Der Kreuzberger Himmel hat sich etabliert

Eingespieltes Team. Ulrich Kotzur zusammen mit Chefin Andelka Peric. | Foto: Frey
  • Eingespieltes Team. Ulrich Kotzur zusammen mit Chefin Andelka Peric.
  • Foto: Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Kreuzberg. Im September 2012 eröffnete in der Yorckstraße 89 die Gaststätte "Kreuzberger Himmel". Der Name deutet bereits darauf hin, dass dieses Lokal einen besonderen Hintergrund hat.

Träger derGaststätte ist ein Verein, der aus der benachbarten katholischen St. Bonifatius-Gemeinde entstanden ist. Treibende Kraft war dabei der damalige Gemeindepfarrer Ulrich Kotzur. Kotzur - Typ geerdeter Glaubensdiener- wurde kurz nach Betriebsbeginn Jugendseelsorger für das Erzbistum Berlin. Dem Himmel ist er trotzdem treu geblieben, nicht nur weiter als Vereinsmitglied, sondern auch als regelmäßige Tresenkraft. Ein Mal im Monat, an einem Sonntagabend, zapft er hier Bier und steht auf Wunsch auch für Gespräche über Gott und die Welt zur Verfügung.

Den gut besetzten Tischen nach zu urteilen, scheint seine Wirtschaftsidee Anklang zu finden, was der Pfarrer auch bestätigt. "Um es in der Managersprache zu formulieren, wir haben den Break Even Point erreicht". Das heißt, das Lokal trägt sich inzwischen. Aber es müssen noch Anfangsinvestitionen und Verbindlichkeiten abgebaut werden.

Darauf gehofft habe er zwar, "aber sicher konnten wir uns natürlich nicht sein", meint Kotzur. Denn sein Vorhaben hatte zwar von Anfang an Charme, war aber völliges Neuland.

Wenn man normalerweise an kirchliche Verköstigungsstätten denkt, fallen einem meist irgendwelche Suppenküchen oder ehrenamtlich betriebene Cafés ein, wo Speisen für einen geringen Obulus ausgegeben werden. Mit der "normalen" Gastronomie wurde die christlichen Glaubensgemeinschaften dagegen bisher nicht in Verbindung gebracht.

Darum handelt es sich aber beim Kreuzberger Himmel, mit seinen zwölf Mitarbeitern. Der Service ist professionell, die Gerichte nicht nur lecker, sondern teilweise auch außergewöhnlich und die Preise zwar moderat, aber durchaus angemessen. Aber sehr schnell fallen die Besonderheiten auf. Die Speisen heißen fast durchgehend nach Heiligen. Die Heilige Eulalia von Mèrida steht zum Beispiel für in Weisswein-Kräutersud marinierte Hähnchenstücke mit Tomaten-Ruccola-Gnocchi. Ob das aber wirklich ihr Leibgericht war, kann auch der Pfarrer, ebenso wie bei den anderen Heiligen, nicht mit Bestimmtheit sagen.

"Katholisch" ist auch das Bier, das er aus dem Hahn holt. Es kommt von der Andechser Klosterbrauerei. In einem Raum sind Orgelpfeifen an den Wänden. Und beim Blick an die Decke schaut der Besucher auf das Firmament. "Der Himmel ist offen", kommentiert Ulrich Kotzur dieses Kunstwerk.

All das ist natürlich ein wichtiger Teil des Konzepts. "Die Kirche darf sich nicht in Nischen verstecken, sondern muss da sein, wo die Menschen sind", lautet sein Credo. Und für viele ist der Weg in den Himmel zunächst leichter, als in die benachbarte Kirche. "Aber manche, die uns in der Gaststätte besucht haben, kommen danach auch zum Gottesdienst."

Dabei liegt es ihm fern, bei seinen Einsätzen am Zapfhahn als Missionar zu agieren. "Ich dränge mich nicht auf. Aber wer mit mir reden will, kann mich immer ansprechen." Ähnliches gilt für seine Kollegen. Denn regelmäßigen Tresendienst verrichten nicht nur weitere katholische, sondern auch evangelische Kollegen.

Mit dieser Mischung scheint er eine Marktlücke erschlossen zu haben, die Menschen aller Art anzieht. Kirchliche und weltliche Stammtische, Paare, Familien, Geburtstags- oder Hochzeitsgesellschaften. Auch Lesungen und Konzerte finden im Kreuzberger Himmel statt. Seit einigen Wochen gibt es außerdem einen täglichen Mittagstisch.

Gerade der Veranstaltungsbereich sei aber noch ausbaufähig, findet Ulrich Kotzur und denkt dabei an regelmäßige Ausstellungen oder Gesprächsrunden. "Ich möchte, dass wir uns noch mehr in den Kiez öffnen."

Inzwischen wird es Zeit für seinen Tresendienst. Noch etwas habe er gelernt, sagt der Pfarrer, ehe er hinter der Theke verschwindet. "Die Arbeit in der Gastronomie ist ein ziemlich harter Job. Und dabei sollst du auch noch immer freundlich sein."

Der Kreuzberger Himmel hat täglich von 11 bis 23 Uhr geöffnet. Mittagstisch gibt es von 12 bis 18 Uhr. Informationen auf www.kreuzberger-himmel.de.
Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 173× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 147× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 216× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 598× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.