Zirkus Cabuwazi feiert 30. Geburtstag
„Jedes Kind hat ein Talent“
Auf einer Bühne vor einem Publikum aufzutreten, stärkt das Selbstbewusstsein von Kindern und Jugendlichen. Ralf Lindner (50), einer von zwei Leitern des Zirkus Cabuwazi in Marzahn, kann das immer wieder aufs Neue beobachten. Auch eine seiner beiden eigenen Töchter, ein „eher schüchternes Mädchen“, wie er sagt, sei in der Manege regelrecht aufgeblüht.
Seit 30 Jahren wird in der laut Ralf Lindner flächenmäßig größten Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung in Marzahn daran gearbeitet, die verborgenen Talente von Kindern und Jugendlichen ins Rampenlicht zu befördern. Seit 2019 unter seiner Leitung und der seines Kollegen Fabian Gröger. Wer Zirkus generell für antiquiert hält, wird bei Cabuwazi eines Besseren belehrt. „Wir haben eine tolle Lichtshow, eine tolle Soundanlage und möchten coole Inszenierungen machen“, sagt Lindner. Als Artist begeistert der 50-Jährige noch immer das Publikum unter der Zirkuskuppel. Mit einer Partnerin zusammen hat er eine Einrad-Akrobatikshow entwickelt. Im Geburtsjahr von Cabuwazi war Lindner noch weit weg von Marzahn. Ab 1992 war er weltweit unterwegs, hatte Auftritte im Fernsehen, in Freizeitparks, Zirkussen und Varietéshows. Bei Cabuwazi Marzahn kümmert er sich heute als Trainer um eine Seilspringen- und eine Einradgruppe.
Dass es den Zirkus überhaupt gibt, ist zu einem großen Teil seinem Vater zu verdanken. Im Auftrag des Bezirksamts Marzahn gründete Harald Lindner im Juni 1992 den damaligen Zirkus Springling in der Alfred-Döblin-Straße und leitete ihn bis 2007. Obwohl er in wenigen Tagen 81 Jahre alt wird, ist er noch immer als Trainer aktiv.
Schon 1993 zog der Zirkus auf die andere Seite des S-Bahnhofs Raoul-Wallenberg-Straße um. Auf einem ehemaligen Bahngelände an der Otto-Rosenberg-Straße 2 wurde ein Freizeitort für Kinder und Jugendliche mit weiter Strahlkraft entwickelt. 1997 schloss sich Springling dem zwei Jahre jüngeren Kinder- und Jugendzirkus Cabuwazi an, der heute neben Marzahn über fünf weitere Standorte in Berlin verfügt. Er finanziert sich durch Spenden, Kartenverkäufe und Kursbeiträge, Sponsorengelder und Fördermittel.
Auf dem Areal in Marzahn gibt es heute ein nach umfangreicher Sanierung modernes Gebäude mit Büros und einer Trainingshalle. Neben der Manege stehen alte Zirkuswagen des DDR-Staatszirkus, in denen Künstler übernachten, und eine Leichtbauhalle, in der trainiert wird. In Containern sind ein Kostümfundus, Werkstätten für Kostüme und Requisiten sowie Umkleideräume für die Trainer untergebracht. 25 Mitarbeiter, davon neun Festangestellte, der Rest Honorarkräfte, sind mit dem Training, dem Requisitenbau und der Haustechnik beschäftigt. Was anfangs mit 15 Kindern begann, ist im Laufe der 30 Jahre auf rund 300 Kinder und Jugendliche angewachsen, die dort wöchentlich in Nachmittagskursen, offenen Angeboten und Schulprojektwochen trainieren.
„Jedes Kind hat ein Talent“, sagt Ralf Lindner. Die Kinder, die den Zirkus in Marzahn besuchen, kämen aus allen Gesellschaftsschichten und aus allen Ortsteilen des Bezirks und der näheren Umgebung. Viele deutsch-russische Kinder von oft sehr ehrgeizigen Eltern mit hohen Ansprüchen seien darunter. Manche könnten aus artistischer Sicht zunächst einmal „gar nichts“ und müssten von den Pädagogen behutsam gefördert werden, andere kämen vom Leistungssport zum Zirkus. Bei Cabuwazi treffen also Kinder und Jugendliche völlig unabhängig von Herkunft, körperlichen Fähigkeiten und finanziellen Möglichkeiten aufeinander. Durch das kontinuierliche Training und das Entwickeln künstlerischer Darbietungen würden sie unter anderem Teamgeist lernen, Freunde finden und Grenzen überwinden. Die meisten beginnen im Alter von fünf oder sechs Jahren und bleiben bis zur Berufsausbildung oder zum Studium. Manchmal wird auch ein ganz besonderes Talent entdeckt. Wie Patrick Schuhmann, der einst bei Cabuwazi Marzahn trainiert hat und heute als Akrobat mit dem berühmten Cirque du Soleil unterwegs ist.
Cabuwazi feiert seinen Geburtstag mit einer großen Jubiläumsshow. Im Juni gab es bei Redaktionsschluss noch Karten für die Vorstellung am Mittwoch, 29. Juni, um 11.30 Uhr. Weitere Termine sind vom 22. bis 27. Oktober. Karten gibt es unter https://bwurl.de/186b.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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