"Baldrian beruhigt die Rebe"
Am Kreuzberg hat die Weinlese begonnen

Helfer und Weinliebhaber Timo Bieber bei der Traubenlese.   | Foto: Christian Hahn
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Im Weingarten am Kreuzberg sind die ersten Trauben gelesen. Die werden jetzt neuerdings in Brandenburg zu Rot- und Weißwein verarbeitet.

Die Trauben sind üppig gewachsen, prall und süß. Trotz Mehltau und der vielen Wespen. Für Hannes Lewerenz und sein Team war es wieder ein durchwachsenes, letztlich aber gutes Weinjahr. Rund 300 Kilogramm Trauben für den Riesling und 120 Kilogramm für den Spätburgunder – das macht unterm Strich ungefähr 250 halbe Flaschen Weißwein und 100 halbe Flaschen Rotwein.

Letzterer gärt schon im brandenburgischen Dobbrikow. Dort baut Hannes Lewerenz, Berlins Hauptstadtwinzer, gerade ein neues Weingut auf. „Damit müssen die Trauben aus Kreuzberg nicht mehr auf Weingütern im fernen Wiesbaden und Ingelheim verarbeitet und gekeltert werden“, sagt Lewerenz. Das spart Fahrwege, Zeit und Nerven.

Den Rebgarten auf dem Gärtnereigelände am Kreuzberg bewirtschaften Hannes Lewerenz und seine Helfer ehrenamtlich. Dafür gibt’s eine Aufwandsentschädigung vom Bezirk. Dem nämlich gehört die Weinanbaufläche an der Methfesselstraße. Dort, am Nordhang des Kreuzbergs (Viktoriapark), wachsen etwas versteckt rund 360 Rebstöcke, die jedes Jahr abgeerntet und zu einem besonderen Wein gekeltert werden. Bisher geschah das in Kreuzbergs Partnerstädten Wiesbaden (Riesling) und Ingelheim (Spätburgunder), seit diesem Jahr nun in Dobbrikow im Landkreis Teltow-Fläming – mit Genehmigung der dortigen Behörden. Die fertigen Flaschen gehen aber nicht in den freien Verkauf, sondern ans Bezirksamt. Sie werden zu Dienstjubiläen, Verabschiedungen, für Auszeichnungen und als Gastgeschenk für Städtepartnerschaften vergeben oder gegen eine Spende von zehn Euro abgegeben.

Die ersten Weinbauern gab es 1450

„Der Kreuzberg blickt auf eine lange Weinbautradition zurück“, weiß Umweltstadträtin Clara Herrmann (Grüne). Schon 1450 gab es die ersten 100 Weinbauern auf dem Gelände des 66 Meter hohen Kreuzberges. Längere Kälteperioden im 18. Jahrhundert setzten dem Anbau jedoch vorerst ein Ende. Seit 1968 wachsen am Nordhang des Kreuzberges wieder Weinstöcke – dank der Partnerschaft mit Wiesbaden. Denn die Stadt schenkte den Friedrichshain-Kreuzbergern damals fünf Rebstöcke der Sorte Riesling vom Hausberg Neroberg. Deshalb heißt der Weißwein auch Kreuz-Neroberger. Die Partnerstadt Ingelheim am Rhein verschenkte 20 Rebstöcke der Sorte Blauer Spätburgunder. Daraus wurde der Kreuz-Ingelberger.

Die Reben am Kreuzberg kultivieren Hannes Lewerenz, Timo Bieber und Peter Hahn jetzt im dritten Jahr. Übernommen haben sie die Fläche von Winzer Daniel Mayer. Der Weinberg an der Methfesselstrasse ist mit rund 500 Quadratmetern zwar eher klein, fordert aber die gleiche Anstrengung wie ein großer. Von Bodenarbeiten über den Rebschnitt bis hin zur Pflege während der Reife. Wie ertragreich die Weinlese am Ende ausfällt, kann selbst Hannes Lewerenz als studierter Winzer nicht vorhersagen. „Übers Jahr kann viel passieren. Spätfrost, Vogelschwärme, zu viel Regen.“ Dazu naschen Wespen und Waschbären gern von den Trauben. Angebaut wird der Wein rein biologisch, also ohne Pflanzenschutzmittel. Gegen den Mehltau spritzt der Winzer Backpulver als Stärkungsmittel. Oder Baldrianextrakte. „Das beruhigt die Rebe nach dem Abschnitt der Trauben.“ Damit auch 2021 wieder ein gutes Weinjahr wird.

Weinanlagen gibt es aber nicht nur in Kreuzberg. Auch am Humboldthain in Mitte wird seit 1987 Wein angebaut. Oder im Stadion Wilmersdorf. Dort wurden 1984 an den nördlichen Tribünenhängen je 100 Rebstöcke der Sorten Weißer Riesling und Ehrenfelser aus dem Partnerlandkreis Rheingau-Taunus angepflanzt. Die Reben in Kreuzberg sind aber wohl die ältesten.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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