bevorzugt in die modernsten Bauten mit der neuesten Technik ziehen - und dementsprechend zahlen.
Damit ein Hochhaus so aus dem Boden wächst, wie es ein Masterplan vorsieht, müsse man dafür sorgen, dass es sich lohnt, stellte der Fachmann klar. Wie die Politik einem Investor mit Faible für steile Architektur hingegen den Weg verstellt, das erörterte die Runde am Beispiel des Neubaus von Hines auf dem Aschinger-Grundstück. Man hatte dazu die Architektin Annette Axthelm eingeladen, deren Entwurf - entgegen der Geschmacksvorstellung vieler Beobachter des Verfahrens - gescheitert war. Zunächst aber wurde er von zehn auf sechs Geschosse gestutzt, um einem alten Bebauungsplan zu entsprechen. "Dadurch hat unser Entwurf entscheidend verloren", beklagt Axthelm. "Aber das gilt sicher auch für den Siegerentwurf von Hascher Jehle." Gerade dieses Grundstück in Ideallage, glaubt Axthelm, hätte eine Ausnahmegenehmigung verdient gehabt. Die Möglichkeit, mit dem Waldorf Astoria und dem Upper West eine "Dreifaltigkeit" herzustellen - sie ist vergeben.
Wie man solche Chancen künftig besser nutzt? Rainer Latour, als Leiter des Stadtplanungsamts im Publikum sitzend, antwortete mit vier Gegenfragen. Wie setzt man eine gemischte Nutzung in Hochhäusern praktisch um? Wie bildet man eine Schnittstelle zur Gründerzeit? Wie begegnet man der Nachkriegsarchitektur? Und wie erhält man Bezug zum öffentlichen Raum? Hätte man ein Konzept, das diese Eckfragen sinnvoll beantwortet, dann könnte eine neue Aufbruchsstimmung begründet sein.
Stefan Evers jedenfalls möchte nicht nur Fachleute konzipieren lassen, sondern auch einfache Bürger. Er startet in Kürze einen mit 5000 Euro dotierten Ideenwettbewerb für die City West und bittet um Einsendungen unter evers@cdu-fraktion.de.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.