Eintagsfliege und Serienmörder
Neues Buch von Günter Toepfer über die Geschichte Friedrichshains

Günter Toepfer mit seinem neuen Werk „Verliebt in Friedrichshain“.  | Foto: Ulrike Martin
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Wer war die Bestie vom Schlesischen Bahnhof? Warum wurden auf der Boxhagener Straße für einen einzigen Tag Schienen verlegt? Günter Toepfer weiß es, denn er hat darüber geschrieben.

Der Autor ist nach „Verliebt in Karlshorst“, „Verliebt in Rummelsburg und Stralau“ jetzt frisch „Verliebt in Friedrichshain“. Er taucht tief in die Vergangenheit des Ortsteils ein, beleuchtet Skurriles und Erstaunliches und schlägt den Bogen bis zur Gegenwart.

Aber wie kam Toepfer, Jahrgang 1941, überhaupt zum Schreiben über die regionale Geschichte? „Ich war schon früh historisch interessiert“, erzählt er. „Ich wohne seit 66 Jahren in Karlshorst und habe alles Mögliche darüber gesammelt, vor allem aus Zeitungen.“ Auch Meldungen aus ganz Berlin interessierten ihn. Irgendwann waren dann diverse Schuhkartons gut gefüllt. Vor rund fünf Jahren packte ihn die Aufräumwut. „Ich wollte zuerst alles wegschmeißen.“ Das war dann doch zu schade, so entstand im Selbstverlag sein Werk über Karlshorst.

Ost-West-Krimi

Was hat Friedrichshain zu bieten, fragte sich Toepfer vor einiger Zeit. Die Zettelsammlung wurde gesichtet, neue Recherchen im Netz, in Archiven und Museen kamen hinzu. „Zunächst habe ich Gedankensplitter aufgeschrieben und dabei gemerkt, dass Friedrichshain überaus viel zu bieten hat. Hätte ich nie gedacht.“

Im Inhaltsverzeichnis machen einige Kapitel besonders neugierig, so die Überschrift „Berüchtigte Personen“. Dazu gehört Werner Gladow, Anführer der Gladow-Bande. „Er wollte der Al Capone von Berlin werden, machte Überfälle in West-Berlin, setzte sich in den Osten ab und umgekehrt“, weiß Toepfer. Gefasst wurde er trotzdem, zum Tode verurteilt und in der DRR hingerichtet. Die „Bestie vom Schlesischen Bahnhof“ hieß Carl Großmann, war Fleischer und soll Ende der 1910er-Jahren bis zu 100 Menschen, meist Frauen, ermordet, zerstückelt, zum Teil verspeist oder zu Wurst verarbeitet haben.

Im Tunnel von Stralau

Eine „Eintagsfliege“ nennt der Autor die Story über die Schienen in der Boxhagener Straße, die extra für Wilhelm I. aufs Pflaster kamen. Er hatte sich am 18. Oktober 1861 in Königsberg selbst zum König von Preußen gekrönt. Der Bahnweg zurück zum Schloss in Berlin endete damals vor der Stadt. „Für seinen Triumphzug wurden deshalb die Gleise bis zur heutigen Weberwiese verlegt“, erzählt Toepfer.

Weitere Kapitel erzählen vom „Ostkreuz –Rostkreuz“, von der Stralauer Tunnelbahn, von den vielen Kinos in den 1930er-Jahren, von Stalin, der mit dem Salonzug des Zaren zur Potsdamer Konferenz 1945 fuhr. Die Leser erfahren, dass die laute „Taigatrommel“ bis nach Friedrichshain zu hören war und wie sich der „Krieg der Steine“ in den besetzten Häusern an der Mainzer Straße entwickelte.

Nicht fehlen darf das Café Sibylle mitten auf der Karl-Marx-Allee. „Es war eines der ersten Ladengeschäfte hier und hieß offiziell Milchtrinkhalle“, berichtet Toepfer. Dort hätten sich gerne Journalisten getroffen, denen der Name nicht gefiel, also kam der Vorschlag, den Treffunkt nach der bekannten DDR-Modezeitschrift „Sibylle“ zu nennen. Nach Jahren des Leerstandes eröffnete das Café 2018 neu.

Wer sich ein Exemplar des demnächst erscheinenden Bandes „Verliebt in Friedrichshain“ sichern will, kann sich bei Günter Toepfer unter ¿509 81 13 melden. Interessierte erfahren auch, wann er wieder kostenlose lokalhistorische Führungen anbietet.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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