Im Bunker an der Schöneberger Straße eröffnete das Berlin Story Museum
Eine solche Darstellung gibt es aber schon. Denn am 1. April eröffnete das Berlin Story Museum in Kreuzberg. Es ist das Werk der beiden Verleger Wieland Giebel und Enno Lenze. Die kompakte und multimediale Schau durch die Stadthistorie wurde mit Unterstützung der Lottostiftung möglich.
Durch die Epochen geht es dabei im Schnelldurchlauf. Vom Mittelalter zum Großen Kurfürsten und Friedrich dem Großen. Napoleon, die Revolution von 1848, Reichsgründung, Kaiserreich, Weimar, Nazizeit, Berlin-Blockade, Teilung und Mauerfall. Das alles auf 700 Quadratmetern und 30 Stationen mit vielen akustischen und optischen Überraschungen.
Da liegen zum Beispiel unter dem Konterfei des Alten Fritz einige Säcke Kartoffeln. Sie verweisen darauf, dass der Preußenkönig einst den Anbau der Erdäpfel durchgesetzt hat. Die Lebensverhältnisse in den Berliner Mietskasernen Ende des 19. Jahrhunderts werden anhand eines Panoramabildes deutlich gemacht. Eine mehrköpfige Familie in einem kargen Zimmer. Eine Art Bühnenbild steht für Szenerie am Ende des Zweiten Weltkriegs. Vor einem Wandgemälde, das die Zerstörungen zeigt, befinden sich Trümmer- und Bombenreste sowie Leiterwagen mit Koffern, die gerettete Habseligkeiten bergen.
Ein solcher "Blick von unten" durchzieht ebenso die gesamte Ausstellung, wie Ausflüge in die Kultur-, Architektur-, Wirtschafts- oder Geistesgeschichte. Es wird an bekannte Industriebetriebe oder berühmte Wissenschaftler erinnert. Ein Bereich beschäftigt sich mit Jüdischem Leben in Berlin und nennt namhafte Beispiele vom Verleger Leopold Ullstein bis zu W. Michael Blumenthal, dem Gründungsdirektor des Jüdischen Museums in der Lindenstraße.
Vom Wachsen Berlins zeugen zahlreiche Karten aus verschiedenen Epochen. Modelle des ehemaligen Schlosses oder ein um 1900 entstandener Miniatur-Nachbau der Stadtmitte sind zu sehen. Und manche markanten Gebäude werden eingehender vorgestellt. Neben Reichstag und Fernsehturm auch der Palast der Republik.
Die Zeit der beiden Halbstädte ist in zwei gegenüber liegenden Räumen dargestellt zwischen denen ein nachgebildeter Grenzdurchgang liegt. Typische Requisiten aus Ost- und West-Berlin werden in jedem dieser Zimmer gezeigt.
Im Westteil bildet dabei die Studentenrevolte der späten 60er Jahre einen Schwerpunkt. Im "Ostsektor" befinden sich zum Beispiel Alltagsgegenstände und natürlich ein obligatorisches Foto vom FKK-Strand. Dazu, wieder als große Bildmontage, die friedliche Revolution von 1989 sowie Aktenordner der Stasi und Schnipsel ihrer zerfledderten Berichte.
Auch der Bunker bekommt bei dieser Zeitreise sein Kapitel. Gebaut wurde er 1943 und bot unter primitiven Bedingungen bis zu 12.000 Menschen Schutz vor den Bombenangriffen. In Vitrinen werden Fundstücke gezeigt, die sie dort zurückgelassen haben. Ausweise, Fotos, sogar eine Aktentasche. Nach der Berlin-Blockade 1948/49 diente er als Senatsreserve. Lebensmittel wurden dort eingelagert für den Fall, dass erneut der Zugang zu den Westsektoren gesperrt wird.
Die Ausstellung bietet einen guten und nachvollziehbaren Einstieg, um sich mit der Berliner Stadtgeschichte zu beschäftigen. Gerade Schulklassen oder Touristen nutzten das Angebot bereits am Eröffnungstag. Und wer sich detaillierter über manche Epochen oder Persönlichkeiten informieren möchte, für den gibt es in der Schau zahlreiche Hinweise auf weiterführende Literatur oder DVDs.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.