Digitale Jugendhilfe
Onlineberatung von jungundjetzt speziell für Berlin

Torsten Mattuschka, hier mit Sandra Scheeres, ist Schirmherr des Projekts.  | Foto: Thomas Frey
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Jenny ist 15 Jahre alt und hat Schwierigkeiten in der Schule, beziehungsweise mit manchen Mitschülern. Deshalb wandte sie sich an die Onlineplattform des Vereins jungundjetzt.

Die gibt es unter jugendnotmail.de bereits seit 17 Jahren. Nun auch als Jugendnotmail.Berlin. Dort arbeitet der Anbieter mit dem Kinderschutz-Zentrum der Stadt zusammen. Was für schnellere und noch passgenauere Unterstützung sorgen soll. Außerdem ergänzt der interaktive Weg bei Krisensituationen bereits bestehende Hilfsmöglichkeiten, etwa das persönliche Gespräch oder die telefonische Beratung.

Vielen Heranwachsenden falle es leichter, sich online über ihre Sorgen zu äußern, meinte Jugend- und Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) bei der Präsentation der Plattform am 10. September in der Georg-Weerth-Oberschule. Das Angebot wird von ihrer Verwaltung mit jährlich 130 000 Euro unterstützt.

Von Liebeskummer bis Depression

Die Themen, die auf der Seite zur Sprache kommen, reichen von Liebeskummer über Mobbing bis zu Erfahrungen mit Gewalt oder sexuellem Missbrauch. Ebenso wie Depressionen oder sogar angekündigtem Selbstmord. In letzterem Fall kann auch von der sonst streng gehüteten Anonymität abgewichen werden. Wenn das Team zu der Auffassung komme, dass ein Suicid möglicherweise unmittelbar bevorstehe, werde die Polizei eingeschaltet, sagt Stefanie Giessen, Leiterin der Geschäftsstelle von jungundjetzt. Häufig sei ein solcher Post aber vor allem als Hilferuf zu verstehen. Deshalb werden zunächst ihre Mitarbeiter, bestehend zum Beispiel aus Sozialpädagogen oder Psychologen, gefragt. Die seien natürlich alle entsprechend geschult, betont Stefanie Giessen.

Wer sich an die digitale Beratung wendet, soll das nicht unter seinem richtigen Namen machen. Auch die oben erwähnte Jenny heißt deshalb wahrscheinlich nicht so. Wichtiger für die Einschätzung ist das Alter und das Geschlecht. Jugendnotmail wendet sich an Zehn- bis 19-Jährige. Zwischen erstem Kontakt und einer Antwort soll es nicht länger als 24 Stunden dauern.

Was allerdings bei den "Probanten" aus der Georg-Weerth-Schule noch nicht durchgehend funktioniert hat. Die Schüler konnten Jugendnotmail.Berlin bereits ausprobieren, einige gaben aber an, bis zum Vorstellungstermin keine Rückmeldung erhalten zu haben. Darüber hinaus sorgten die Fragen und Anregungen der 13 bis 15 Jahre alten Tester für einige interessante Aspekte.

Ob der Anbieter auch irgendwelche "Fakes" feststellen könne und wie er damit umgehe, wollten sie zum Beispiel wissen. Grundsätzlich würde jede Nachricht ernst genommen, erklärten die Vertreter von jungundjetzt. Denn wer sich heute nur aus Jux einlogge, brauche irgendwann vielleicht wirklich Hilfe. Auch wenn ein Nutzer wahrscheinlich älter als 19 Jahre sei und deshalb nicht mehr zur Zielgruppe gehöre, werde sich seiner Mitteilung angenommen. Gleiches gelte bei, wie ein Jugendlicher anmerkte, "typischen Pubertätsproblemen", also in seinen Augen anscheinend eher weniger schwerwiegende Krisen. Die könnten für die Betroffenen in diesem Moment aber ebenfalls sehr belastend sein, wurde ihm entgegengehalten.

Bundesweit wenden sich pro Monat 400 neue Ratsuchende an die Online-Plattform, erklärte Stefanie Giessen. Seit ihrem Bestehen wären rund 120 000 Nutzer betreut worden. Davon zwischen vier und fünf Prozent aus Berlin. Ihr Anteil könnte sich jetzt erhöhen.

Jungs tun sich schwer

Mädchen machen den überwiegenden Anteil aus. Jungen tun sich auch interaktiv noch immer schwer, über ihre Sorgen zu berichten. Was eine völig falsche Denke sei, meinte Ex-Union-Fußballer Torsten Mattuschka, der als Schirmherr der Berliner Jugendnotmail fungiert. Stark wäre der, der sich seinen Schwierigkeiten stelle und nicht derjenige, der sie verschweige.

Sich darüber digital auszulassen, sei trotzdem nicht sein Ding, meinte ein Schüler. Lieber rede er bei Problemen mit jemandem direkt. Ähnlich klang das auch bei Amina (13) und Jennifer (15). Wobei sie nicht völlig ausschließen, die Plattform vielleicht irgendwann in Anspruch zu nehmen. Gerade viele, die sagen, für sie komme das auf keinen Fall in Frage, machen das wahrscheinlich, vermuten die beiden.

Und sie haben auch noch den einen oder anderen Verbesserungsvorschlag. Die eingehenden Posts müssten noch mehr nach ihrer Dringlichkeit sortiert und bearbeitet werden. Das gelte nicht nur, wenn jemand Selbstmordabsichten äußere. Auch bei anderen Problemen könnte die 24 Stunden-Frist zu lang sein. Denn manche bräuchten möglicherweise eine ganz schnelle Antwort.

Nachrichten können rund um die Uhr über www.jugendnotmail.berlin geschickt werden.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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