150 Jahre St. Thomas-Kirche
Gotteshaus im Grenzbereich
Der monumentale Bau befindet sich am Nordrand des Mariannenplatzes. Errichtet zwischen 1865 und 1869 nach Plänen des Schinkel-Schülers Friedrich Adler (1827-1908) ist er bis heute eines der größten Gotteshäuser Berlins.
Am 21. Dezember wurde mit einem Festgottesdienst der 150. Geburtstag der evangelischen St. Thomas-Kirche gefeiert. Gleichzeitig fand aus diesem Anlass die Eröffnung der Ausstellung „Eins. Getrennt. Vereint“ statt. Sie erzählt nicht nur die Geschichte des Gotteshauses, sondern, davon gar nicht zu trennen, auch die ihrer Umgebung. Mit dem markantesten Einschnitt in den Jahren 1961 bis 1989, als direkt hinter St. Thomas die Mauer verlief, die Gemeinde, wie die Stadt, geteilt wurde.
Der Ort, an dem die Kirche steht, war einst in etwa der geographische Mittelpunkt der Luisenstadt. Jenem Gebiet, das bei der Gründung von Groß-Berlin 1920 auf die neu entstandenen Bezirke Mitte und Kreuzberg aufgeteilt wurde. 1869 gehörten zu St. Thomas rund 150.000 Kirchenmitglieder. Sie war damals eine der größten evangelischen Gemeinden nicht nur in Deutschland, sondern sogar weltweit.
Fusion mit Nachbargemeinden angestrebt
Diese hohe Zahl ist später nie mehr erreicht worden. Sie sank bereits im 19. Jahrhundert durch Abtrennungen von Gebieten, etwa durch den Bau der Emmaus-Kirche 1887. Später durch die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen. Heute gehören zu St. Thomas noch etwa 1500 Mitglieder. Auch hier wird deshalb, wie zuvor bereits anderswo in Kreuzberg, über eine Fusion mit Nachbargemeinden verhandelt.
Schon in ihren ersten Jahrzehnten wurde die Kirche mit den sozialen Problemen der Luisenstadt konfrontiert. Stichworte waren etwa Armut und prekäre Wohnverhältnisse. Nicht durchgehend überwog dabei Mitleid und Hilfe für die Betroffenen.
Jüdischer Pfarrer und nazitreue Christen
Während des „Dritten Reichs“ gab es auch in St. Thomas Auseinandersetzungen zwischen den nazitreuen „Deutschen Christen“ und der Oppositionsbewegung „Bekennende Kirche“. Der Pfarrer Willi Oelsner, ein getaufter Jude, musste sein Amt aufgeben und emigrierte mit seiner Frau nach England. Im zweiten Weltkrieg wurden weite Teile der Kirche durch einen Bombenangriff im November 1942 zerstört.
Rund 40 Prozent der Gemeindemitglieder lebten ab 1945 im Ostteil Berlins. Bis zum 13. August 1961 war ihnen ein Besuch in St. Thomas noch möglich, danach nicht mehr. 28 Jahre blieb das so.
Geplanter Kahlschlag in SO36
Während dieser Zeit änderte sich gleichzeitig die Bevölkerungsstruktur in der Umgebung, nicht zuletzt hervorgerufen durch die Sanierungs- und Kahlschlagpläne für SO36. Gegen die formierte sich Widerstand. Es war federführend der St. Thomas-Pfarrer Klaus Duntze, der mit seinen „Strategien für Kreuzberg“ dem ein Konzept behutsamer Stadtentwicklung entgegen setzte.
Auch das und noch mehr die zeitweilige Unterkunft für Hausbesetzer in den Räumen der Kirche, war in der Gemeinde nicht unumstritten. Führte aber zu der heute propagierten Selbstdarstellung als Ort für alle, unabhängig von Religion oder Herkunft. Als Sprachrohr oder Mittler für die Probleme im Kiez. Tätiger Hilfe, etwa durch das „Café Krause“ für Obdachlose. Durch Veranstaltungen wie Ausstellungen, Konzerte, Diskussionen oder einer „Techno-Nacht“ im Gotteshaus.
Die Ausstellung ist Montag bis Freitag von 10 bis 14, Sonnabend und Sonntag von 12 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Nach Anmeldung sind auch Führungen möglich gemeinde@stthomas-berlin.de.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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