Strohhalm Online-Kurse
Ballett Centrum steht in der Krise das Wasser bis zum Hals

Christian Toberentz steht nun öfter vor der Kamera, als ihm lieb ist. Um zu uberleben, bieten er und einige andere Tanzlehrer ihre Kurse online an – live.  | Foto: Matthias Vogel
2Bilder
  • Christian Toberentz steht nun öfter vor der Kamera, als ihm lieb ist. Um zu uberleben, bieten er und einige andere Tanzlehrer ihre Kurse online an – live.
  • Foto: Matthias Vogel
  • hochgeladen von Matthias Vogel

Durch die Corona-Krise ist die Existenz des traditionsreichen Ballett Centrums Berlin stark gefährdet. Sicher kein Einzelfall, doch für Inhaber Christian Toberentz kommt es knüppeldick.

Seit 32 Jahren existiert das Ballett Centrum bereits. 1994 übernahm es Toberentz mit einem Geschäftspartner, seit 2012 führt er es alleine – und zwar durch Höhen und Tiefen. Erst rettete er die Schule durch die Wirtschaftskrise vor einigen Jahren, überstand dann vor zwei Jahren nur mit Ach und Krach den Auszug aus dem Ku’damm Karree, das der Investor komplett abreißen ließ und gerade neu aufbaut. Am neuen Standort Adenauerplatz fand er zwar aus räumlicher Sicht ideale Voraussetzungen, allerdings sah er sich im Zuge der Umbauarbeiten von der Baufirma betrogen. „Das hätte mich beinahe ruiniert“, sagt der 65-Jährige heute. Nach den üblichen Startschwierigkeiten lief es dann im neuen Domizil recht gut, drei Säle stehen ihm dort zur Verfügung, dazu ein Raum mit einer kleinen Bühne. Jetzt also die Corona-Krise. „Ich kämpfe erneut um das Überleben“, sagt Toberentz.

Besonders wichtig sei das Halten der Vertragskunden. „Auch wenn mir natürlich auch die Barzahler und Tanzschüler mit Zehnerkarte fehlen, sie machen den Löwenanteil meiner Einnahmen aus“, sagt der Steptanz-Lehrer. Kein einfaches Unterfangen, denn für die monatlichen Beiträge konnte Toberentz zunächst nichts bieten, Sportstätten wurden im Zuge der Corona-Krise geschlossen. Also hat er Online-Kurse für die ganze Familie eingerichtet – ein Strohhalm, an den er sich nun klammere, wie er sagt. „So haben meine freiberuflichen Lehrer etwas zu tun“, sagt er. Die dürfen kommen und vor der Kamera unterrichten. Bei weitem aber nicht alle.

Live-Unterricht per Kamera

Um die 30 Tanzlehrer vermittelten vor der Krise unter seinem Dach Kinderballett, Kinder-Jazz, Kinder-Step, Ballett, Jazz, Contemporary, Break Dance und Hip Hop, Commercial, Musical Theatre Dance, „Song & Dance“, Steptanz, Akrobatik, Salsa-Workout, Pilates, Floor Barre und Yoga – vom Anfänger bis zum Profi. Über das Internet ist nun gerade einmal ein halbes Dutzend von ihnen beschäftigt. Seine Kurse hätten allerdings den großen Vorteil, dass sie live gegeben würden. „Der Lehrer sieht die Schüler und kann sofort korrigieren“, sagt Toberentz.

Um den Rest der Tanzlehrer macht sich der Inhaber des Ballett-Centrums ernsthafte Sorgen, vor allem, weil die Soforthilfe des Staates bei ihnen nicht greife. „Die Bundesmittel dürfen nur für Betriebsausgaben verwendet werden. Aber ein Tanzlehrer hat kaum Betriebsausgaben. Er sitzt zuhause auf der Couch und wartet auf Engagements.“ Er selber habe Soforthilfe beantragt und im zweiten Anlauf auch bekommen. „Das deckt in meinem Fall aber gerade einmal die laufenden Kosten eines Monats“, so Toberentz.

Die Online-Kurse liefen immerhin ganz gut an, sagt er. Viele Teilnehmer seien dankbar, dass sie unter Anleitung zu Hause weiter tanzen können und dabei die anderen wenigstens online sehen könnten, und vor allem die Eltern seien froh, dass ihre Kinder eine Beschäftigung und Ablenkung haben. „Auch in den Ferien bieten wir Kurse an.“

Stammkunden sind solidarisch

Toberentz wünscht sich zwar noch mehr Interesse für das neue Angebot und arbeitet an seiner steten Verbesserung. „Das war ja schließlich komplettes Neuland für mich“, gibt er zu. Doch treibt der alternative Unterricht auch bereits schöne Blüten. „Dadurch, dass diese Kurse ortsunabhängig belegt werden können, habe ich schon einige Neukunden gewonnen. Eine Mutter, die mit ihrer Tochter früher bei mir war und dann nach Stuttgart gezogen ist, ist wieder zurückgekehrt“, sagt er. Darüber freue er sich genauso, wie über die Solidarität seiner Stammkunden. „Eine Familie hat von meiner Not erfahren und einfach 1000 Euro gespendet. Das ist unglaublich.“

Jetzt sehnt Christian Toberentz das Ende der Corona-Krise herbei und setzt bis dahin auf weitere staatliche Unterstützung. „Ich kann nur hoffen, dass unsere Regierung ihre Zusage, die Selbständigen und vor allem die Künstler zu unterstützen, doch noch gerecht und wirksam umsetzt, und dass unsere Kulturlandschaft – mein Ballett Centrum eingeschlossen – auch in der Zeit nach der Krise eine Zukunft hat und die zu befürchtende Rezession übersteht. Denn an der Kunst – die Schließungen von Theatern und Kinos sind bereits traurige Berliner Stadtgeschichte – wird leider zuerst gespart.“

Christian Toberentz steht nun öfter vor der Kamera, als ihm lieb ist. Um zu uberleben, bieten er und einige andere Tanzlehrer ihre Kurse online an – live.  | Foto: Matthias Vogel
Christian Toberentz steht nun öfter vor der Kamera, als ihm lieb ist. Um zu Überleben, bieten er und einige andere Tanzlehrer ihre Kurse online an - live.  | Foto: Matthias Vogel
Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

7 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 789× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 793× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 484× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 966× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.871× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.