Auch das Filou kann bleiben: Bäckerei soll dreijährigen Mietvertrag bekommen
Kreuzberg. Der Kampf um den Erhalt des Cafés und der Bäckerei Filou an der Reichenberger Straße scheint erfolgreich gewesen zu sein.
Die Kündigung sei zurückgezogen und ein neuer Mietvertrag in Aussicht gestellt worden, teilten die Filou-Unterstützer via Facebook mit. Denn es habe "völlig überraschend" eine Verhandlungslösung gegeben.
Vorangegangen war laut ihrem Post ein Runder Tisch am 16. März, zu dem auf Einladung des grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele die Eigentümer, Mieter und Nachbarschaftsinitiativen zusammengekommen waren. Das Treffen sei noch ergebnislos verlaufen. In einem persönlichen Gespräch mit dem Betreiberpaar Nadja Wagner und Daniel Spülbeck hätten die Besitzer Charles Sinner und David Evans aber danach vom Aus für die Bäckerei Abstand genommen und versichert, "dass die Familie langfristig zu guten Konditionen bleiben könne".
Angeboten wurde zunächst ein Mietvertrag für drei Jahre. Er solle sich dann automatisch jeweils um weitere fünf Jahre verlängern. Außerdem sollen die Eigentümer zugesichert haben, dass die Abmachung unter normalen Umständen nur einseitig vom Mieter beendet werden kann. Und selbst die Kosten für das Geschäft blieben unverändert.
"Man glaubt es kaum"
"Mit dieser Art von Vertrag wollen Sinner und Evans einen neuen Standard zum besseren Schutz für Gewerbetreibende setzen", wird von der Protestgemeinde lobend vermerkt. Wobei sich die Aktivisten bei diesen Konditionen selbst die Augen reiben: "Man glaubt es kaum."
Erleichterung herrscht natürlich auch im Filou. Ein Aushang vor dem Geschäft informiert über die Rettung. Dort wird besonders, wie übrigens auch von den Unterstützern, den Betreiberinnen des benachbarten Restaurants "Vertikal" gedankt. Sie hätten sich immer wieder bei den Eigentümern für den Verbleib der Bäckerei eingesetzt – und sind gleichzeitig zum Opfer dieser Auseinandersetzung geworden. Das "Vertikal" an der Ecke Reichenberger- und Glogauer Straße befindet sich ebenfalls in einem Haus, das Charles Sinner und David Evans gehört. Die Besitzverhältnisse sowie sein, zumindest in den Augen mancher, eher gehobenes Interieur machten das Lokal zur Zielscheibe militanter Kiezrandalierer. Am 1. März zerschlugen etwa 15 Vermummte die Fenster und hinterließen Parolen, auch ausländerfeindliche Slogans.
Dass solche Gewaltexzesse das eigentliche Anliegen nur konterkarieren können, war auch den Pro-Filou- und anderen Initiativen gegen das Geschäftesterben in Kreuzberg sofort klar. Schnell folgten deutliche Distanzierungen, aber sie wurden auch mit Vorwürfen konfrontiert, ihr Protest würde solchen Marodeuren erst die Handhabe liefern.
Letztendlich bestimmten aber nicht schlagkräftige Krawallmacher das Bild, sondern Demonstrationen und Petitionen. Und das zuletzt zwei Mal mit Erfolg. Bereits im Fall des Haushaltswarenladens Bantelmann an der Wrangelstraße konnte, wie berichtet, die für Ende März angesetzte Kündigung abgewendet werden. Auch dieser Laden erhielt einen Mietvertrag für weitere drei Jahre.
An der Reichenberger Straße symbolisiert eine Aufschrift an einem noch immer beschädigten Fenster des "Vertikals" den Wunsch nach friedlicher Koexistenz, zumindest an dieser Straßenecke. "Filou bleibt, Vertikal bleibt", steht dort. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.