Kirche hilft Künstlern durch die Pandemie
Kampagne für freischaffende Musiker und Schauspieler bietet Auftrittsmöglichkeiten und Gage
Freischaffende Künstler gehören zu jenen, die von der Corona-Krise wirtschaftlich am härtesten betroffen sind. Sie können nicht auftreten und somit nichts verdienen. Das bedeutet für viele existenzielle Not. Die Paulusgemeinde hat daher eine Kampagne gestartet.
Sie bietet Musikern und Schauspielern die Möglichkeit, in Sonntagsgottesdiensten zu einer festen Gage aufzutreten. Die Idee hatte Achim Hasenberg schon Anfang des Jahres. Er ist selbst freiberuflich im Filmgeschäft tätig und kennt die Probleme von Musikern und insbesondere von Schauspielern. „Für die meisten ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Seit über 15 Monaten können sie nicht arbeiten. Mittlerweile müssen selbst etablierte Künstler daran denken, ihren Beruf aufzugeben. Die Ersparnisse sind längst aufgebraucht. Vielen bleibt nur noch der Gang zu Jobcenter“, sagt der Regisseur und Filmproduzent. Auch wenn alles wieder geöffnet ist, wird für Kleinkünstler und Freischaffende die Pandemie noch lange nicht zu Ende sein. Denn es gibt einen großen Produktionsstau. Events, die immer wieder verschoben und für die schon Tickets verkauft wurden, werden zunächst die Kinos, Konzertsäle und Theater füllen. „Das Angebot wird deutlich größer sein als die Nachfrage“, sagt Hasenberg. Für Musiker und Schauspieler kleinerer Produktionen werde die Pandemie noch monatelang andauern.
Doch nicht allen geht es schlecht. Während die einen um ihre Existenz kämpfen, geht es einem weit größeren Teil der Menschen – nämlich 78 Prozent – richtig gut. Das hat eine Umfrage des MDR ergeben. „Die meisten können arbeiten, haben durch die drastischen Einschränkungen aber weniger Ausgaben. Hier wollten wir einen Ausgleich schaffen“, erklärt Achim Hasenberg. Gemeinsam mit Pfarrerin Neubert entwickelten sie Idee, Schauspieler und Musiker in die sonntäglichen Gottesdiensten einzubeziehen. „Notleidende Schauspieler lesen Bibeltexte, die sonst die Pfarrer und Lektoren lesen. Freie Musiker bestreiten die Musik, die eigentlich die Organistin übernimmt“.
„Unsere Gottesdienste werden durch die Auftritte wunderschön belebt. Die Leute freuen sich über gute und abwechslungsreiche Musik und die Lesungen. Sie geben gern ihr Geld dafür. Eine klassische Win-Win-Situation“, sagt Pfarrerin Barbara Neubert.
Wie wichtig diese Auftritte sind, schildert Katharina Ginkel. Die freiberufliche Orchestermusikerin hatte im Mai ein Geigenkonzert in der Pauluskirche. Es war ihr erstes Konzert seit März 2020. Zehn Monate lang hatte sie keinerlei Einnahmen. Für die junge Mutter zweier Kinder, deren Mann freiberuflicher Dirigent ist, war das Konzert in der Kirche nicht nur wegen des Geldes wichtig. „Es war schön, endlich wieder vor Publikum spielen zu dürfen.“
In den nächsten Tagen wird eine weitere Unterstützung starten. „Auf dem Lichterfelder Dorfanger, dort, wo auch unsere beiden Kirchen stehen, sollen regelmäßig tagsüber und unter der Woche Bands spielen“, verrät Hasenberg. Die Bezahlung wird ebenfalls normalhonoriert sein und aus Spenden sowie mit Unterstützung des Kirchenmusikvereins finanziert. Wegen des Verkehrslärms wird hier weniger klassiche, sondern eher laute Musik zu hören sein. Musiziert wird in der Zeit der Geschwindigkeitsbegrenzung. Dann ist es nicht ganz so laut. Interessierte Bands und Musiker können sich melden.
Im Juli trägt die Predigtreihe den Titel „Die Geschichte von Josef“. An den vier Sonntagen im Juli lesen die Schauspielerinnen Ina Tempel, Bettina Cesnik-Etienne, Alexandra Linett und Laura Sophia Landauer. Begleitet werden sie von den Musikern Ehrengard von Gemmingen (Cello), Yael Falik (Fagott), Clemens Mai (Trompete) und Polly Ott (Sopran).
Weitere Informationen: www.paulus-lichterfelde.de, info@paulus-lichterfelde.de, Telefon 844 93 20
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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