Netzwerk Süd-West strebt nach "Plastikfreiem Rheingauviertel"
Glasstrohhalme und Stoffbeutel-Sharing

Désirée Gianella zählt zum Vorstand des Netzwerks Süd-West. Der Verein engagiert sich für plastikfreies Einkaufen im Rheingauviertel und nimmt mit diesem Projekt an einem gut dotierten Wettbewerb des Landes teil.  | Foto: Matthias Vogel
  • Désirée Gianella zählt zum Vorstand des Netzwerks Süd-West. Der Verein engagiert sich für plastikfreies Einkaufen im Rheingauviertel und nimmt mit diesem Projekt an einem gut dotierten Wettbewerb des Landes teil.
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Der Verein Netzwerk Süd-West, ein Zusammenschluss von Gewerbetreibenden rund um den Rüdesheimer Platz, hat mit dem Projekt „Plastikfreies Rheingauviertel“ am Wettbewerb „MittendrIn Berlin!“ teilgenommen. Das könnte sich lohnen, der Verein zählt zu den acht Finalisten.

Der Wettbewerb wird seit 2005 in Kooperation des Landes mit der Industrie- und Handelskammer und Vertretern der privaten Wirtschaft ausgerufen. Gemeinsames Interesse ist es, neue Impulse für die Stärkung von Zentren und Geschäftsstraßen zu geben. Die erste von zwei Phasen ist durchlaufen. Die Jury hat sich bei 28 Bewerbungen für acht Projekte und Initiativen entschieden, die gefördert werden. Sie haben nun bis Januar 2020 die Aufgabe, ihr Vorgehen zu schärfen und ihr Netzwerk auszubauen. Hierfür dürfen sie alle bis Ende November 2019 ein „MittendrIn vor Ort“-Treffen veranstalten, das bereits jeweils mit 4000 Euro unterstützt wird.

Die Vision eines plastikfreien Rheingauviertels in Wilmersdorf entstand im Frisörsalon. Kundin Marion Klose unterhielt sich mit Figaro Matthias Jung ganz allgemein über den hohen weltweiten Plastikverbrauch und dann eben über den vor der eigenen Haustür. Jung ist Mitglied des Netzwerks Süd-West, sowohl er als auch Klose helfen nun kräftig mit, der Vision näher zu kommen. Den Hut hat aber Désirée Gianella auf, die direkt am Rüdesheimer Platz den Kinder Outdoor Shop „Grashüpfer“ betreibt und im Vorstand des Vereins sitzt, der bereits seit Herbst 2017 existiert, sich aber erst seit drei Monaten mit dem Thema beschäftigt. „Rüdi.net ist auf uns zugekommen, ob wir mit der Idee nicht an diesem Wettbewerb teilnehmen wollen. Haben wir dann gemacht, zunächst noch unter dem Mantel der Bürgerinitiative. Doch dann hat das eine ganz starke Eigendynamik entwickelt und nun gehen wir unter unserem Namen weiter“, berichtet sie.

Die ersten Händler haben umgestellt

Zunächst hat das gute Dutzend aktiver Geschäftsleute das Ziel formuliert: Mit generationsübergreifenden Projekten und Veranstaltungen soll dem Plastikverbrauch Einhalt geboten werden. „Ganz wichtig ist uns dabei, auch alltagstaugliche Alternativen aufzuzeigen“, sagt Gianella. Exemplarisch nennt sie mit Bienenwachs behandelte Baumwolltücher als Ersatz für Frischhaltefolie. Einige Dinge im Kiez haben sich schon verändert. Der Glaser am Ort hat jetzt Glasstrohhalme im Sortiment, und der Buchladen hat die Plastiktüten für die Kunden verbannt. Weitere Prozesse sind im Gange, so hat sich das Netzwerk für einen Trinkwasserbrunnen auf dem Rüdi beworben, an dem die Kiezbewohner ihre Glasflaschen befüllen können sollen. Darüber hinaus wird an einem Einkaufsstoffbeutel-Sharing System getüftelt und die Entwicklung eines „Nachhaltigen Einkaufsguides“ als App vorangetrieben.

Derzeit laufen die Vorbereitungen für das vom Wettbewerb mit finanzierte „MittendrIn vor Ort“-Treffen am 16. November auf Hochtouren. „Gerade machen wir für die Präsentation eine Bestandsanalyse, was es bereits alles bei uns gibt“, erklärt Gianella. Für die Veranstaltung seien auch zwei bis drei Vorträge geplant. Zum Beispiel sei Ute Frank, Bürgermeisterin von Brackenheim bei Stuttgart zu Gast. „Die haben unter dem Namen ‚Klimafair Einkaufen‘ schon länger ein ähnliches und gut funktionierendes Projekt laufen. Das stellt sie vor.“ Aus Potsdam kommt die Betreiberin eines „Unverpackt“-Ladens hinzu und Mandy Görlitz von der örtlichen REWE-Filiale schildert ihre Sicht auf das Thema. „Es wird auch eine Podiumsdiskussion geben“, sagt Gianella.

Mehrwegpfandsystem in Lebensmittelgeschäften hat Hürden

Bei den Kiezbewohnern stoße das Projekt schon jetzt auf sehr positive Resonanz. „Die machen wirklich gerne mit“, berichtet sie. „Die Händler haben bei der Umsetzung der Plastikfreiheit noch Probleme, weil sie abhängig von den Lieferanten sind. Aber auch für die haben wir bereits ein Schreiben aufgesetzt und verschickt.“ Gerne würde das Netzwerk auch ein Mehrwegpfandsystem für den Einkauf in Lebensmittelgeschäften entwickeln. „Das wird auch nicht einfach, wegen der Hygienevorschriften“, so Gianella.

Im Februar 2020 fällt in einer zweiten Jurysitzung die endgültige Entscheidung, welche Gruppen sich über ein individuelles Standortkonzept im Wert von bis zu 30.000 Euro freuen können. Zusätzlich erhalten die Gewinner ein Budget von bis zu 10.000 Euro, um erste Maßnahmen umzusetzen. Sollte „Plastikfreies Rheingauviertel“ prämiert werden, würde sicher in die Umsetzung der App investiert werden. Auch ein Logo müsse noch her, sagt Ginella. „Unser ganz großer Traum ist es, dass unser Projekt eines Tages Vorbildcharakter für Kieze in ganz Deutschland hat.“ Bis dahin vergeht noch einige Zeit, das weiß auch Désirée Gianella. Aber sie ist schon jetzt hoch zufrieden: „Das Projekt hat richtig Schwung in unser Viertel gebracht."

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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