Menschlichkeit als Medizin
Evas Haltestelle für wohnungslose Frauen feiert Wiedereröffnung in ehemaliger Apotheke

Sonja und Rosi haben wieder eine eigene Wohnung, kommen aber regelmäßig zu Evas Haltestelle. | Foto: Dirk Jericho
6Bilder
  • Sonja und Rosi haben wieder eine eigene Wohnung, kommen aber regelmäßig zu Evas Haltestelle.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Sie sind schon ein paar Monate hier. Jetzt wurde offiziell die Wiedereröffnung von Evas Haltstelle in den neuen Räumen in der Müllerstraße 126 gefeiert.

Rosi hat jahrelang in Obdachlosenheimen übernachtet. Seit zwei Jahren hat die 59-Jährige eine eigene Wohnung. Im Tagestreff Evas Haltestelle, der seit 20 Jahren Frauen in Wedding betreut, war sie oft. Zur Wiedereröffnung in den neuen Räumen war Rosi natürlich dabei. Ob sie auf der Straße leben oder es schon wieder in eine eigene Wohnung geschafft haben – in Evas Haltestelle bekommen die Frauen Menschlichkeit als Medizin. Das passt ganz gut; in den neuen Räumen in der Müllerstraße 126 war bis vor kurzem eine Apotheke.

Das Projekt vom Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) hatte mehr als 20 Jahre an der Bornemannstraße seine Räume. 2017 die Kündigung; so war Evas Haltestelle ab Juni 2018 genauso wohnungslos wie die meisten ihrer Klienten. „Niemand wollte uns haben, die Vorbehalte waren groß“, sagte SKF-Vorstandsvorsitzende Dagmar Löttgen. Eine Besucherin hatte schließlich die leerstehende Apotheke entdeckt. Hausbesitzer Frank Ruwolt stand auf der Dankesliste bei der Eröffnungsfeier ganz oben, weil er Evas Haltestelle ein Zuhause gab. „Das ist eine wichtige Einrichtung“, sagt Ruwolt, der kurz davor war, einen Mietvertrag mit einem persischen Restaurant abzuschließen. Jetzt bekommt er zwar etwas weniger Miete, aber die sei sicherer als bei Gastronomen, wie er einräumt. Und die neuen Erdgeschossmieter „sind voll akzeptiert im Haus“, so Ruwolt.

Ruhe finden nach einem brutalen Tag auf der Straße

Die neuen Räume an der Müllerstraße sind wesentlich größer als die alten. Der Tagestreff Evas Haltestelle trägt jetzt „Zentrum für wohnungslose Frauen in Berlin“ im Untertitel. Neben der Chefin Claudia Peiter ist auch eine Sozialarbeiterin festangestellt. Ansonsten kümmern sich rund 20 Ehrenamtliche um die Frauen, die hier Ruhe, Wärme und Gespräche suchen nach einem brutalen Tag auf der Straße. In den Räumen ist auch das Modellprojekt Housing first angesiedelt, das der Senat bezahlt. Dabei geht es darum, Obdachlose erstmal wieder in eine Wohnung zu bekommen. Mit weiteren Hilfen sollen sie so den Weg zurück in ein normales Leben finden. Fünf Frauen konnten in den ersten Monaten schon in eine eigene Wohnung vermittelt werden. Die ersten Vermieter, die sich darauf eingelassen haben, waren die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft und der börsennotierte Immobilienkonzern Deutsche Wohnen.

Der Bezirk unterstützt Evas Haltestelle und finanziert die Sozialarbeiterstelle. Vor allem die Grünen im Bezirk haben sich für das Wohnungslosenprojekt für Frauen starkgemacht. „Nun muss das Bezirksamt endlich weitere Mittel für die zweite Sozialarbeiterstelle bereitstellen“, sagt Taylan Kurt von den Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte. Einen entsprechenden Antrag der Grünen hatte die BVV im Oktober beschlossen. Das Bezirksamt will nach Evaluierung der Arbeit von Evas Haltestelle prüfen, ob es 2020 eine weitere Sozialarbeiterstelle bezahlt, hieß es dazu im Februar von Sozialstadtrat Ephraim Gothe (SPD).

In Evas Haltestelle gibt es bis Ende März auch eine Notübernachtung für obdachlose Frauen. Dort können Frauen im Winter sicher die Nacht verbringen, duschen, etwas Warmes essen oder sich Sachen aus der Kleiderkammer besorgen. Die 20 Notübernachtungsplätze werden vom Sozialamt finanziert. Evas Haltestelle bekommt auch immer wieder Spenden. Einen guten Draht hat das Projekt bereits zu seinem neuen Nachbarn. Kaufland in der Müllerhalle spendet regelmäßig Lebensmittel.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 101× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 541× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 504× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 457× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 480× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.