Vom Spielzeugladen zum Spezialgeschäft
"Modelleisenbahn Breyer" feiert 50-jähriges Bestehen

Andreas Köhle steht im Verkauf, Mareike Biggam schmeißt die Verwaltung und einmal in der Woche hat die hauseigene Werkstatt für Modelleisenbahnen geöffnet.  | Foto: Matthias Vogel
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Wenn man das "Gleis Kaiserdamm" aus Richtung Messe kommend entlangrollt, so im Maßstab 1:1, dann sieht man einige leerstehende Geschäfte. Das Gros konnte sich zum Glück trotz erschwerter Bedingungen halten, und deshalb ist das Schaufenster unter der gelben Markise mit der Aufschrift „Modelleisenbahn Breyer“ noch immer prall gefüllt mit Leben und Schätzen, die nicht nur Kinderaugen leuchten lassen.

Auf der Scheibe selber kann abgelesen werden, wie lange die Familie Breyer schon durch die stürmische Einzelhandelssee schippert: In diesem Jahr feiert das Unternehmen seinen 50. Geburtstag.

Zwischen Spielzeug aufgewachsen

Geleitet wird das Geschäft, in dem Modellbahn affine Kids, ihre verspielten Väter oder Sammler und Jäger alles für ihre Miniatur-Eisenbahnlandschaft finden, von Mareike Biggam, 1965 geborene Breyer, und ihrem Kollegen Andreas Köhle. Obwohl Biggam seit sie drei Jahre alt ist mit dem Spielzeug und dem Modellbau-Artikeln ihrer Mutter Maren-Sigrid Breyer konfrontiert ist, ist sie jetzt kein echter Technikfreak oder Lokomotiven-Enthusiast. Verwaltung, das ist eigentlich ihr Ding, begeistert wirkt sie dennoch. 1968 hatte Maren-Sigrid Breyer die Idee, einen Spielzeugladen zu eröffnen. An der Bismarckstraße, neben der Ruth-Kohn-Schule, damals noch auf deutlich größerer Fläche. „Da gibt es ein Bild von mir, wie ich als Kind auf so einem großen Teddy sitze. Den konnte man aufziehen und dann hat der gebrummt. Und ich kann mich daran erinnern, dass mir eine Kundin damals sagte: Das darfst du nicht. Und ich habe geantwortet: Oh doch, ich darf das.“

2011 Umzug an den Kaiserdamm

Als 13-Jährige erlebte Mareike Biggam dann den Umzug des Ladens an den Kaiserdamm, zunächst in das Haus mit der Nummer 84, zwischen Messe und Theodor-Heuss-Platz. „Das war irgendwie so eine Wohnung mit Ladenfläche. Kleiner, schlauchartig und viele Räume“, erinnert sich Biggam. Im Jahr 2011 ereilte den Breyer’schen Familienbetrieb dann die Entwicklung, unter der die Kollegen vom Einzelhandel bis heute genauso ächzen wie zur Miete wohnende Bürger. „Der Eigentümer rief an und sagte, wir würden zu wenig Miete bezahlen. Weil es ein moderater Betrag war, hätten wir auch mehr bezahlt. Wir sollten uns neuerlich bewerben und diese Bewerbung hat dem Eigentümer nicht gefallen“, sagt Biggam. Ein bisschen sei ihr damals nach Aufgabe gewesen, aber die Mutter und Andreas Köhle waren in ihrer Begeisterung für ihren Laden nicht zu bremsen und fanden dann die heutige Adresse am Kaiserdamm 99, in die das Geschäft dann 2012 umzog.

Hauseigene Werkstatt

Damals in der Bismarckstraße gab es bei Breyer noch gar keine Modelleisenbahnen, am Kaiserdamm 84 nahm die Mutter dieses Segment mit dazu und mit dem Wechsel an den jetzigen Standort spezialisierte sich der Betrieb. Biggam, Köhle und Mutter Maren-Sigrid, die mit ihren 79 Jahren auch noch ab und an im Laden steht, wissen Rat, wenn Kunden fragen, ob sie lieber die Z-Spur im Maßstab 1:220 oder das gängigste Format H0 im Maßstab 1:87 wählen sollen. Sie beraten, wenn die Klientel nicht sicher ist, ob sie ihre alte, per Trafo gesteuerte Sammlung erweitern oder lieber auf digitale Steuerung umsteigen sollen. In der von Mitarbeiter Manfred Hühnefeld geleiteten, hauseigenen Werkstatt, lassen sich analoge Loks auch auf den digitalen Betrieb umrüsten und Reparaturen durchführen.

„Es kommen gerade wieder mehr Väter"

Der Familienbetrieb hatte einst floriert, Beleg sind drei Filialen in Wedding, Tempelhof und direkt am U- und S-Bahnhof Alexanderplatz, die im Wechsel geführt wurden. Die Breyers mussten Rückschläge hinnehmen, wie die Umstellung auf den Euro, nach der potenzielle Kunden lieber ihr Geld zusammenhielten, oder den Terroranschlag auf die Twin-Towers in Amerika, der zu einem Touristen-Schwund und letztendlich zur Schließung der Dependance am Alex führte. Längst konzentriert sich das Team nur noch auf den Laden am Kaiserdamm, den Biggam als „Spezialgeschäft für Anfänger und mittlere Fortgeschrittene“ beschreiben würde. Gerade würde sie mal wieder Aufwind verspüren. „Es kommen gerade wieder mehr Väter, weniger die Kinder“, sagt sie. Der Online-Handel setzt auch „Modelleisenbahnen Breyer“ zu. Aufhören komme aber zunächst nicht in die Tüte. „Das wäre doch wirklich schade, besonders um die Stammkundschaft“, sagt sie. Aber ein paar mehr Freunde von Modelleisenbahnen könnten nach ihrem Geschmack schon das "Gleis Kaiserdamm" entlangrollen – so richtig im Maßstab 1:1 – und gucken, welch schönes Geschäft dort für sie noch existiert.

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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