Suche nach MUF-Standorten
Debatte um die Flüchtlingsunterkünfte
Auch in Friedrichshain-Kreuzberg sollen ungefähr 1000 Geflüchtete in sogenannten Modularen Unterkünften (MUF) untergebracht werden. Wo, ist aber immer noch nicht abschließend geklärt.
Zwei vorgesehene Flächen finden sich auf einer Liste, die der Senat als künftige MUF-Standorte in den Bezirken vor einigen Wochen veröffentlicht hat (wir berichteten). Nämlich das Gelände an der Franz-Künstler- und Alte Jakobstraße sowie die Ratiborstraße 14 c-g. Um das zweite Areal gab es schon zuvor Diskussionen. Dort sind viele kleine Gewerbetreibende ansässig. Die haben zwar nichts gegen den Zuzug von Flüchtlingen, allerdings nicht in der vorgesehenen Größenordnung von rund 500. Ansonsten wäre ihre Existenz gefährdet.
Auch im Bezirksamt wird das inzwischen so gesehen. An dieser Stelle könnte es vielleicht ein "Modellprojekt" geben, sagte Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) am 20. Juni im Stadtplanungsausschuss. Auch das mit der Vorgabe, dass nur ein Teil der eigentlich eingeplanten Menschen dort eine temporäre Heimat findet. Deshalb startete die Suche nach zusätzlichen MUF-Alternativen. Der Stadtrat nannte auch mehrere Standorte, meist allerdings eher als Kann-Lösungen.
Widerstand gegen Nachverdichtung
Etwa ein Grundstück am Dragonerareal an der Obentrautstraße. Dort wäre wohl am schnellsten etwas zu machen. Ein weiterer Vorschlag: Mehr Flüchtlinge im geplanten Campus Ohlauer an der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule unterbringen. Ebenfalls im Gespräch: Flächen in Friedrichshain-West. Öffentlich diskutiert werden die aber erst im Rahmen des dortigen Beteiligungsverfahrens, das nach der Sommerpause starten soll. Wie mehrfach berichtet, gibt es dort massive Widerstände gegen eine schon lange von der Wohnungsbaugesellschaft WBM geplante Nachverdichtung.
Noch kryptischer wurde Florian Schmidt, als er ein "Privatgrundstück" erwähnte, auf das der Bezirk ebenfalls ein Auge geworfen hat. Wo und was dort möglich ist? Höchstens Wiedervorlage. Dazu kommt noch die Friedhofsfläche entlang der Jüterboger Straße. Aber in diesem Fall muss erst einmal der Denkmalschutz überzeugt werden.
Die Aussagen brachten vor allem den SPD-Bürgerdeputierten Volker Härtig auf die Palme. Friedrichshain-Kreuzberg habe seit dem massiven Zuzug von Geflüchteten vor drei Jahren "keine einzige Wohnung" für diese Menschen geschaffen. Er schäme sich für dieses Ergebnis. Das wäre "Zynismus und Scheinheiligkeit in Reinkultur". Im Subtext dieser Vorwürfe sollte mitschwingen: Gerade die Grünen würden ständig eine Willkommenskultur propagieren, zeigten aber in dieser Richtung viel zu wenig Engagement.
Geeignete Flächen fehlen
Was die und ihr Stadtrat natürlich empört zurückwiesen. Härtig baue einen "Popanz" auf, konterte Florian Schmidt. Wobei er durchblicken ließ, dass die MUF-Suche im Fall der Ratiborstraße eher suboptimal verlaufen sei. An der Franz-Künstler-Straße seien bereits Tempohomes für Flüchtlinge in Betrieb, erinnerte der Grünen-Fraktionsvoritzende Julian Schwarze. Der Vorwurf, Friedrichshain-Kreuzberg stehle sich aus der Verantwortung, laufe deshalb ins Leere.
Allerdings bleibt das Problem, geeignete Flächen vorzuweisen. Auch Rücksichtnahmen auf manche Bevölkerungsgruppen, möglicherweise auch das eigene Wählerklientel, sind vielleicht ebenfalls an der einen oder anderen Stelle nicht ganz von der Hand zu weisen. Oder es wird sich bewusst dagegen gewandt, wie bei der Jüterboger Straße. Der Friedhof dürfe nicht zu einem MUF-Standort werden, forderte in der vergangenen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ein Antrag des CDU-Fraktionsvorsitzenden Timur Husein. Neben den Einwänden des Denkmalschutzes begründete er das auch mit Protesten von Anwohnern. Eine Initiative hatte dort schon vor mehr als einem Jahr gegen ähnliche Pläne aufbegehrt.
Bei deren Mitgliedern handle es sich um Fremdenfeinde, die gegen den Zuzug "sunnitischer Muslime" zu Felde gezogen seien, erklärte die SPD. Wenn sich die CDU damit gemein manche, unterstütze sie solche Ansichten.
Vorwürfe, von denen sich Timur Husein angefasst zeigte. Er sei selbst sunnitischer Muslim. Ihn in die Nähe von irgendwelchen Islamfeinden zu rücken, wäre deshalb, gelinde gesagt, unanständig.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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