Anpfiff – Fußball ohne Alkohol
Neue Selbsthilfegruppe will Sucht im Stadion gemeinsam bekämpfen

Marcus K. ist Union-Fan und trägt stolz den Schal mit den Vereinsfarben. Aber mit dem Alkohol im Stadion soll für immer Schluss sein.  | Foto:  hari
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  • Marcus K. ist Union-Fan und trägt stolz den Schal mit den Vereinsfarben. Aber mit dem Alkohol im Stadion soll für immer Schluss sein.
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Fußball ist Sport und macht auch vielen beim Zuschauen Spaß. Wenn zum Spaß der Alkohol kommt oder sogar gebraucht wird, hört der Spaß oft irgendwann auf. Das hat ein Fußballfan leidvoll erfahren. Deshalb will er eine Selbsthilfegruppe von alkoholabhängigen Fußballfans gründen.

Die Selbsthilfegruppe heißt Anpfiff – Fußball ohne Alkohol. So hat sie Marcus K. (32) pfiffigerweise genannt. Er will damit die richtige Sprache finden, mit der eine bisher kaum beachtete Gruppe von Alkoholabhängigen angesprochen werden kann. Das sind die Fußballfans, die beim Zuschauen in den Stadien zu viel und exzessiv trinken.

Den Namen der Gruppe hat K. zusammen mit Thomas Pfeiffer, Leiter der Selbsthilfe-, Kontakt- und Beratungsstelle Marzahn-Hellersdorf, gefunden. „Bevor Marcus zu mir kam, war mir das Problem dieser Gruppe von Alkoholabhängigen auch nicht so bewusst“, sagt er. So viel er wisse, gibt es auch noch keine Selbsthilfegruppe, die auf diesen Personenkreis zugeschnitten sei.

Angetrunken zum Spiel, danach in die Kneipe

Marcus K. ist in Hellersdorf aufgewachsen. Er legte dort sein Abitur ab und begann eine Ausbildung zum Wirtschaftslogistiker. Parallel dazu begann seine „Trinkerkarriere“. Die ersten Schritte waren Saufgelage mit Freunden. Das verstärkte sich zunächst beim gemeinsamen Besuch von Punkkonzerten und mündete in Exzesse bei den später für ihn obligatorischen Besuchen der Spiele des 1.FC Union Berlin.

Marcus K. ist seit seiner Jugend bekennender Union-Fan und trägt stolz den Fan-Schal, wenn es angebracht ist. Den Fußball oder dem Verein will er nicht für seine Alkoholprobleme verantwortlich machen. „Es gibt auch viele andere, die weniger oder gar nicht auf der Tribüne trinken“, sagt er. Letztendlich sei jeder Mensch für sein Tun und Lassen selbst verantwortlich.

Er hat selbst erfahren, wie aus dem Trinken zu Hause und dem Trinken im Stadion ein Teufelskreis wurde. „In den zurückliegenden Jahren bin ich schon angetrunken zu den Spielen gekommen, dann ging es bis zum Abpfiff weiter und danach oft noch in die Kneipe“, erinnert er sich. Bei Auswärtsspielen waren diese Phasen noch entsprechend länger. Irgendwann wachte er morgens auf und griff als erstes wieder zur Flasche. Am Ende isolierte er sich zunehmend von seiner Umwelt und bekam auch auf der Arbeit größere Probleme. „Mein Chef hat lange zu mir gehalten, mich unterstützt, aber dann war Schluss“, erklärt er. K. wurde arbeitslos, machte 2015 seinen ersten Entzug, nach einem Rückfall 2016 den zweiten.

Seit über einem Jahr ist Marcus K. „trocken“. Einige Monate blieb er den Fußballstadien fern. „Ich hatte Angst, dass es wieder losgeht“, erzählt er. Ohne Alkohol hat er erfahren, wie die aufgereizte, mal fröhliche und mal aggressive Stimmung am Rand eines Fußballspiels zum Alkohol trinken verleitet. „Da trinken alle um dich herum und du kommst dir irgendwie nicht mehr zugehörig vor“, erläutert er.

Der Sogwirkung des gemeinschaftlichen Trinkens widerstehen zu lernen, das ist das Ziel der neuen Selbsthilfegruppe „Anpfiff“. Deshalb will Marcus K. Menschen mit gleichen Problemen um sich versammeln. Das Gründungstreffen findet am Mittwoch, 22. August, um 18 Uhr in der Selbsthilfe-, Kontakt- und Beratungsstelle, Alt-Marzah 59 A, Raum 3, statt. Kontakt unter Telefonnummer 540 68 85.

Marcus K. ist Union-Fan und trägt stolz den Schal mit den Vereinsfarben. Aber mit dem Alkohol im Stadion soll für immer Schluss sein.  | Foto:  hari
Marcus K. will die Gruppe Anpfiff – Fußball ohne Alkohol in der Selbsthilfe-, Beratungs- und Kontaktstelle gründen.  | Foto: hari
Autor:

Harald Ritter aus Marzahn

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