Markus Kunz (CDU): „Der Unternehmergeist im Gesundbrunnen ist beeindruckend“

Markus Kunz (CDU) bewirbt sich im Gesundbrunnen um ein Mandat für das Abgeordnetenhaus.
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  • hochgeladen von Benno Kirsch

Er war in der Stadtteilvertretung Müllerstraße aktiv, jetzt kandidiert er im Gesundbrunnen für das Abgeordnetenhaus. Markus Kunz sieht die Probleme im Kiez – und ist begeistert von seinem Potenzial.

Hier im Wedding – genauer: im Gesundbrunnen – wohnen viele Einwohner mit Migrationshintergrund. SPD und Grüne sind stark, während die CDU so gut wie unsichtbar ist. Warum tun Sie sich den Tort an und kandidieren ausgerechnet hier um einen Sitz im Abgeordnetenhaus?
Ich bin über das Engagement in der Stadtteilvertretung Müllerstraße in die Kommunalpolitik gekommen und habe dort festgestellt: Wenn man sich im Kiez engagiert, lernt man die Menschen kennen, die hier wohnen, und erfährt, was sie umtreibt. Ich habe gemerkt, dass ich zusammen mit den Menschen etwas gestalten kann. Denselben Effekt habe ich jetzt beim Werben um Stimmen mitbekommen. Meine Verbindung zum Stadtteil ist gewachsen, weil ich mich für ihn und die Menschen interessiert habe. Man bekommt ein Gespür für seinen Kiez und übernimmt fast automatisch mehr Verantwortung. Ich stamme ursprünglich nicht aus Berlin, und durch mein Engagement ist mir die Stadt ein Stück Heimat geworden.
Um was ging es in der Stadtteilvertretung Müllerstraße? Welche Erfahrungen nehmen Sie von dort mit?
In der Stadtteilvertretung haben sich viele beteiligt, ohne irgendeine politische Erfahrung zu haben. Sie sind dort eingetreten, weil sie sich um die Höhe der Mieten gesorgt haben. Dort habe ich auch zum ersten Mal die Bedeutung des Wortes „Gentrifizierung“ erfahren. Die Leute haben Angst, dass der Wedding schöner wird – und so teuer, dass sie es sich nicht mehr leisten können, dort zu wohnen. Für mich war es eine wichtige Erfahrung zu sehen, dass sich die Menschen mit ihren persönlichen Sorgen und Nöten in der Stadtteilvertretung beteiligen.
Es ist noch eine knappe Woche bis zur Wahl. Was haben Sie im Rahmen Ihres Wahlkampfs unternommen und was folgern Sie daraus?
Weil ich keine richtigen Anlaufstellen hatte, habe ich mich aufs Geratewohl unter die Menschen gemischt. Ich habe meinen Aufsteller genommen – auf der einen Seite mein Porträt, auf der anderen mein Wahlkampfslogan – und habe mich unterstützt von meinem Wahlkampfteam auf die Straße gestellt. Das war eine tolle Erfahrung, weil mich die Menschen angesprochen und sehr offen mit mir diskutiert haben. Manche haben mich auf die AfD angesprochen und angekündigt, mich nicht zu wählen. Auch viele junge Männer, die ich im Soldiner Kiez getroffen habe, haben mir gesagt, dass sie nicht im Traum daran denken, der CDU ihre Stimme zu geben.
Wo kommt die Reserviertheit bei Menschen mit Migrationshintergrund gegenüber der CDU her?
Ich glaube, dass viele Menschen mit Migrationshintergrund aus Tradition die SPD wählen, nämlich die Arbeiterpartei. Doch die SPD hat ihren klassischen Auftrag verloren. Viele von den Jungen wollen aktiv sein und wirtschaftlichen Erfolg haben – und hier ist die CDU eine gute Wahl.
Ich dachte, dass ein ordentlicher Schulabschluss gepaart mit Unternehmergeist der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg ist ...
Ich habe mit Menschen gesprochen, die überhaupt keinen Bock auf nix haben, und solchen, die etwas bewegen wollen. Ganz klar: Um wirtschaftlichen Erfolg zu haben, ist eine gute Schulbildung wichtig. Das heißt, dass wir dafür sorgen müssen, dass das Schulsystem funktioniert und wir unter anderem eine ausreichende Zahl an Lehrern haben. Die große Zahl an kleinen Unternehmen, die von Menschen mit Migrationshintergrund, die schon länger in Berlin wohnen, gegründet wurden, zeigt mir, dass der Unternehmergeist vorhanden ist.
Wie ist es um die Schulen im Bezirk bestellt? Läuft da alles zum Besten oder gibt es Änderungsbedarf?
Der Verbesserungsbedarf ist ganz erheblich. Es gibt Schulen, an denen herrscht Lehrermangel. An anderen gibt es so viele Schüler, die so schlechtes Deutsch sprechen, so dass es fast unmöglich ist, den Lehrplan einzuhalten. Eine Lehrerin, die von einer Neuköllner an einer Schule im Wedding gewechselt ist, erzählt, dass es in Neukölln an den Schulen besser läuft als hier. Eine andere Frau, die in den Wedding gezogen ist, hat ihre Kinder zuerst natürlich auf eine Schule im Wedding geschickt. Doch nach einem Jahr war der Leistungsunterschied zu anderen Bezirken so groß, dass sie sich ernsthaft Sorgen um die schulische Entwicklung ihrer Kinder gemacht hat.
Sie haben die Kleinunternehmer genannt: Was hat Sie an denen beeindruckt und wo sehen Sie Anknüpfungspunkte für die weitere Kommunikation?
Es gibt hier viele kleine Läden, die ihre Besitzer ernähren. Diese Unternehmer haben auf eine gewisse Weise auch Erfolg: Sie sind zäh, sie müssen aktiv sein, sich durchsetzen. Sie arbeiten hier, versuchen Leute einzustellen und zahlen Steuern. Mich haben diese Unternehmer sehr beeindruckt – und dass sie so viel leisten und zum Stadtteil beitragen, auch wenn nicht wählen dürfen. Es wäre gut, wenn man ihnen vermitteln würde, dass sie sich trotzdem einmischen dürfen, zum Beispiel mit ihrem Stadtrat reden und dort ihre Anliegen vortragen.
Gentrifizierung ist ein großes Thema. Wedding grenzt an den Prenzauer Berg, und die Welle schwappt jetzt auch in den Gesundbrunnen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Zuerst habe ich gedacht, dass alle doch eigentlich ein Interesse daran haben müssten, dass ein Kiez schöner wird. Aber eine solche Entwicklung ist in der Tat zweischneidig, weil die Preise – insbesondere die Mieten – steigen. Hier muss man ein Gleichgewicht finden. Es kann nicht die Lösung sein, dass die Mieten ansteigen und dadurch Menschen verdrängt werden, die sie sich nicht mehr leisten können. Deshalb finde ich den Milieuschutz gar nicht schlecht, weil er derartige Entwicklungen verhindert. Der Wohnungsmarkt muss zu einem gewissen Grad reguliert sein, damit auch die sozial Schwachen geschützt sind. Offensichtlich hat die Politik ja schon seit längerem verpasst, für ausreichend Wohnraum zu sorgen.
Angenommen, Sie ziehen am Sonntag ins Abgeordnetenhaus ein. Was ist Ihr Plan?
Aus den Erfahrungen der vergangenen Wochen und Monate, in denen ich zahlreiche Gespräche geführt habe, möchte ich mich für zwei Dinge stark machen: Ich möchte, dass die CDU verstärkt auf Menschen mit Migrationshintergrund zugeht, die hier im Wedding besonders stark vertreten sind. Die Menschen sind zwar ganz unterschiedlich, haben aber am Ende dieselben Bedürfnisse: Bildung, Wohnen, öffentliche Sicherheit. Die CDU muss sich öffnen und stärker präsent sein. Zweitens sollte man Wege finden, um Bildung und auch Integration im Gesundbrunnen besser miteinander zu verzahnen. Es gibt hier schon gute Ansätze wie zum Beispiel den Medienhof oder ein interkulturelles Zentrum für Mädchen und junge Frauen mit Namen MÄDEA. Solche Projekte, die für den Gesundbrunnen wichtig sind, möchte ich voranbringen.

Autor:

Benno Kirsch aus Mitte

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