Kurz vor der Überdüngung
Gutachten zum Engelbecken liegt vor

Müffelndes Gartendenkmal: Dem Engelbecken geht es schon seit Jahren nicht gut. Zu viel Phosphate, zu wenige Sauerstoff. Das bestätigt auch ein Gutachten.  | Foto: Archiv Kiefert
  • Müffelndes Gartendenkmal: Dem Engelbecken geht es schon seit Jahren nicht gut. Zu viel Phosphate, zu wenige Sauerstoff. Das bestätigt auch ein Gutachten.
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Vor zwei Jahren schon hatten es die Bezirksverordneten gefordert: Nun liegt es vor, das Gutachten zum Engelbecken. Landschaftsarchitekt Christian Klemz präsentierte es jetzt im Umweltausschuss.

Zu wenig Wasser, zu viel Phosphat, zu wenig Sauerstoff, zu viel Fisch: Dem Engelbecken geht es nicht gut. Schlimmer noch: „Wir müssen aufpassen, dass das Gewässer nicht umkippt.“ Christian Klemz sagte dem Umweltausschuss damit nichts Neues. Aber der Landschaftsarchitekt brachte mit dem Gutachten einige Lösungen mit, wie das künstlich angelegte Gewässer zwischen Mitte und Kreuzberg auf lange Sicht gerettet werden kann – wenn der Bezirk das nötige Geld in die Hand nimmt.

Besagtes Gutachten hatten die Bezirksverordneten schon vor zwei Jahren vom Bezirksamt eingefordert. „Nun ist es da, nagelneu, ich habe es selbst noch nicht gelesen“, bemerkte Umweltstadträtin Sabine Weißler (Grüne). Konkret basiert das Sachverständigenpapier auf Untersuchungen aus den Jahren 2019/20. Dafür wurden unter anderem acht Bohrungen vorgenommen, im und außerhalb des Beckens. Das Ergebnis: Die alte Tondichtung ist noch vorhanden, die Sandsedimente darunter auch, ebenso wie die Schlammschicht der vergangenen 16 Jahre. Die ist im Mittel etwa 20 Zentimeter hoch und damit „niedriger als erwartet“, so Christian Klemz. Ausgepresst, also ohne Wasser, käme der Schlamm auf 750 Kubikmeter.

Die Wassertiefe liegt laut Gutachten zwischen 70 Zentimeter und einem Meter. Der Grundwasserpegel ist (weiter) gesunken. „Allerdings war der Wasserhaushalt im Engelbecken immer schon defizitär“, so Klemz. Dass es im mit Grundwasser gespeisten Engelbecken nicht ganz so schlimm sei, liege daran, dass der Spreepegel den Wasserstand stützt. „In anderen Gewässer wie in Rehberge zum Beispiel haben wir einen Rückgang um bis zu 80 Zentimeter.“

Zu viele Fische im Becken

Dagegen ist die Nährstoffbelastung im Engelbecken laut Gutachten erheblich, besonders beim Phosphat. Was zu geringen Sichttiefen führt. „Wir stehen kurz vor der Überdüngung“, warnte Klemz. Auch der Sauerstoffbedarf sei hoch, ebenso die Bleiwerte, die deutlich über dem Grenzwert liegen. Weshalb man das Wasser nicht trinken sollte. Erhöht ist zudem die Konzentration an coliformen Keimen, verursacht von Wasservögeln und Hundekot.

Den Fischbestand im Engelbecken schätzt das angefragte Fischereiamt auf immerhin 1,3 Tonnen. Darunter sind karpfenartige Friedfische, Plötze, Blei, Giebel und Rotfeder. „Wir haben kaum Raubfische im Becken“, so Klemz weiter, „weshalb sich die Friedfische ausbreiten“. Dazu kommen Kleinkrebse, viele Grün- und Kieselalgen. In der Summe gebe es zwischen all diesen Komponenten ein biologisches Ungleichgewicht, fasste Klemz zusammen.

Wie aber hält man dagegen? Mehrere technische und biologische Lösungen schlägt das Gutachten vor. Beispiel Entschlammen. Das würde zwischen 150 000 und 250 000 Euro kosten. Allerdings gäbe es für die Saugbagger und Pressen vor Ort kaum Platz, so Klemz. Und um die Phosphate aus dem Wasser zu holen, brauche es zusätzlich zum Schlammabsaugen eine Phosphatfällung. Als mögliche biologische Teillösung nannte der Landschaftsarchitekt, der sich auch mit der Gewässerrenaturierung auskennt, die Reduzierung des Friedfischbestandes über mehrere Jahre. Damit allein seien die Probleme aber nicht gelöst, sprich, ein idealer ökologischer Zustand des Sees nicht hergestellt. „Dafür braucht es einen massiven Phosphatentzug“, sagte Klemz. „Das Engelbecken ist kein Aquarium, wo sie einen Filter reinhängen und dann funktioniert es.“

Problem Entenfütterung

Zu den Lösungsvorschlägen konnte die Bezirksverordneten im Ausschuss nicht viel sagen. Einig war man sich aber: Das Becken trockenlegen will keiner, einen Springbrunnen oder Swimmingpool auch nicht.

Stadträtin Weißler wies auch nochmal auf das „grundlegende Problem“ der Fütterung von Wasservögeln hin – obwohl die längst verboten ist. Die Folge: Das Gewässer überdüngt, weil es für das Engelbecken keine Filteranlagen gibt. Durch den bakteriellen Abbau der organischen Stoffe wiederum wird dem Wasser Sauerstoff entzogen, was ab einem bestimmten Punkt zum Umkippen des Gewässers führt. Zur sogenannten Sauerstoffzehr kommt es vor allem an heißen Tagen, wenn die Verdunstung höher ist als die Frischwasserzufuhr von unten. Parkläufer sollen deshalb ein Auge auf die Entenfütterer haben. „Ab April werden wir unseren Parkdienst auf das Engelbecken ausweiten“, kündigte Weißler im Ausschuss an. Das habe der Senat genehmigt. Was die im Gutachten vorgeschlagenen Lösungen betrifft, so werde man sich im Bezirksamt jetzt genauer damit beschäftigen, so Weißler. Dabei solle auch geklärt werden, was den Anwohnern an Maßnahmen zumutbar sei.

Das Engelbecken ist Teil des Luisenstädtischen Kanals, den Peter Joseph Lenné 1848 als Grünanlage und Schifffahrtsweg zwischen Spree und Landwehrkanal geplant hat. Seinen Namen verdankt es der Engelfigur auf der katholischen St. Michaelkirche. Das Engelbecken, knapp einen Hektar groß, ist heute ein Gartendenkmal, gegen dessen „grobe Vernachlässigung“ die Anwohnerinitiative Engelbecken seit Jahren protestiert. Denn vor allem im Sommer müffelt es am See faulig.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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