Fachleute im Ruhestand helfen weltweit mit ihrem Erfahrungsschatz
Berlin. Dass er als Rentner nur noch zu Hause sitzen würde, konnte er sich nicht vorstellen. Der frühere Touristikmanager Klaus Gengenbach sieht es als Glücksfall, dass ihm gleich von mehreren Seiten der Senior Experten Service (SES) empfohlen wurde.
Die Produktion von Bonbons in den Tropen, Bier brauen nach dem deutschen Reinheitsgebot, die Herstellung von Prothesen für Minenopfer – die Einsätze der SES-Fachleute sind vielfältig. Rund 12.000 Experten aus allen Branchen umfasst die Datenbank der gemeinnützigen Gesellschaft. Sie stellen ehrenamtlich ihr Wissen und ihre Erfahrung zur Verfügung. Die Aufträge kommen aus Entwicklungs- und Schwellenländern, dort werden sie auch definiert. Und es geht immer um Hilfe zur Selbsthilfe.
Klaus Gengenbach reiste als erstes im August vergangenen Jahres in die Westukraine. Die 250.000-Einwohner-Stadt Rivne suchte einen Fachmann, der helfen sollte, Investoren zu gewinnen und das Stadtmarketing zu verbessern. „Klar, man muss ein bisschen neugierig sein und offen“, sagt er. Er sei sehr gespannt gewesen, ob alles funktionieren würde, mit der Einreise, Abholung am Flughafen und Unterbringung im Hotel. Aber alles klappte.
Sein Fazit nach drei Auslandseinsätzen: So tiefe Einblicke in das Leben, die Mentalitäten und die Probleme der jeweiligen Länder könne man sonst kaum bekommen. Es geht darum, den Leuten zu zeigen, warum vieles nicht funktioniert, und wie es funktionieren könnte. In Indonesien war Gengenbach drei Wochen Coach für das Touristikstudium an der Universität von Jogyakarta. Allein schon das Thema Pünktlichkeit – dort ganz ungewohnt – könne manchmal die Professionalität erhöhen.
Der SES ist eine Stiftung der deutschen Wirtschaft, die Fachleute im Ruhestand in Entwicklungs- und Schwellenländer entsendet. Sie wird gefördert von den Bundesministerien für Entwicklung und für Bildung. Es gibt Experten aus allen Bereichen: ob Mediziner, Handwerker, Lehrer oder Banker – alle Berufsgruppen sind in der Experten-Datenbank vertreten und neue Experten hochwillkommen. Auslandseinsätze dauern im Durchschnitt drei bis sechs Wochen. Den Ruheständlern entstehen keine Kosten.
Nach demselben Prinzip läuft das neue Programm des SES, der Weltdienst 30 +. Es richtet sich an Berufstätige, die während einer Auszeit, im Urlaub oder zwischen zwei Jobs ehrenamtlich Auslandsprojekte übernehmen wollen. So ein Einsatz könne ja auch die Karriere fördern, sagt der Leiter des Berliner SES-Büros, Ulrich Röhren. "Wir haben viel Kontakt mit Unternehmen und Wirtschaftsverbänden, die uns immer bestätigen, wie positiv so ein Auslandseinsatz in den Personalabteilungen gesehen wird".
Auch in Deutschland gibt es Projekte für kleinere und mittlere Unternehmen. Vor allem gibt es in Deutschland aber VerA – das erfolgreichste Einzelangebot des SES. Die Abkürzung steht für Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen und ist ein Angebot an Jugendliche, die in ihrer Ausbildung auf Schwierigkeiten stoßen. SES Experten helfen ihnen – zum Teil bis zum Ende der Ausbildung. Im Moment gibt es etwa 3700 dieser Projekte. Rund 82 Prozent sind erfolgreich. Eva Tasche
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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