Beten, singen, diskutieren und feiern
Viele Berliner helfen ab 19. Juni beim Kirchentag im Ruhrpott mit
Als erstes wird Pizza bestellt. Eine sättigende Grundlage wird an diesem Abend im Jugendhaus der evangelischen Ernst-Moritz-Arndt-Kirchengemeinde gebraucht. Rund 15 junge Erwachsene bereiten sich auf eine Helfertätigkeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) vor.
Die Großveranstaltung der evangelischen Laien in Deutschland, die 1949 vom Juristen, Politiker und Mitglied der Bekennenden Kirche, Reinhold von Thadden-Trieglaff (1891-1876), gegründet wurde, findet in diesem Jahr vom 19. bis 23. Juni in Dortmund statt. Der DEKT kann in der Ruhrpottmetropole sein 70-jähriges Bestehen feiern. das diesjährige Motto lautet: „Was für ein Vertrauen“. Mehr als 2000 Einzelveranstaltungen stehen auf dem Programm. Erwartet werden bis zu 200 000 Besucher. Ihnen stehen 5000 DEKT-Helfer mit Rat und Tat zur Seite.
Das Helferteam der jungen Menschen aus den drei Zehlendorfer Gemeinden Ernst-Moritz-Arndt, Paulus und Dahlem wird eine Schule in Dortmund in eine Unterkunft für 400 andere Helfer verwandeln. Seit einem Jahr bereiten sie sich auf den Einsatz vor. Alle haben Kirchentagserfahrung. Die Quartiersbetreuung ist jedoch eine Premiere. Trotzdem sind sich alle sicher: Es wird kooperativ und freundschaftlich zugehen.
Die temporäre Herberge hat 24 Stunden geöffnet. Gearbeitet wird im Zwei-Personen-Schichtdienst. Eine Schicht dauert acht Stunden. „Das wird nicht immer funktionieren“, meint Helferteam-Sprecher Simon. Der 22-Jährige hatte die Idee der Quartiersbetreuung. „Aus acht Stunden werden bestimmt auch mal zehn oder zwölf. Aber niemand sitzt alleine da. Man kann sich unterhalten oder zwischendurch Getränkekisten schleppen“, so Simon.
Bleibt da noch Zeit, selbst Veranstaltungen zu besuchen? Vielleicht die Containerkirche, die Gleichaltrige der Evangelischen Jugend der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz beim Kirchentag aus Frachtcontainern aufbauen wollen? „Das kriegen wir hin“, ist Simon überzeugt.
Zu den zentralen Themen in Dortmund gehören Umwelt- und Klimafragen. So wird Luise Neubauer, die deutsche Friday-for-Future-Aktivistin, auf dem Podium zu erleben sein. Zugleich will der Kirchentag mit den Worten seines Präsidenten Hans Leyendecker „ein Zeichen gegen die Spaltung und Polarisierung der Gesellschaft, gegen die Verrohung der Sprache und gegen Ressentiments und Fremdenfeindlichkeit“ setzen.
Den Besuch von Veranstaltungen zu diesen Schwerpunktthemen hat sich Eckart Jendis aus Lichterfelde fest vorgenommen. Jendis könnte man als Berliner Kirchentagsurgestein bezeichnen. Seit 1961 hat der heute 73-Jährige so gut wie keinen Kirchentag versäumt. Das Großereignis sei „immer auch am Puls der Zeit“, „ein großes, geistliches Fest“, so Jendis. An den Vorbereitungen für den Kirchentag 2017 in Berlin hat sich der Lichterfelder aktiv beteiligt. Als Kirchentagsbeauftragter der Paulusgemeinde machte er bei der „Betten-Kampagne“ mit, der Beschaffung von Privatquartieren für die Besucher – ein Markenzeichen des Kirchentags.
Was den pensionierten Kirchenmusiker und Schulleiter am meisten begeistert und bewegt, ist die Tatsache, dass Hunderttausende zusammenkommen, um zu beten, zu singen, zu diskutieren und zu feiern „ohne Dreck zu machen, frei von jeglicher Unkultur“.
Die Organisatoren des Evangelischen Kirchentages bemühen sich um einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck. Es wird regional eingekauft und „ökofair“ gekocht. Die gesamte Logistik wird mit Lastenfahrrädern gestemmt. Die Besucher werden aufgefordert, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Eckart Jendis, der treue Kirchentagsbesucher, erhofft sich auch dieses Mal, „dass wir alle voneinander lernen, mit den Verwerfungen dieser Zeit positiv umzugehen“.
Alle Informationen zum Kirchentag in Dortmund gibt es im Internet auf der Seite www.kirchentag.de.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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