Stadtrat verteidigt sein Vorgehen

Eine Stunde Rechtfertigung. Stadtrat Hans Panhoff am Rednerpult der BVV-Sitzung. | Foto: Frey
  • Eine Stunde Rechtfertigung. Stadtrat Hans Panhoff am Rednerpult der BVV-Sitzung.
  • Foto: Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain-Kreuzberg. Am 8. Juli kam die BVV zu einer Sondersitzung zusammen. Der Grund dafür: Der Abwahlantrag gegen Baustadtrat Hans Panhoff (B 90/Grüne).

Panhoff hatte wegen der verfahrenen Situation in der Gerhart-Hauptmann-Schule am 1. Juli ein Räumungsersuchen bei der Polizei gestellt. Rund 40 Flüchtlinge weigerten sich nach dem Auszug der übrigen rund 200 Bewohner ab dem 24. Juni das Gebäude zu verlassen. Nach Panhoffs Vorstoß gab es eine Vereinbarung, nach der die Besetzer erst einmal in einem Teil des Gebäudes bleiben können.

Seit seinem Alleingang steht der Stadtrat unter Beschuss. Die linksautonome Szene machte gegen ihn mobil und im politischen Raum wollen ihn Linke und Piraten mit ihrem Abwahlantrag zu Fall bringen. Deren Redner fuhren teilweise heftiges Geschütz auf. "Sie haben mit Menschenleben gespielt und sind ein Hasardeur", erklärte der Bezirksverordnete Reza Amiri (Linke). Sein Fraktionskollege Oliver Nöll warf ihm vor "Beschlussvorlagen der BVV mit Füßen getreten zu haben."

In einer rund einstündigen Rede verteidigte Panhoff sein Vorgehen. Er ließ dabei noch einmal die Zeit seit der Besetzung der Schule Ende 2012 Revue passieren. Mindestens ein Mal pro Woche habe er sich seit vergangenen Sommer dort aufgehalten, ohne dass die Gespräche einen wirklichen Durchbruch gebracht hätten. "Gefordert wurde ein Bleiberecht, dass wir als Bezirk gar nicht erfüllen konnten."

Darauf hätten aber seit 24. Juni auch die verbliebenen Besetzer in dem Gebäude gepocht und ansonsten Verhandlungen abgelehnt. Gleichzeitig stellte Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt dem Bezirk ein Ultimatum. Er drohte seine Beamten abzuziehen, was die Gefahr eines erneuten massenhaften Zuzugs in die Schule zur Folge gehabt hätte. "Hier beginnt mein Alleingang", machte Panhoff deutlich. "In meiner Wahrnehmung hat sich nicht abgezeichnet, wie man sonst aus dieser Situation herauskommt." Vom Ergebnis sieht er sich im Nachhinein bestätigt. Einen Tag später sei es zu einer Lösung gekommen. "Es hat funktioniert."

Von der Besuchertribüne wurden Panhoffs Ausführungen immer wieder von Zwischenrufen unterbrochen. Manche davon waren ziemlich unter der Gürtellinie. "Wenn dir was nicht gefällt, holst du die Bullen", kreischte beispielsweise eine Frau. Szenen wie bei der BVV im November, als Flüchtlinge und Unterstützer den Saal okkupiert hatten, blieben aber dieses Mal aus. Dafür sorgte bereits ein massives Aufgebot von Polizei und Wachschützern. Und es gab von den Rängen nicht nur Ablehnung, sondern auch Beifall für den Stadtrat.

Eindeutig hinter sein Vorgehen stellte sich bei der Debatte aber nur die SPD-Fraktion. "Wir sprechen Hans Panhoff das Vertrauen aus", erklärte deren Redner John Dahl. Er habe gegen äußeren Druck und innere Überzeugungen eine Entscheidung getroffen und das verdiene Respekt. "Und schlicht nicht zu ertragen sind die persönlichen Angriffe gegen ihn."

Eine ähnlich deutliche Position war dagegen vom Fraktionschef der Grünen Jonas Schemmel nicht zu hören. Vielmehr betonte er den Alleingang des Stadtrats und räumte ein, "dass wir alle mehr oder weniger ratlos waren." Auch Bürgermeisterin Monika Herrmann (B 90/Grüne) vermied in dieser Richtung ein klares Statement. Sie strich noch einmal heraus, dass sie keine Weisungsbefugnis für die Stadträte habe. Ansonsten nahm sie vor allem Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) ins Visier, der nach ihrer Meinung auch die Hauptverantwortung für den tagelangen massiven Polizeieinsatz im Quartier um die Schule trage.

Über den Abwahlantrag wird voraussichtlich bei der ersten BVV-Sitzung nach der Sommerpause am 27. August abgestimmt. Dass er durchkommt, ist nicht zu erwarten. Nötig wären dafür 37 Stimmen. Linke und Piraten verfügen insgesamt nur über zwölf Mandate. Und trotz der zurückhaltenden Solidarität mit ihrem Stadtrat ist davon auszugehen, dass neben der SPD auch die Grünen-Fraktion den Antrag ablehnt.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 186× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 161× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 223× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 603× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.