Petri Heil im Anglerparadies
44 Fischarten gibt es in Berlin – das Fischereiamt am Stößensee überwacht deren Bestände

Derzeit unersucht Puchmüller mit seinen Fischereibiologen Gelbaale aus dem Müggelseee auf ihren Gesundheitszustand. Die Amtsfischer haben sie gefangen und setzen sie nach dem Vitalitätscheck wieder aus.   | Foto: Dirk Jericho
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  • Derzeit unersucht Puchmüller mit seinen Fischereibiologen Gelbaale aus dem Müggelseee auf ihren Gesundheitszustand. Die Amtsfischer haben sie gefangen und setzen sie nach dem Vitalitätscheck wieder aus.
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Berlin zählt nach Hamburg und Bremen zu den wasserreichsten Städten Deutschlands. Das Fischereiamt, eine Behörde der Senatsumweltverwaltung, verwaltet die teils 500 Jahre alten Fischereirechte auf den Flüssen und Seen und kümmert sich darum, dass es den Fischen gut geht.

Jeden Morgen, wenn Jens Puchmüller aus seinem verglasten Büro auf den idyllischen Stößensee schaut, sieht er am Ufer gegenüber einen Fischreiher, der vor den Segelbooten zwischen den gelben Teichrosen kleine Fische jagt. „Das ist der Fischreiher vom Fischereiamt“, sagt Puchmüller über seinen Freund. Einen schöneren Arbeitsbeginn kann man kaum haben. Und einen schöneren Arbeitsplatz als Amtsleiter wohl auch nicht. Jens Puchmüller ist sozusagen Berlins oberster Fischer. Als Herr der Fische hat der 49-Jährige seit 2019 die staatliche Aufsicht über alles, was fischmäßig im Wasser schwimmt, und die, die am Ufer oder vom Kahn aus die Rute auswerfen oder Netze stellen.

Die Piscator ist das Forschungsschiff vom Fischereiamt, ein schwimmendes Labor.  | Foto: Dirk Jericho
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Über 33.000 registrierte Angler gibt es in Berlin. Und alle müssen ihre Fischereischeine persönlich in dem schönen Gebäude mit Laboren und Bootsgarage an der Havelchaussee 149/151 neben der Stößenseebrücke abholen. 4500 kommen pro Jahr dorthin, hinzukommen 3500 Angler, die Angelkarten kaufen. Die Metropole mit der Spree, Dahme und Havel sowie 58 Seen und 388 Teichen, Weihern und Tümpeln ist ein Anglerparadies. Von den knapp 6000 Hektar Wasserfläche – sieben Prozent der Stadtfläche – werden 5500 Hektar befischt. Auf dem Rest ist das zum Beispiel wegen Naturschutz verboten.

Fischreiche Stadt

„Wir sind eine fischreiche Stadt“, sagt der Amtsleiter. 249 Tonnen Fisch haben die 22 Berliner Berufsfischer und Zigtausende Angler im vergangenen Jahr gefischt. Vor allem Weißfische wie Bitterling oder Karausche, aber auch tonnenweise Aal, Zander oder Hecht. Puchmüller, als studierter Fischereibiologe natürlich selbst passionierter Angler, hat als Teenager im Kiesteich seiner Heimatstadt Hannover einen 86 Zentimeter großen Hecht gefangen. Seinen dicksten Fang vergisst ein Angler nicht. Heute angelt Puchmüller am liebsten Bachforellen am Stadtrand, wo er auch wohnt.

Das Telefon im Nasslabor funktioniert ohne Tadel. | Foto: Dirk Jericho
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44 Fischarten gibt es in Berlin. Damit es ihnen gut geht, überwachen die Fischereibiologen, Fischwirte und Laboranten vom Fischereiamt die Bestände und Gewässer und achten im Rahmen der sogenannten Hegepflicht darauf, dass die Bestände nicht überfischt werden oder das Räuber-Beute-Verhältnis stimmt. So werde im Nasslabor unter Puchmüllers Sonnenbüro jeden März Hechteier erbrütet. Die Junghechte werden dann vor allem in kleinen Gewässern wie zum Beispiel im Engelbecken in Mitte ausgesetzt, wo Raubfische fehlen. Auch invasive gebietsfremde Arten wie der Rote Amerikanische Sumpfkrebs aus dem Tiergarten müssen entfernt werden. 24.000 dieser Krebse haben zwei Berliner Berufsfischer 2021 gefangen und verkauft.

Drei Schiffe und vier Boote

Für das Monitoring und die Analysen haben die Experten vom Fischereiamt (insgesamt hat die Behörde nur 14 Angestellte) drei größere Schiffe und vier Boote, mit denen die Biologen und Fischer auf allen Gewässern zum Probefischen unterwegs sind, die Tiere untersuchen und Wasserproben analysieren. Das Flaggschiff ist die Piscator, ein schwimmendes Labor, in dem Wasserproben automatisch angesaugt und analysiert sowie Parameter wie Temperatur, pH-Wert oder Leitfähigkeit auf den Monitoren angezeigt werden. Die Fischproben zieht die Piscator mit Schleppnetzen aus dem Wasser. „Das ist ein Hochseefischereischiff in klein“, sagt Jens Puchmüller. Das Fischereiforschungsschiff wurde extra nach den Anforderungen des Fischereiamtes gebaut.

Im Labor werden Proben untersucht oder Hechteier erbrütet. | Foto: Dirk Jericho
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Das Besondere am Berliner Fischereiamt sei auch, dass die wissenschaftlichen Untersuchungen und die Verwaltung in einem Gebäude untergebracht sind. Das schicke Haus mit den Bootsgaragen wurde Mitte der 1980er-Jahre gebaut. Anfangs war es nur als Bootsgarage für die Amtsfischer gedacht, doch nach der Wende zog auch die Verwaltung aus dem schnöden Büro an der Lutherstraße zum idyllischen Stößensee. Im Sommer fahren dort so viele Paddel- und Segelboote vorbei. „Das ist hier fast wie auf einer Autobahn“, sagt Puchmüller und schaut einem Floßboot nach, das gerade an seiner Bank neben der Bootsgarage in Richtung Stößenseebrücke tuckert. Und ein Mann fragt nach einem Herrn Puchmüller, er solle einen Außernborder abholen. „Das bin ich“, sagt Berlins Cheffischer und holt den schweren Schiffsmotor aus der Bootsgarage.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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