Rettung aus der „Möhre“
Berliner Feuerwehrleute trainieren die Bergung eines Verletzten in der Reichstagskuppel
Erstmals haben Spezialisten der Feuerwehr in der Reichstagskuppel die Bergung einer verletzten Person aus der „Möhre“ trainiert. So nennen dort alle das trichterförmige „Lichtumlenkelement“, das den Plenarsaal mit Tageslicht versorgt.
Seit über 20 Jahren klettern mehrmals im Jahr Wartungsmechaniker in den markanten Spiegelkegel. Die beeindruckende Konstruktion mit 360 Einzelspiegeln lenkt von der Kuppel diffuses Tageslicht in den zehn Meter tiefer gelegenen Saal. Das Innere der „Möhre“ steckt voller Technik. Über den Spiegelkonus wird auch die verbrauchte Luft aus dem Plenarsaal abgesaugt. Im Brandfall dient der Kegel als Entrauchungsanlage. Techniker klettern regelmäßig über Steigleitern in den Konus, um die Maschinen zu warten. Doch was, wenn einer in der engen Konstruktion abrutscht und sich verletzt? Diese Frage stellten sich auch Sicherheitsinspektoren. „Bislang ist zum Glück immer alles gut gegangen“, sagt Bundestagssprecher Frank Bergmann.
Sein Haus bat die Feuerwehr, eine mögliche Bergung zu üben. Und so nutzten die Höhenretter die parlamentarische Sommerpause zum Training. Olaf Stracke war mit der Arbeit seines Teams sehr zufrieden. Der Brandoberinspektor ist Leiter der Höhenrettung. „Das war ein spannender Einsatz“, so der Chefkletterer. Denn die „Möhre“ ist eng und verwinkelt; eine Trage mit einem Verletzten durch das Nadelöhr über Seilzüge nach oben zu hieven bedeutet Millimeterarbeit. Fünf Kletterprofis hatten bei dem Einsatz alle Hände voll zu tun. Im Innern mussten mehrere Umlenkungen gebaut werden, „das ist technisch relativ aufwendig“, erklärt Stracke. Nach 25 Minuten war das Unfallopfer geborgen. „Das war schon sehr komplex“, sagt Höhenretter Wolfgang Remus. Er hat oben in der Kuppel die Seile in den Einstiegsschacht dirigiert.
Training an Kränen und Hochhäusern
Im Innern des Reichstagsgebäudes waren die Höhenretter der Feuerwehr noch nie. Zu Einsätzen wurden sie schon öfter gerufen, wenn irgendwelche Aktivisten draußen am Gebäude hängen. Insgesamt gibt es 48 Höhenretter bei der Feuerwehr, die in schwierigen Situationen Menschenleben retten sollen. Sie trainieren an Kränen und an Hochhäusern wie zum Beispiel der 100 Meter hohen Pyramide in Marzahn. Bergungen werden auch regelmäßig von der Evakuierungsplattform am Fernsehturm geübt. Die Profis seilen sich von der Kugel ab und ziehen sich hinüber zum Rettungsring in 200 Meter Höhe.
Berlins Höhenretter sind auf der Feuerwache Marzahn stationiert. Dort trainieren sie auch regelmäßig an der Kienberg-Seilbahn die Rettung aus den Gondeln. Sollten im Notfall alle 48 Kabinen geräumt werden müssen, hätten die Retter Großeinsatz. Mehrere Teams müssten über die Stützen und Fahrseile zu den Kabinen klettern, um die Passagiere dann abzuseilen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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