Distribut-e fördert Lieferverkehr durch E-Lastenfahrräder

Auch für Florian Hutterer, Stadtplaner im Dienste der TU-Berlin und Koordinator des Projektes distribut-e, war der Ritt auf einem "Lkw der Fahrräder" Premiere.   | Foto: Matthias Vogel
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  • Auch für Florian Hutterer, Stadtplaner im Dienste der TU-Berlin und Koordinator des Projektes distribut-e, war der Ritt auf einem "Lkw der Fahrräder" Premiere.
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Die Idee vom abgasfreien Lieferverkehr durch E-Lastenfahrräder in der Innenstadt ist sympathisch. Ihre Umsetzung ist kompliziert – nicht nur, weil die Bikes mit Kofferraum gar nicht so leicht über den Asphalt zu bewegen sind.

Sonnabendvormittag, auf dem Übungsplatz der Jugendverkehrsschule an der Loschmidtstraße warten einige Kooperationspartner des Projektes distribut-e auf Testfahrer. Elektrisch unterstützte Fahrräder stehen bereit, vom gewöhnlichen E-Bike bis hin zu einem endlos lang wirkenden Lastenfahrrad mit einem Kasten zwischen Vorder- und Hinterrad, der einer Tiefkühltruhe gleicht.

Wer sich für die Thematik interessiert und wissen möchte, wie sich neue Mobilität in der Praxis anfühlt, ist heute eingeladen. Drei Versuchskaninchen sind bereits da. Der kurzen Vorstellung des Projektes folgt die Bedienungsanleitung durch Holger Daugs, der sich um die Vernetzung der teilnehmenden Partner kümmert. Und dann geht es auch schon los.

Kerstin hat sich eine sportlichere Variante mit kleinerem Stauraum und zwei Vorderrädern, verbunden über eine sich in den Kurven neigende Achse, ausgesucht. Ein wenig wackelig wirkt der Start, dann tritt sie in die Pedale. Der Elektromotor steigt in die Kraftübertragung ein, schlagartig wird die Fahrt stabiler und flott, Kerstin saust davon. Nach ein paar Runden bleibt sie stehen. Ihre Zwischenbilanz: "Macht Spaß, ist aber gar nicht so einfach. Und das Kippen der Achse ist gewöhnungsbedürftig." Wie schwer oder leicht sich die Achse neigt, lässt sich einstellen. "Mit der mittleren Einstellung war es dann besser", sagt sie.

Eine ältere Frau kommt hingegen mit den sperrigen Drahteseln kaum zurecht, sie muss im Schritttempo begleitet werden.

Distribut-e ist ein Projekt zur Erprobung neuer Nutzungsmöglichkeiten für Elektro-Lastenfahrräder in den Kiezen Klausenerplatz und Mierendorff-Insel. Beide Viertel sind mit Verkehr schwer belastet, in beiden Kiezen treibt das Bezirksamt den Klimaschutz voran und sucht nach tragfähigen Car-Sharing- und E-Mobilitätslösungen. "Dort konnten wir perfekt andocken", sagt Florian Hutterer, Stadtplaner im Dienste der Technischen Universität Berlin, der das gesamte Projekt koordiniert. Ziel von distribut-e ist es, Transporte mit Autos und Lkw durch elektrisch betriebene Lastenfahrräder zu ersetzen und so den Verkehr im Kiez zu entlasten. Zahlreiche Partner aus Wissenschaft, Kommune und Wirtschaft sind beteiligt.

Seit Anfang April können Unternehmen sowie Bewohner sich kostenlos die E-Lastenfahrräder ausleihen und ihre Ideen und Erfahrungen einbringen, um Nutzungsmöglichkeiten zu optimieren und ein Leihsystem zu entwickeln. "Noch", sagt Hutterer. "Es soll schon ein stetes Bezahlmodell entstehen, alle Partner stecken schließlich Geld und Arbeit in das Projekt." Kerstin jedenfalls hat mit ihrer Expertise zum Fahrverhalten schon geholfen, denn auch die Fahrräder sollen im Laufe des vor drei Jahren auf den Weg gebrachten Projektes verbessert werden.

Ein umsichtiger Plan, denn spätestens das Beladen des Stauraums mit Gewichten macht deutlich: Die rasante Fahrt lässt sich ungleich schwerer abbremsen, das Verhalten der Lastenfahrräder in der Kurve verändert sich drastisch. Verkehrssicherheit wird ein Thema sein, ein anderes der Platz, den die Pack-Drahtesel benötigen. "Transporträder sind die Lkw unter den Fahrrädern", sagt Lothar Taubert, Inhaber der Fahrschule Inno.M im Klausenerplatzkiez, der heute das Fahrsicherheitstraining leitet. "Der Senat muss also bei der Planung des neuen Radwegenetzes darauf achten, dass es auch für diese Räder ausgelegt ist."

Hutterer nennt weitere Hürden, die auf der "letzten Meile" zwischen Lieferung und Einzelhandel liegen: "Wie bei jedem innovativen Projekt geht es auch hier um die Akzeptanz. Die Schwierigkeit wird also auch darin liegen, Umsetzungspartner zu finden, die ihre Kunden mit den Transportfahrrädern beliefern wollen." Ein Biolebensmittelhändler aus Brandenburg macht es. Nach der Onlinebestellung fahre er nach Berlin und steige dann auf die Räder um. "Er bleibt mit den Bestellkosten unter fünf Euro, weil er entsprechende Mengen liefert. Das kann aber nicht jeder gleich." Ferner seien die Probleme der Hubs noch nicht gelöst – es stehen noch keine Plätze fest, die als Schnittstelle zwischen der Anlieferung via Verbrennungsmotor und der Feinverteilung mit dem E-Bike dienen können. Aber Hutterer ist guter Dinge: Das vom Bundesministerium Bildung und Forschung und Bildung geförderte Projekt laufe gut an.

Die Probefahrt ist keine Bedingung für die Ausleihe, aber sie empfiehlt sich, um gerade die größeren E-Lastenfahrräder sicher durch den Verkehr steuern zu können. Einmal pro Monat soll künftig ein zweistündiges Training in Theorie und Praxis an der Jugendverkehrsschule angeboten werden. Ausleihen kann man sich die Transporträder beim insel-projekt.berlin, Mindener Straße 22 (Mierendorff-Insel) oder bei der Fahrschule Inno.M, Nehringstraße 4 (Klausenerplatz-Kiez).

Registrierung und Buchung kann über die Homepage booking.innoz.space erfolgen. Weitere Informationen gibt es bei der Fahrschule Inno.M unter der 856 157 75 oder E-Mail info@innom.de. Infos zum Projekt auf www.distribut-e.de

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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