Edel-Puff und Spionage-Treff
Buch über "Kittys Salon" in der Giesebrechtstraße

Bordellchefin Kitty Schmidt (1882-1954). Das Gemälde war bis 2005 im Familienbesitz. Seitdem ist es verschwunden. | Foto: Berlin Story Verlag
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  • Bordellchefin Kitty Schmidt (1882-1954). Das Gemälde war bis 2005 im Familienbesitz. Seitdem ist es verschwunden.
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Der Salon Kitty ist legendär. Kein anderes Bordell hat seinerzeit für so viel Aufsehen gesorgt. Wie es wirklich war, davon erzählt das Buch „Kittys Salon: Legenden, Fakten, Fiktion – Kitty Schmidt und ihr berüchtigtes Nazi-Spionagebordell“.

Um den Salon Kitty ranken sich zahlreiche Legenden. Es wurde als das „prominenteste Etablissement käuflicher Liebe im Dritten Reich“ bezeichnet, als „Edel-Puff“ und „Spionage-Treff“. Kein anderes Bordell hat so viel Aufsehen erregt wie das geheimnisumwitterte Nazi-Bordell an der Giesebrechtstraße 11. Allein 1940 nahmen etwa 10 000 Kunden die Dienste der Prostitutieren in Anspruch, das sind 30 pro Tag. Die Nazis wählten vorrangig Frauen aus, die intelligent, mehrsprachig und nationalistisch gesinnt waren, denn sie sollten ausländische Diplomaten und Militärs belauschen, aber gern auch deutsche, wenn es sich ergab. Reinhard Heydrich wird die Idee zugeschrieben.

Italiens Außenminister war Stammgast

Stammgast im Bordell war auch Italiens Außenminister Graf Galeazzo Ciano, verheiratet mit der ältesten Tochter des italienischen Faschistenführers Benito Mussolini. Ciano erwähnt das Bordell in seinen Memoiren nicht. SS-Spionagechef Walter Schellenberg jedoch meint, dass er „einer der interessantesten Fänge“ unter den ausländischen Gästen war. Graf Cianos private Taktik, mit der er sich heimlich in das Etablissement schlich: Er ging mit Gefolge in die „Kurbel“, ein Kinematographentheater in der Giesebrechtstraße. Sowie die Lichter verloschen, stand Ciano auf, verließ das Kino durch eine Seitentür, begab sich ins Bordell und saß kurz vor Ende wieder auf seinem Platz. Ciano war sich der Abhöraktion im Salon bewusst: „Heydrich muss sehr dumm sein, wenn er glaubt, dass ich nicht von seinen Herren im Nebenzimmer weiß.“

Was sind Fakten? Was ist Fiktion?

Der Salon und seine Besitzerin Kitty Schmidt waren Gegenstand vieler Filme und Romane. Den Autoren ging dabei häufig die Fantasie durch. Was aber ist Legende, was sind die Fakten und was ist Fiktion? Das haben in akribischer Kleinarbeit die Autoren Urs Brunner und Julia Schrammel versucht herauszubekommen. Mithilfe von Erinnerungen der spärlichen Zeitzeugen, anhand von Fotos, Dokumenten, Memoiren und vielen Sekundärquellen brachten sie Licht in die Vergangenheit des Salons, seiner einstigen Madame und ihrer Mädchen und Kunden. Auf ihren Spuren fanden Urs Brunner und Julia Schrammel in Slowenien im Nachlass von Kitty Schmidt eine Schachtel mit mehr als 500 bisher unbekannten Fotos und einer schriftlichen Aufzeichnung. In Archiven stießen sie auf sämtliche Geburts- und Sterbeurkunden zu Kitty Schmidt und ihrer Familie.

Alle Fotos, Dokumente, Interviews und andere Materialien sind nun in dem Buch „Kittys Salon: Legenden, Fakten, Fiktion – Kitty Schmidt und ihr berüchtigtes Nazi-Spionagebordell“ zusammengefasst. Erschienen ist es im Berlin Story Verlag. ISBN: 978-3-95723-168-0, 19,95 Euro.

Bordellchefin Kitty Schmidt (1882-1954). Das Gemälde war bis 2005 im Familienbesitz. Seitdem ist es verschwunden. | Foto: Berlin Story Verlag
 Das geheimnisumwitterte Nazi-Bordell an der Giesebrechtstraße.  | Foto: Berlin Story Verlag
Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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