Zwangsarbeit
Kein bezirkliches Lager in der Wilhelmsaue 40.

Es muss deutlich gesagt werden, daß während des 2. Weltkrieges das damalige Bezirksamt (BA) Wilmersdorf weder ein "Städtisches Ausländerlager für Aufgabenstellung im Verwaltungsinteresse" geplant, eingerichtet, geschweige denn über mehrere Jahre hinweg, auf einem ihn nicht gehörigen Grundstück, ohne das es der Eigentümer gemerkt hätte, betrieben hat. Es steht aber auch völlig außer Frage, daß das BA Wilmersdorf ausl. Arbeiter und Angestellte für seine Belange einsetzte und das sich ein "Städtisches Lager" für ausl. Arbeiter auf dem Grundstück Wilhelmsaue 39 / 41 befand. Von diesen "Städtischen Lager" in der Wilhelmsaue wird in der Literatur seit Jahrzehnten berichtet. (1) Das ist der Ausgangspunkt für die nachfolgenden Anmerkungen. "Städtische Lager" unterstanden der Stadtverwaltung der Reichshauptstadt und nicht den Bezirken. Laurenz Demps führte dazu 1986 aus: "Aufbau, Betrieb sowie Erweiterung regelt die Stadtverwaltung mittels des "Kriegshaushalts der Stadt Berlin". Das Haupttiefbauamt der Stadtverwaltung baute und unterhielt sie." (2) Dafür war dem Haupttiefbauamt die "Kontingentstelle des Oberbürgermeister für den Arbeitseinsatz" angegliedert. (3) Ihre "Lager" sind u. a. auch im Telefonbuch 1941 angeführt. (4)Die Dienstanweisung Dr. Thümer vom 30. April 1944 an seine Dienststellenleiter, (5) dass zukünftig ihre Anträge auf vorübergehende Zuweisung ausl. Arbeiter aus einem im Dokument nicht genannten "Städtischen Lager", seiner Genehmigung bedürfen, ist kein Beweis dafür, dass das BA Wilmersdorf über mehrere Jahre hinweg ein eigenes Lager betrieben hat. Es bringt wirklich nichts, wenn man als Beweis immer wieder zitiert: "Ich behalte mir vor" aber zugleich verschweigt was er sich vorbehalten hat. Eine Lagerbezeichnung "Städtisches Ausländerlager für Aufgabenstellung im Verwaltungsinteresse" hat es nie gegeben - alle Lager von Bezirksverwaltungen, welche bekannt sind, werden in den Dokumenten, aber auch in den Adressbüchern als "Wohnlager des Bezirksamt..." geführt. Diese Benennung ist eine irreführende von Dr. Roeder vorgenommenen Verkürzung der Betreffzeile des Schreibens: "Einsatz ausländischer Arbeiter des Städtischen Lager für Aufgabenstellung im Verwaltungsinteresse" um sein Lager nachzuweisen. In den Gesamtnachweisungen der in den Bezirksämtern eingesetzten ausl. Arbeiter des Hauptpersonalamt der Stadtverwaltung 1941 / 1944 ist bei den in den Bezirks-Ämtern eingesetzten ausl. Arbeitern stets: "stehen im Arbeitsverhältnis mit der Stadt" vermerkt. (6) Dies erklärt die Formulierung "vorübergehende zeitweise Überlassung" ausl. Arbeitern an das BA Wilmersdorf und war für alle Bezirke verbindlich. Einen Beleg dafür, dass für das BA Wilmersdorf eine andere Regelung galt, hat Dr. Roeder nicht erbracht. Wie diese Antragstellung erfolgte, beschrieb Karl-Heinz Hofmeister-Lenke 1981 an Hand der Akten "Lohn- und Dienstverhältnisse betreffend des BA Wilmersdorf" in seinem Buch über die Berliner Stadtreinigung. (7) Für den Zeitraum 1941 - 1944 können an Hand der Unterlagen des Hauptpersonalamtes der Reichshauptstadt z. Zt. 276 ausl. Arbeiter: 65 bulgarische, 22 französische, 1 kroatischer, 31 niederländische, 103 polnische, 40 serbische, 2 slowakische, 1 staatenloser, 1 Volksdeutscher, 8 tschechische und 1 sowjetischer Bürger nachgewiesen werden, die für das BA Wilmersdorf auf dessen Beantragung zeitweise, also nicht dauerhaft eingesetzt waren.Der Eigentümer des Grundstück Wilhelmsaue 39 / 41 war seit 1922 die Stadt Berlin, welche diese Liegenschaft vom BA Wilmersdorf übernommen hatte und dort ein Büro und Fuhrpark - den Gerätehof 58 der Stadtreinigung - unterhielt. (8) Es ist daher naheliegend, das dieser Städtischer Eigenbetrieb der Betreiber des dortigen Lager war. Auch durch die Benennung von Johann Giminski als Städtischer Lagerführer in mehreren Dokumenten im Zusammenhang mit Wilhelmsaue 40 ist ein Bezug zum Schreiben von 30. April 1944 hergestellt, wo er ebenfalls als Lagerführer genannt wird. Zusammenfassend kann ausgeführt werden:Es ist völlig unbestritten, dass das BA Wilmersdorf - wie die anderen Berliner Bezirke auch - ausl. Arbeiter für seine Interessen eingesetzt hat und am heutigen Standort Wilhelmsaue 40 sich ein Lager befand. Diese Arbeitskräfte wurden nach Bedarf auf Antrag den BA zeitweise von der "Kontingentstelle des Oberbürgermeister der Reichshauptstadt für Arbeitseinsatz" zur Verfügung gestellt. Das "Städtische Lager" Wilhelmsaue 40 ist als Lager der Berliner Stadtverwaltung - hier der Stadtreinigung - und nicht als Lager des BA Wilmersdorf nachgewiesen.Das BA Wilmersdorf war in dem System des Arbeitseinsatzes aktiv tätig. Nur mit seiner Zustimmung wurden Lager errichtet, es stellte für Lager seine Grundstücke zur Verfügung, sicherte die Lebensmittelversorgung aller Lager im Stadtbezirk ab, war für die gesundheitlichen Belange der Lager zuständig, übte die polizeilichen Kontrolle über alle ausl. Arbeiter im Bezirk aus und war für die Massenverscharrung tausender ausl. Arbeiter aus den Westbezirken auf den Wilmersdorfer Friedhöfen zuständig. Damit war das BA Wilmersdorf als Täter maßgeblich an der Organisation der Zwangsarbeit von ca. 15.000 ausl. Arbeiter und Arbeiterinnen im Bezirk Wilmersdorf mit verantwortlich beteiligt. Ohne BA kein Lager, kein Arbeitseinsatz ausl. Arbeiter im Bezirk und daher sollte an alle ausl. Arbeiter gemeinsam durch den Bezirk gedacht werden.Quellen:(1) Stellvertretend: Metzger / Schmidt / Wehe / Wimmer: Kommunalverwaltung unterm Hakenkreuz. Berlin-Wilmersdorf 1933-1945. Berlin, 1992. S. 167./ Wolfgang Homfeld: Zwangs-- und Fremdarbeit in Wilmersdorf. Arbeitskreis Geschichte Wilmersdorf. 2003. S. 125 / 145.(2) Laurenz Demps: Zwangsarbeiterlager in Berlin 1939 - 1945. Berlin (Ost), 1986. S. 12. (3) LAB Angelegenheiten des Haupttiefbauamtes A Rep. 010-01-02 Nr. 2564 Bl. 43 ff. (4) Amtliches Fernsprechbuch für den Bezirk der Reichspostdirektion Berlin 1941. S. 1284.(5) Museum Charlottenburg Wilmersdorf. Bestand: 3962-1.(6) LAB A Rep. 001-02. Bd. 3333 / 3334. Übersichten über den Personalbestand... 1941 / 1944. o. Bl. Nr. (7) Karl-Heinz Hofmeister - Lemke: Geschichte der Berliner Stadtreinigung. Berlin, 1981. S. 231 ff. (8) Adressbuch Berlin 1922. IV. Teil. S. 1270. "Wilhelmsaue 39 / 41. Spielschule. Eigentümer: Stadt Berlin. Büro u. Fuhrpark der Städtischen Reinigung. T. Kinderheim." und Adressbuch Berlin  1942. IV. Teil. S. 1409. mit gleicher Angabe. Dazu Anmerkung: dass Grundstück hatte von 1908 bis 1942 die Bezeichnung Wilhelmsaue 39 /41. Siehe Adressbuch Berlin 1908. V. Teil. S. 585.

Autor:

Stefan Knobloch aus Charlottenburg

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