Demenz bringt Haftpflichtschutz ins Wanken
"Bei gesunden Menschen ist es ganz einfach", sagt Rechtsanwältin Bärbel Schönhof aus Bochum, die zugleich zweite Vorsitzende der Deutschen Alzheimergesellschaft (DAlzG) in Berlin ist. "Fügt jemand einem anderen einen Schaden zu, springt in der Regel die Haftpflichtversicherung ein." Hat der Versicherte Demenz, ist die Lage schwieriger. "Denn dann übernehmen die Versicherungen den Schaden häufig nicht."Der Grund: "Niemand muss für einen Schaden haften, wenn seine Schuldfähigkeit eingeschränkt ist", erklärt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV) in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn jemand wegen einer Demenzerkrankung für einen Moment oder dauerhaft verwirrt war und nicht begriffen hat, was er tat. In der Fachsprache gilt ein solcher Kunde als nicht deliktfähig. Das Gleiche gilt auch für Kinder. Sind sie jünger als sieben Jahre, haften sie ebenfalls nicht. Die Folge: Die Geschädigten bleiben auf ihrem Schaden sitzen.
Für Demenzpatienten gibt es dabei aber ein spezielles Problem. "Das Tückische an der Krankheit ist ja, dass es ein schleichender Prozess ist", sagt Christian Lübke vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. Betroffene verlieren die Selbstkontrolle nicht auf einen Schlag, sondern allmählich.
Läuft etwa ein Demenzkranker unerwartet auf die Straße und verursacht dadurch einen Unfall, muss geprüft werden, ob er in dem Moment tatsächlich begriff, was er tat. Denn das ist entscheidend für die Frage, ob eine Versicherung zahlen muss oder nicht. "Jeder Einzelfall muss genau angesehen werden", sagt Lübke.
Doch egal, ob die Assekuranz einen Schaden reguliert oder nicht - eine Haftpflichtversicherung kann für Demenzpatienten durchaus sinnvoll sein. "Auch wenn sie einen Schaden nicht reguliert, kann sie den unberechtigten Anspruch des Geschädigten abwehren", sagt Lübke. Die Police biete dem Kunden hier passiven Rechtsschutz.
Wer die Diagnose Demenz von seinem Arzt bekommt, muss seinen Haftpflichtversicherer laut GDV darüber nicht informieren. Denn anders als etwa ein Baugerüst vor dem Haus, das die Einbruchgefahr erhöht, stelle eine Demenzerkrankung nicht grundsätzlich eine Gefahrenerhöhung dar, erklärt GDV-Sprecher Christian Lübke. Auch dürfe das Versicherungsunternehmen die Police wegen der Erkrankung nicht kündigen. Dennoch sollten Betroffene mit ihrem Versicherer sprechen, findet Bärbel Schönhof von der DAlzG. Denn wisse das Unternehmen Bescheid, könnten spätere Probleme vermieden werden.
Autor:Ratgeber-Redaktion aus Mitte |
Kommentare