Der Schauspieler und Star-Fotograf Roger Fritz ist im Alter von 85 Jahren am 26.11.2021 gestorben.
Das Romy Schneider Museum in Gedenken an Roger Fritz

Ariane Rykov und Roger Fritz

Roger Fritz wurde am 22. September 1936 in Mannheim geboren.
Er ist in zahlreichen Sparten der Kunst vertreten – arbeitete als Autor, Regisseur, Produzent, Schauspieler und Fotograf.
Das Interesse an der Fotografie erwachte mit einem Geschenk seines Onkels – der ihm eine Kamera überreichte.
Roger Fritz arbeitete zunächst als Bäcker für acht Tage, später war er in der Gastronomie tätig. Im Anschluss erlernte er den Beruf des Baustoffgroßhandelskaufmann.
Im Jahr 1955 lernte er den Fotografen Herbert List in München kennen, dem er später gelegentlich assistierte. Herbert List fotografierte während der Dreharbeiten zu Sissi die junge Romy Schneider. Zu dieser Zeit begegnete Roger Fritz Romy Schneider zum ersten Mal.
Als Fotograf wurde Roger Fritz sehr erfolgreich. In den Jahren 1954 und 1956 gewann er die Photokina Preise. Zu seinen Photokina Preisen gratulierte ihm der Herausgeber der Kölner Nachrichten, Alfred DuMont. DuMont sollte zu dieser Zeit sämtliche Redaktionen seines Vaters übernehmen und fragte den jungen Fotografen ob er nicht für ihn arbeiten wolle.
Roger Fritz willigte ein, unter der Bedingung er werde nicht festangestellt.
Er fotografierte für den Kölner Stadtanzeiger, für die Süddeutsche Zeitung und die Münchner Illustrierte. Im Jahr 1959 gehörte er zu den Mitbegründern der Zeitschrift twen.
1961 entschied er sich für ein Studium der Schauspielerei an der Ufa Nachwuchsschule unter der Leitung von Else Bongers. Die bekannte Schauspiellehrerin Else Bongers lernte er durch eine Reportage zu dem Film „Die Halbstarken“ kennen.
In den darauf folgenden Jahren arbeitete er als Fotograf, stand als Schauspieler vor der Kamera und arbeitete für das Opernfestival Festival die Due Mondi mit Gian-Carlo Menotti in Spoleto in Italien. Roger Fritz wohnte in Rom. Dort verkehrte er in Kreisen Intellektueller, durch die er Luchino Visconti kennen lernte. Unter der Regie Vicontis spielte er 1962 zusammen mit Romy Schneider in Boccaccio70. Während der Dreharbeiten fotografierte er das Geschehen am Set und assistierte Visconti.
Er lebte und arbeitete zwei Jahre in New York. Im Jahr 1961 entstand sein erster Kurzfilm „Zimmer im Grünen“. 1962 folgte sein zweiter Kurzfilm „Verstummte Stimmen“ - über den Mauerbau in Berlin. 1967 produzierte er seinen ersten langen Spielfilm „Mädchen Mädchen“ - dieser wurde ein großer Erfolg. Die Hauptrolle spielte Helga Anders, die dafür den Bundesfilmpreis gewann.
Helga Anders und Roger Fritz heiraten 1967, die Ehe wurde 1974 geschieden. Roger Fritz inszeniert Filme und Fernsehserien u.a. „Die schöne Marianne“ mit Hannelore Elsner und Iris Berben. Für seine Rolle in dem Roger Fritz Film „Mädchen mit Gewalt“ erhielt Schauspieler Klaus Löwitsch den Bundesfilmpreis.
1971 erhielt er die Hauptrolle in der italienischen Fernsehserie „Blutige Straße“ neben Stefania Casini. Roger Fritz arbeitete mit Rainer Werner Fassbinder an verschiedenen Filmen, u.a. Berlin Alexanderplatz und Lili Marleen.
Über Fassbinders letzten Film Querelle verfasste er ein Buch. Im Jahr 2007 gewann er den Leas-Award für seine St.-Pauli Reportage, veröffentlicht im Magazin Quest. In Oldenburg gewann Roger Fritz 2011 den German Independence Honorary Award.
Im Jahr 2020 wurden seine Werke über die Schauspielerin Romy Schneider im ersten Romy Schneider Museum auf Schloss Klein Loitz ausgestellt.

Roger Fritz führte mit Ariane Rykov ( Direktorin Romy Schneider Museum ) ein ausführliches Interview im August 2020

Ariane Rykov:
Sie lernten Bäcker, später Kellner und machten dann eine Ausbildung als Großhandelskaufmann, gab es während dieser Zeit schon die Fotografie als Bestandteil Ihres Lebens?
Roger Fritz:
Eigentlich nicht. Nein die gab es nicht. Das mit dem Bäcker ist so eine Geschichte, Bäcker war ich ja genau genommen nur acht Tage - aber auch nur weil da so ein Evangelischer Fahrer war, der mich überredet hat – er sagte das Brot das wichtigste auf der Welt ist usw. Danach stieg ich in die Gastronomie ein. Ich erlernte den Beruf des Baustoffgroßhandelskaufmann – mein Onkel schaltete sich ein, der mich zu dieser Baustoff Firma gebracht hatte, er war beruflich in Mannheim (…) er schenkte mir eine Kamera, so fing die Fotografie an.
Ariane Rykov:
Sie gewannen die Fotokina Preise 1954 und 1956 – was passierte nach diesen Auszeichnungen?
Roger Fritz:
Da stand der Alfred DuMont neben mir, später der Herausgeber der Kölner Nachrichten, des Kölner Stadtanzeigers, und sagte „Roger ich habe dich ja schon in München kennengelernt, schön das du einen Preis gewonnen hast in meiner Hauptstadt. Ich werde in der nächsten Woche die Redaktion von meinem Vater seinen Zeitungen übernehmen, willst du nicht bei mir arbeiten?“ Ich habe ihn angeschaut und überlegte (…) gerne, aber ich möchte nicht festangestellt sein. So fing ich an zu fotografieren für den Kölner Stadtanzeiger. Dann fotografierteich ganz viel für die Süddeutsche Zeitung auch für die Münchner Illustrierte.
Da Bonn sehr nah war, fotografierte ich dort politische Sachen, politische Anlässe. Im Grunde genommen war ich nichts anders als einer dieser Fotografen, der herumstand und die Leute abpasste, die herausgingen.
Ariane Rykov:
Für viele Zeitschriften, u.a. die Vogue und die Bunte unternahmen Sie zahlreiche Reportage-reisen – an welche erinnern Sie sich besonders gern zurück?
Roger Fritz:
Das ist schwierig, denn die haben sich ziemlich gehäuft. Ich habe für die französische Vogue gearbeitet – denn damals gab es die deutsche Vogue noch nicht. Reisen (…) ich habe mal eine riesen Reportage über den Sun Set Boulevard in Los Angeles gemacht – dazu muss ich allerdings sagen, dass ich in zwei Hollywoodfilmen selber mitgespielt habe, einmal eine Hauptrolle und einmal so die drittwichtigste Rolle. Das war eine dieser Reisen, es ist schwierig zu sagen an welche Reise ich mich besonders zurückerinnere, ich habe zahlreiche Reportagen gemacht, die meisten davon ein paar Mal. Alleine über die Insel Ibiza hatte ich über 165 Fotos für die Bunte gemacht - natürlich auch in anderen Zeitungen. Daher ist es schwierig zu sagen, was war die aufregendste Geschichte. Einmal war ich bei einem Sultan in Brunei, der machte einen internationalen Polwettbewerb, da war ich dort und habe das fotografiert. Diese Sache fand ich ganz aufregend.
Ariane Rykov:
In der Ufa Nachwuchsschule lernten Sie Else Bongers kennen, wie beschreiben Sie Arbeit und Ausbildung dort?
Roger Fritz:
Frau Bongers war die Leiterin dort und sie war eine der besten Schauspiellehrerinnen die es gab. Die Ausbildung war ganz ausgezeichnet.
Man darf das nicht unbedingt mit einer Schauspielschule vergleichen, im heutigen Sinne. Sie war mehr auf Film aufgebaut, als auf das Theater. Die Rollen waren anders und man hatte anders gearbeitet. Alle Interessanten
Charaktere welche die Ufa hatte, machten dort ihre Lehre. Rückblickend war es eine schöne Zeit in der Schule. Frau Bongers war eine ziemlich strenge Dame. Ich kann ihre Schule nicht vergleichen mit anderen Ausbildungen, an anderen Schulen – weil ich nur an dieser Schule war.
Ariane Rykov:
Wie kann man sich den Aufbau des Unterrichts bei Frau
Bongers vorstellen? War das ähnlich wie heute mit Schauspieltechnik nach Konstantin S. Stanislawski und Jerzy Grotowski?
Roger Fritz:
Sie hat so gearbeitet – auch nach Straßberg. Der machte ein Sommerseminar in Soweto wo ich war, allerdings nicht weil ich dort Schüler war sondern weil ich für Minotti gearbeitet habe. Er hatte mir über die Bongers erzählt, dass Sie seiner Meinung nach die beste Lehrerin ist – nach ihm (…)!
Ariane Rykov:
War Hildegard Knef auch eine Schülerin Else Bongers?
Roger Fritz:
Schülerin kann man nicht sagen, einige Schauspieler und
Schauspielerinnen, die eine große Rolle spielten arbeiteten diese mit Else Bongers durch. Schüler oder Schülerin kann man nicht sagen, das ist so eine Art Beratungsform.
Wenn man selber zu Hause eine Rolle lernt weiß man ja nie genau wie gut man jetzt ist und wie gut man es macht – somit ist es gut, wenn man eine erfahrene Person gegenüber hat, die einem das beibringt. Ich habe zum Beispiel in Italien meine große Serie gespielt, die ging ewig lange, ich habe über ein Jahr dran gearbeitet – da hatte ich auch so jemanden an meiner Seite, der mich begleitete, der mit mir die Rollen lernte bevor ich gespielt habe.
Gerade wenn man keinen Gegenpart hat, braucht man so jemanden – sonst weiß man nicht wer man ist (…) gerade wenn der Regisseur nicht sehr begabt ist Schauspieler zu führen, muss man es selber machen.
Ariane Rykov
Sie wohnten in Rom, wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Luchino Visconti?
Roger Fritz:
Das ist eine schwierige Sache. Ich habe ihn kennengelernt als achtzehnjähriger, als ich in Tanger eine Zeit lang wohnte, da gab es einen Schriftsteller, um ihn herum haben sich zahlreiche Intellektuelle gesammelt – durch ihn habe ich Visconti kennengelernt. Zwanzig Jahre später musste ich eine Reportage (…) über Romy Schneider gestalten. Das sind die Fotos aus Paris.
Danach kam der Regisseur zu mir und sagte : „habe ich Sie nicht schon einmal kennengelernt?“ - wir haben uns unterhalten über Filme und dies und jenes.
Ein paar Monate später kam ein Brief wo drin stand ob ich nicht sein Assistent werden möchte für eine Oper. Er war eigentlich ein viel bekannterer Opernregisseur als Filmregisseur. So wurde ich sein Assistent – das war das ein-zigste Mal wo ich Regieassistent war. Ich war eigentlich mehr sein direkter Assistent – ich musste mich auch um sein neu gebautes Haus kümmern.
Ariane Rykov:
In dem Film Boccaccio 70 übernahmen Sie selbst eine Rolle in blauer Uniform, wie kam es dazu?
Roger Fritz:
(lacht) Ganz einfach! Weil ich der Assistent von Visconti war! Er hat mich gefragt, willst du die Rolle spielen – und dann habe ich sie gespielt.
Ariane Rykov:
Romy Schneider bezeichnete Luchino Visconti als einen ihrer größten Lehrmeister – wie gestaltete sich die Zusammenarbeit der beiden?
Roger Fritz:
Mit dem Lehrmeister, das weiß ich nicht! Er war sehr intensiv in der Arbeit mit Schauspielern. Ich habe ihn haufenweise dabei beobachtet wie er mit Schauspielern umging, vielleicht meinte Sie das, dass er ihr Sicherheit gab. Viele Regisseure machen ihre Schauspieler unsicher – Visconti war genau das Gegenteil. In ganz Italien geht man mit Schauspielern anders um als in anderen Ländern. In Italien sind Schauspieler eine Art von Heiligtum, die man sehr gut behandeln muss, damit sie gut spielen. Woanders ist es so, das man an Ihnen gerne seine Wut auslässt, sie mit Bösartigkeiten dazu bringt zu heulen und dann mit Ihnen dreht.
Ariane Rykov:
Behandelte Viconti Romy Schneider wie eine Heilige?
Roger Fritz:
Sicher – er ging mit allen Schauspielern sehr gut um.
Ariane Rykov:
In Boccaccio 70 arbeiteten Sie mit Romy Schneider zusammen, wie erlebten Sie Romy am Set?
Roger Fritz:
Sie war immer sehr sehr beschäftigt. Sie hatte den besten Friseur aus Paris – es wurde sich unglaublich um sie gekümmert.
Alain Delon war auch häufig dabei zu der Zeit. Ich hatte nicht sehr viel Kontakt zu ihr, da ich nebenbei auch mit anderen Dingen beschäftigt war da ich der Assistent war.
Am Set hatte ich wenig mit ihr zu tun. Ein paar Monate vorher habe ich vier Wochen mit Ihr in einem Haus verbracht. Es wurde eine Oper inszeniert und ich war der Assistent. Wir wohnten alle im selben Haus, Alain Delon war natürlich auch da. Alain Delon und Romy Schneider kannte ich bereits sehr viel früher (…).
Ariane Rykov:
Wie lernten Sie Romy Schneider vor dieser Zeit kennen?
Roger Fritz:
Der Münchner Fotograf Herbert List machte Fotos von Romy Schneider – ich habe den Blitz gehalten. Das war noch zu der Zeit als Romy Sissi spielte.
Ariane Rykov:
Was für ein Mensch war Romy Schneider?
Roger Fritz:
Das ist schwierig zu beschreiben. Eigentlich ein sehr lustiger Mensch. Ich fand sie immer ganz lustig, vergnügt – sie hat sich sehr gern unterhalten, sie hat auch sehr gern getrunken. Einmal war ich mit Helmut Berger und ihr in München essen, da hatte sie so viel getrunken, das ich sie auf der Schulter vom Bayrischen Hof getragen habe. Ich fand sie sehr sympathisch – sie war ein zugänglicher, offener Mensch.
Ariane Rykov:
Die Presse sprach von Depressionen die Romy Schneider hatte...
Roger Fritz:
Ja, das ist die Presse. Natürlich haben alle Schauspieler irgendwann Depressionen. Sie nicht? (lacht) Die Presse schreibt natürlich viel lieber darüber, als zu schreiben sie war eine gut gelaunte Frau. Das ist ein merkwürdiges Instrument – immer die negativen Dinge in den Vordergrund zu rücken.
Ariane Rykov:
Als die Zusammenarbeit mit Romy Schneider beendet war, gab es weiterhin Kontakt?
Roger Fritz:
Ja sicher! Wir haben einen Film gedreht, wo Alain Delon die Hauptrolle spielte. Sie war ständig beim drehen dabei. Ich war bei der großen Ballszene dabei und genau zu dieser Zeit war sie auch in Palermo. Da haben wir ständig rumgestanden, ich hatte im Grunde wenig dort zu tun. Wir haben ewig gequatscht. Ich habe sie noch öfter gesehen, zum Beispiel bei ihrem letzten Film in Berlin, die Spaziergängerin von Sanssouci – da habe ich Sie das letzte Mal gesehen. Zuvor besuchte ich Sie in ihrem Haus in Saint Tropez was sie hatte. Dadurch das ich Pressefotograf war und bei vielen Veranstaltungen auftauchte und Fotos machte, bin ich ihr bei zahlreichen Veranstaltungen begegnet.
Ariane Rykov
Romy Schneiders Verhältnis zur Presse war sehr gespalten, wie war das Verhältnis zu Ihnen als Pressefotograf?
Roger Fritz:
Ich glaube, sie hat gar nicht richtig wahrgenommen, das ich Pressefotograf war. Ich war auch nicht der typische Pressefotograf. Ich lief nicht mit fünf Kameras umher sondern nur mit einer, ich blitzte auch nicht ständig durch die Gegend – ich war ziemlich zurückhaltend. In einem schönen Artikel über mich hieß es, das ich immer ziemlich unauffällig war als Fotograf.
Für Romy Schneider war ich auch nicht der Fotograf, da ich teilweise schon Filme gemacht hatte, Zeitungen herausbrachte und alles mögliche tat. Man kann sagen, ich hatte eine andere Position als Fotograf – deswegen hatte ich auch viele Politiker getroffen und fotografiert.
Ariane Rykov:
Politik ist ein gutes Stichwort. Romy Schneider gründete zusammen mit Otto Schilly die Partei „Schutzkomitee für Freiheit und Sozialismus“ hatte Romy ein stärkeres politisches Interesse?
Roger Fritz:
Nein. Ich hatte nicht das Gefühl das Sie ein stärkeres Politisches Interesse hatte. Ich hatte das Gefühl, Politik war ihr ziemlich egal. Ich habe von der Partei nie etwas gehört. Ich kann mir nicht vorstellen, das Romy dort sehr engagiert war. Natürlich war Künstlerförderung ein Begriff, eine Sache für Sie – wo sie gesagt hat da mache ich natürlich mit. Von einem großen Engagement gehe ich dennoch nicht aus.
Ariane Rykov:
Welchen Eindruck hatten Sie von Romy Schneider bei den Dreharbeiten zu ihrem letzten Film, sah man ihr den Schmerz über den Verlust ihres Sohnes und die damit verbundenen Depressionen an?
Roger Fritz:
Ich bin nicht der Meinung, das man es gesehen hat. Sie arbeitete mit zig Leuten zusammen, da trägt man die Trauer nicht unbedingt permanent im Gesicht. Es war auch nicht so, dass sie sofort darüber geredet hat. Sie hat den ganzen Tag geredet, mit irgendwelchen Leuten. So etwas wird immer etwas überzogen.
Ariane Rykov:
Nun zu Ihnen Herr Fritz, 1967 wurde ihr erster langer Spielfilm Mädchen Mädchen ein großer Erfolg, wie entstand die Idee für dieses Projekt?
Roger Fritz:
Da gab es einen Journalisten und den Herausgeber der Süddeutschen Zeitung und da hat Herr Strauß einen Prozess angefangen, weil die beiden ein Verhältnis hatten mit einer Sekretärin – die nach dem damaligen Gesetz noch unter Kindheitsschutz stand, sie war glaube ich erst sechzehn oder siebzehn. Aus dieser Sache heraus entstand die Idee zu dem Film. Ein Mann der eine Firma führt, der eine Sekretärin hat, sie verführt. Damals gab es den Paragrafen „Unzucht mit Abhängigen“ - das ist der Grundstock des Films.
Ariane Rykov:
Wenn Sie an die damalige Zeit zurück denken und diese mit der heutigen vergleichen, gibt es heute noch die großen Namen wie Romy Schneider oder Helga Anders?
Roger Fritz:
Es gibt Sie schon – Iris Berben, Hannelore Elsner (…) mit beiden habe ich als Regisseur zusammen gearbeitet. Ich glaube, dass die Leute heute zu schnell verschlissen werden durch das Fernsehen. Früher haben sie zwei oder drei Filme im Jahr gemacht – im äußersten Fall. Heute wird das abgespielt wie eine Waschmaschinen Herstellung. Ich selbst habe fast einhundert Stunden Fernsehserie gedreht als Regisseur. Ich kam mir irgendwann vor, als würde ich irgendwas machen.
Ariane Rykov:
Ein Vergleich zwischen Damals und Heute – was hat sich im Bereich der Fotografie verändert?
Roger Fritz:
Da hat sich einiges verändert. Es sind durch die Digitalisierung, die Handys viele Arten
von Amateur Fotografen dazu gekommen. Die Erzeuger der großen Fotografen waren ja meistens die großen Illustrierten, die haben sie finanziert und auf ihre Kosten konnte man wer weiß wo überall hinfahren um Fotos zu machen.
Ein gutes Beispiel zu Heute – da gab es einen ziemlich berühmten Fotografen beim Stern, er war Art Direktor. Er sagte: „Roger kommst du bitte nach Hamburg und machst
eine Geschichte über Sankt Pauli!“ Ich sagte, du hast doch sicher einige gute Fotografen in Hamburg. Er sagte nein! „Ich möchte das du sie machst – du bist der einzige, der sich in das Thema hineinfühlen kann, nach meiner Meinung. Bitte komme nach Hamburg, wir haben dir ein Hotel bestellt, bleib hier bis du die Reportage fertig hast.“ Er hatte mir auch den Auftrag gegeben eine Geschichte über Las Vegas zu machen. Früher wollten Sie den Fotografen haben und dessen Gefühl über den Ort wollten Sie zeigen. Die Darstellung eines Menschen. Heute gehen sie los und rufen bei den Bildagenturen an und lassen sich sechzigtausend Fotos schicken und suchen zwölf davon aus – daraus machen sie die Reportage.
Das ist der Unterschied. Dadurch entstehen keine guten Fotografen mehr.
Zu meinen besten Zeiten war die Werbefotografie und die Modefotografie nicht sehr angesehen. Heute sind die ganzen Modefotografen besser angesehen – weil die ganzen anderen einfach nicht mehr existieren.
Ariane Rykov:
Im Internet begegnet man einer regelrechten Flut an Fotos bei Google im Social Media Bereich mit Facebook und Instagram – ist das eine bestehende Gefahr für die Fotografen heute?
Roger Fritz:
Absolut. Weil jede Sache ist eigentlich schon fotografiert, bevor der Fotograf eigentlich hinkommt. Jedes Mal wenn jemand ein interessantes Bild macht, dann wird es irgendwo eingestellt und die Agenturen passen sehr genau auf um da etwas herauszuholen. Zum Beispiel kaufen Sie die Bilder ab – die zahlen dann für ein Foto fünfzig Euro oder noch weniger und damit haben Sie die ganzen Rechte. Was kein Fotograf je her geben würde für das Geld.
Durch dieses ganze Digitale Wesen sind die Bilder sofort bereit, man drückt drauf und hat das Bild. Man kann es sofort verschicken und irgendwas machen. Früher
musste man zum Labor gehen, oder es selbst entwickeln, vergrößern um es dann mühsam mit der Post zu verschicken. Ich habe zum Beispiel eine Armbanduhr wo zwei Uhren drauf sind, eine hat mir meine jetzige Frau geschenkt, weil sie merkte, das ich immer nachrechnete wenn ich die Filme vom Ausland in die Redaktion, zum Beispiel nach Hamburg schickte. Wenn Sie zum Beispiel Donnerstag früh nicht da waren, dann waren sie eigentlich wertlos sobald sie ein bisschen aktuell waren.
Dann hatte man immer die Mühe, diese Bilder irgendwo zum Flughafen zu bringen, einen Piloten zu finden der sie mitnimmt um dann an irgendeinen anderen Piloten weiterzugeben, damit sie am Donnerstag in Hamburg sind. Das war immer eine ziemlich mühsame Angelegenheit – das gibt es heute nicht mehr. Das Problem existiert nicht mehr, deshalb ist es unglaublich leicht jedes Bild einfach dort hinzu transportieren wo man es will – innerhalb von Minuten.
Das macht auch die Arbeit des Fotografen ein bisschen sinnlos – und er verdient auch nicht so viel Geld.

Ariane Rykov:
Dann gibt es Hobbyfotografen, Influencer die mit dem Handy arbeiten …
Roger Fritz:
Die Influencer sitzen bei irgendwelchen Modenschauen, machen nebenbei schnell ein paar Bilder und schicken sie gleich weg – so einfach ist das.
Da kommen die Fotografen nicht gegen an , mit dem Aufwand den sie betreiben müssen, kommen sie nicht gegen diese Konkurrenz an. Vor allem weil meist zwanzig da sitzen und man ist alleine – das ist ein riesen Unterschied.
Ariane Rykov:
Sie kannten den Fotografen Will McBride?
Roger Fritz:
Ich kannte Ihn sehr gut – ja!
Ariane Rykov
Wie lernten Sie Will McBride kennen?
Roger Fritz:
Ich war in der Ufa Nachwuchsschule in Berlin, da war ich
schon ziemlich bekannt. Da hatte ich schon die Zeitschrift Twen gegründet in Köln, ich hatte schon meine Photokina Preise. Ich lernte den Will kennen in einem Lokal in der Uhlandstraße. Da gab es eine dicke schwarze Frau, die sang und hatte eine Kneipe – in der Kneipe lernte ich Will McBride kennen. Wir haben uns so ein bisschen angefreundet und ich lernte ihn besser kennen. Ich war mit der Christa Peters befreundet, die eigentlich die Erfinderin von Twen war, sie war Fotografin, lebte zuletzt in London und war ziemlich früh gestorben. Ich stellte ihm Christa vor, die stellte ihm dem Art Direktor von Twen vor und dann fing Will an für Twen zu fotografieren. Er breitete sich unglaublich schnell aus.
Er war eine Zeit lang in München und wohnte am Starnberger See, dort hatte er ein großes Studio, bekam wahnsinnig viele Werbeaufträge. Das hing auch mit der Redaktion der Twen zusammen, weil die die Werbung ja fast selber machten.
(…) In Berlin haben wir uns sehr viel gesehen.
Zum Beispiel seine Frau – haben wir zusammen kennengelernt an einem Abend. In der Akademie der Künste am Bahnhof Zoo.
Ariane Rykov:
Wie würden Sie den Charakter von Will McBride beschreiben?
Roger Fritz:
Ein fürchterlich zorniger Mensch – meistens. Sehr aktiv, sehr stur. Ich hatte in Hamburg gedreht und er rief zehn Mal am selben Tag an. Ich war am drehen und konnte nicht ständig ans Telefon gehen, zu der Zeit gab es noch keine Handys. Dann irgendwann bin ich
dran gegangen. Will war aufgebracht: „Jetzt habe ich dich zehn mal versucht anzurufen und du kannst nicht irgendwie antworten. Kannst du nicht aufhören zu drehen!“ Ich erwiderte, ich kann nicht aufhören zu drehen mit dreißig, vierzig Leuten die hier stehen, nur weil du anrufst. Dann sagte er „ach ich wollte dich eigentlich nur fragen, du hattest doch vor kurzem so eine junge Schauspielerin gehabt, schläft die auch mit zwei Männern?“ Ich sagte nur Will leck mich am Arsch und ruf mich nicht nochmal an!
Ariane Rykov
Könnte man sagen, das Will Mc Bride ein Choleriker war?
Roger Fritz:
Das könnte sein! Ich war einmal bei Ihm zum essen, in seinem Haus am Starnberger See. Er hatte einen Tisch stehen gehabt wo Marmelade, Butter und Honig und all mögliches drauf war – er saß da mit seiner Frau undseinen beiden Söhnen, die noch so fünf sechs Jahre alt waren oder jünger, er nahm den Tisch und stülpte ihn über mich drüber. Der ganze Honig, die Marmelade hing an mir rum. Er schrie mich an – nur wegen einer harmlosen Sache.
Ariane Rykov
Wie reagierten Sie?
Roger Fritz:
Ich lachte und holte mir einen Lappen. Ich kannte ihn ja schon ein bisschen. Wie sollte ich reagieren? Sollte ich ihn verhauen? Das habe ich nicht. Es gab einen Abend wo ich ihn ganz gern verhauen hätte. Das war der Abend an dem wir zusammen seine Frau kennengelernt haben.
Da wohnte ich in Berlin im Paterre. Ich lag im Bett und es knallte fürchterlich. Es kamen zwei Steine in mein Zimmer geflogen. Draußen wurde gerade die Straße gemacht, das waren Pflastersteine, die Will zum Fenster geworfen hatte. Ich sah gerade noch wie der Will mit dem Auto wegfuhr. Er war wütend – aber ich weiß nicht, was er sich da gedacht hat. Vielleicht dachte er, das ich die Frau mitgenommen habe – ich habe es nie erfahren. Wir haben uns nie darüber unterhalten.
(…)Das letzte mal wo ich Ihn gesehen habe, das war bei einem Fotopreis in Hamburg. Wir haben den Preis zusammen gewonnen. Er war ganz eifersüchtig und ganz kompliziert. Ich sagte: „hey Will, jetzt beruhige dich mal.
Jetzt kennen wir uns so lange – warum sollen wir nicht gleichzeitig einen Preis gewinnen?“ Da merkte man ihm an, das er manchmal so richtig ärgerlich über solche Dinge war. Danach war er auch wieder nett. Ich hatte eine Ausstellung in Berlin, da war er auch sofort da. Er war also nicht nachtragend böse. (…) Das war eher ich...(...)
Ariane Rykov
Wie stellen Sie sich ein Museum für Romy Schneider und Künstler ihrer Zeit in Brandenburg auf Schloss Klein Loitz vor?
Roger Fritz:
Das ist eine schwierige Frage. Ich könnte mir vorstellen, man müsste eigentlich, um der
Romy gerecht zu werden – so eine dieser Prachtszenen nachstellen wo sie Sissi spielt. Sie steht mit einem ausladenden Kleid, wie sie es im Film trug - da in einer Szene. Wenn man herein kommt müsste man sofort in einer Sissi Szene stehen, um zu verstehen, warum die Menschen in Deutschland und Österreich sie so verehren. Das stelle ich mir so vor.
Ariane Rykov
Ich hatte Ihnen von der Statue erzählt, die vor dem Romy Schneider Museum stehen wird – von Romy Schneider als Sissi...
Roger Fritz:
Mir ist das Gesicht nicht weich genug, der Kopf ist zu lang. Romy Schneider war weicher. Ich finde, dass ihr Gesicht zu hart ist, so hart war die Romy nicht. Sonst ist die Statue völlig in Ordnung.
Ariane Rykov:
Wenn Sie ein Romy Schneider Museum führen würden, hätten Sie Romy Schneider als Sissi dargestellt oder Romy in einer anderen Rolle?
Roger Fritz:
Das ist schwierig. Eigentlich hätte ich sie als Sissi
dargestellt. Die französische Romy war eine ganz andere – die haben die Deutschen auch nie so richtig wahrgenommen...

Autor:

Uwe Marcus Magnus Rykov aus Charlottenburg

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