"Hier sollte etwas vertuscht werden": Friedhoffund schlägt weiter Wellen

Die Ausgrabungen auf dem Freudenberg-Areal. Gut zu erkennen sind die rechteckigen Gräber. | Foto: Heidi Neppach
  • Die Ausgrabungen auf dem Freudenberg-Areal. Gut zu erkennen sind die rechteckigen Gräber.
  • Foto: Heidi Neppach
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain. Hans-Jürgen Schwebke hatte die Berliner Woche im vergangenen Herbst auf mögliche Gräber auf dem Gelände des Freudenberg-Areals hingewiesen. Nachdem dieser Verdacht zunächst dementiert wurde, hat der Grundstückseigentümer, die Firma Bauwert Immobilien, inzwischen eingeräumt: Ja, es wurden dort Tote gefunden. Sie sollen von einem vor 100 Jahren stillgelegten Friedhof stammen. Wir berichteten darüber in unserer Ausgabe vom 21. Januar.

Hans-Jürgen Schwebke wundert sich nun über die unterschiedlichen Aussagen des Investors. "Als ich mich im November 2014 an die Redaktion wandte, hatten die Ausgrabungen schon längst begonnen. Ich sah die rechteckigen Felder und kam doch erst dadurch auf die Geschichte der hochbetagten Dame", schrieb er uns jetzt.

Zur Erinnerung: Er bezog sich damals auf ein schon in den 1990er-Jahren stattgefundenes Gespräch mit einer alten Frau. Sie hatte ihm erzählt, dass auf dem Grundstück tote Zwangsarbeiter begraben wurden. Für dieses Gerücht gibt es bisher keine Bestätigung. Richtig ist allerdings, dass in den Firmen, die sich während des Zweiten Weltkriegs dort befanden, zahlreiche Zwangsarbeiter arbeiten mussten.

Dass bei den Ausgrabungen aber etwas entdeckt wurde, was wie ein Gräberfeld aussah, davon war Hans-Jürgen Schwebke schon vor einigen Monaten überzeugt. Er habe nur keinen Fotoapparat dabei, um das zu dokumentieren. Anders als Anwohnerin Heidi Neppach, die eine Aufnahme machte und sie der Berliner Woche schickte. "Zum Zeitpunkt der Anfrage der Redaktion beim Investor sollte von diesem etwas vertuscht werden." Diese Vermutung hat Schwebke jetzt.

Nach Auskunft der Bauwert befand sich zwischen 1809 und 1913 ein Friedhof an der Boxhagener und Holteistraße. Er wurde von böhmischen Einwanderern angelegt, die unweit davon ab 1771 eine Kolonie aufgebaut haben. Das hätten Untersuchungen ergeben.

Das auch als Antwort auf die Frage des Lesers, ob eigentlich genau geprüft wird, um wen es sich bei den Toten handelt? Außerdem will er wissen, ob man auf dem Grund und Boden eines früheren Friedhofs nach Berliner Recht überhaupt bauen darf.

Grundsätzlich ist das möglich und passiert bereits an anderen Stellen oder ist geplant. So auch am Eingang Landsberger Allee der Friedrichshainer Friedhöfe, wo auf zwei Parzellen Wohnungen entstehen sollen. Diese Parzellen werden für Bestattungen nicht mehr benötigt, erklärt der evangelische Friedhofsverband Berlin-Stadtmitte. Denn die inzwischen zahlreichen Urnen- und anonymen Gräber brauchen weniger Platz.

Ohne Weiteres umwidmen lassen sich solche Flächen aber nicht. Zunächst muss dort die Ruhezeit abgelaufen sein. Sie beträgt in Berlin derzeit 20 Jahre. Darüber hinaus ist eine weitere Pietätsfrist von zehn Jahren einzuhalten. Diese Vorgaben sind auf dem Freudenberg-Areal erfüllt.

Aber auch nach über 100 Jahren, wie in diesem Fall, finden sich manchmal noch sterbliche Überreste von Menschen. Sie werden dann an anderer Stelle erneut beerdigt. Bei den Funden an der Boxhagener und Holteistraße soll das auf einem städtischen Friedhof passieren.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 76× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 209× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 193× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 45× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 257× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 614× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.