Ein vergessener Ort: Gedenktafel erinnert an jüdische Bauschule

Walter Frankenstein (Zweiter von links) zusammen mit Bürgermeisterin Monika Herrmann (links), Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) und Kultursenator Klaus Leder an der Gedenktafel. | Foto: Thomas Frey
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  • Walter Frankenstein (Zweiter von links) zusammen mit Bürgermeisterin Monika Herrmann (links), Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) und Kultursenator Klaus Leder an der Gedenktafel.
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Friedrichshain. Walter Frankenstein ist 93 Jahre alt und reiste aus Schweden an. Er ist der letzte Zeitzeuge eines Gebäudes, das es schon lange nicht mehr gibt und dessen Existenz weitgehend in Vergessenheit geraden war

An die ehemaligen jüdischen Bauschule an der damaligen Fruchtstraße 74 und heutigen Straße der Pariser Kommune erinnert seit 15. Mai eine Gedenktafel an diese Vergangenheit.

Dort, auf dem Grundstück unweit der Kreuzung Lange Straße, bereiteten sich bis 1941 junge Männer auf ihre erzwungene Auswanderung in das damalige Palästina vor. Sie wurden vor allem als Maurer ausgebildet. Ein Besuch staatlicher Gewerbeschulen war Juden vom NS-Regime verboten worden.

Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs war eine Emigration kaum noch möglich. Es begannen die Massendeportationen in die Vernichtungslager. Die Bauschule wurde geschlossen. Das Haus überstand den Krieg nahezu unbeschadet. Es wurde aber wie die meisten Gebäude in der Umgebung ab Ende der 1960 abgerissen. An ihrer Stelle entstanden die heutigen Wohnblocks.

Es sei das Verdienst engagierter Bürger, dass der Ort wiederentdeckt wurde, erklärte Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) bei der Eröffnung der Gedenktafel. Allen voran Walter Frankenstein, der das Projekt initiiert hatte. Er besuchte die Schule ab 1937. Zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern gelang es ihm später in Berlin unterzutauchen. Sie überlebten als eine von nur wenigen Familien den Holocaust.

Er hoffe, dass sich ein neues 1933 nicht wiederhole, sagte der 93-Jährige. Dafür brauche es aber Engagement, um die Demokratie zu beschützen. Ähnlich klang das auch bei Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis 90/Grüne). Der Ort verweise auf einen Teil der Geschichte der Judenverfolgung. Und die Gedenktafel stehe "gegen die Ignoranz und das Vergessen".

Die Tafel wurde von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas gestaltet und von der Senatsverwaltung für Kultur finanziert. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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