Drei Kirchen im Dorf
Stadtführung: Am 14. September 2019 geht’s nach Alt-Lietzow
Bei meinem 176. monatlichen Stadtspaziergang lade ich Sie nach Alt-Lietzow ein, zu jener Dorflage, die sich hinter dem mächtigen Rathaus Charlottenburgs versteckt.
Dieses dritte Rathaus, erbaut ab 1899 an der Berliner Straße, heute Otto-Suhr-Allee, lässt noch heute über das Selbstbewusstsein der reichsten Stadt Preußens staunen, die zu jener Zeit knapp 180 000 Einwohner hatte. Das Dorf aber war schon viel früher da. Als „Lucene“ hatte es den Spandauer Nonnen gehört, slawische und deutsche Bauern und Fischer mochten es besiedelt haben.
Wussten Sie, dass die Lietzer Kirche als erste Dorfkirche in der Berliner Umgebung städtisch wurde? Schon im November 1719 kam sie mit dem Dorf zur damals neuen königlichen Stadt beim Schloss Charlottenburg, erbaut von Kurfürstin Sophie Charlotte als „Lietzenburg“. Diese Eingemeindung war 201 Jahre vor all jenen Dorfkirchen, die sich ab Oktober 1920 in Groß-Berlin fanden. Da hatte das mal Lietzow-, mal Lützowkirche benannte Gotteshaus schon mehrfach seine Gestalt gewechselt, stets nach jeweiligem Zerstörungsgrad wie Zeitgeschmack. Im heutigen Nachkriegsmoderne-Ensemble erinnert an die Historie nur noch die Taufe aus sächsischem Sandstein von 1599. Sie war 1863 während einer Umgestaltung ins Märkische Museum entsorgt worden und kam erst 2006 als Dauerleihgabe an den alten Ort zurück. „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt“, ist in den Stein gemeißelt.
Die nahe katholische Herz-Jesu-Kirche, Baubeginn 1875, ist sogar der älteste, im Original erhaltene Alt-Lietzower Sakralbau. Sie besitzt einen noch viel älteren Taufbrunnen, der aus dem Jahre 1537 stammen soll, als die Mark noch katholisch war. Von 1913 bis 1930 war Bernhard Lichtenberg, später Dompropst, hier Pfarrer. Nebenan, im alten Gebäudekomplex der Städtischen Charlottenburger Feuerwache, wirkt in der Tradition christlicher Nächstenliebe jetzt der Malteser Hilfsdienst mit seiner Berliner Zentrale. Und um die Ecke steht ein kleines, ganz in Blau gehaltenes Haus mit Zwiebeltürmchen: ehemals Kindergarten, wurde es zur Russisch-Orthodoxen Kirche "Schutz der Gottesmutter" umgebaut.
Nah am Wasser wartet der bronzene „Spreekieker“. Die Figur ehrt Alfred Braun (1888-1978), ab 1954 erster Intendant des Senders Freies Berlin.
Am anderen Flussufer, erreichbar über den „Siemenssteig“, prangt eine reichgeschmückte Backsteinfassade im Stil der Märkischen Gotik. Die des Kraftwerks Charlottenburg, ungefähr genauso alt wie das Rathaus.
Mitten auf dem Lietzower Anger prangt über hohem Sockel ein mächtiger Löwe, der seit eineinhalb Jahrhunderten Charlottenburgs tapferer Helden siegreicher Schlachten und später auch der vielen Opfer verlorener Kriege gedenkt. Gegenüber, in der alten Villa Kogge arbeitet das Standesamt. Hier kann man sich zu einer stilvollen Eheschließung anmelden.
Der Spaziergang beginnt am 14. September, 11 Uhr. Treffpunkt ist an der Bronzefigur des „Spreekiekers“, Iburger Ufer/Ecke Arcostraße. Verkehrsverbindung: U7 Richard-Wagner-Platz, fünf Minuten über Wintersteinstraße, Alt-Lietzow, Arcostraße. Die Führung ist für Leser der Berliner Woche kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: am Freitag, 13. September, von 10 bis 12 Uhr anrufen unter der Rufnummer 887 27 74 14.
Autor:Bernd S. Meyer aus Mitte |
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