Gesetzentwurf vorgestellt
Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ will Privatautos in der Innenstadt verbieten

Autos sollen dauerhaft von den Straße verschwinden, wie hier bei der temporären Spielstraße im vergangenen September in der Großen Hamburger Straße. | Foto: Foto: Dirk Jericho
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Die Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ hat beim Senat den ersten Gesetzentwurf für eine autofreie Innenstadt in Deutschland eingereicht. Ab April sollen für die erste Stufe des Volksbegehrens 20 000 Unterschriften gesammelt werden.

Wer innerhalb des S-Bahnrings noch mit dem Auto fahren darf, soll ab 2027 das Amt entscheiden. So sieht es zumindest der Gesetzentwurf „für die größte autoreduzierte Innenstadt der Welt“ vor, den die Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ eingereicht hat. Privatleute sollen prinzipiell kein Auto mehr fahren und nur noch öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Als Ausnahme gelten „zwölf Nutzungszeiträume von jeweils 24 Stunden“ im Jahr, später nur noch sechs. Für die Privattouren müsste man dann auf einem Onlineportal den genauen Grund der Fahrt angeben, um einen QR-Code für die Erlaubnis zu bekommen.

Feuerwehr und Polizei dürfen nach dem Plan der Initiative weiter in die City fahren. Auch Handwerker, Pflegedienste, Mobilitätseingeschränkte, Taxis, Carsharing und Lieferfahrzeuge können beim Amt eine Plakette für die Einfahrt beantragen. Wie und wer genau entscheidet, wer noch Auto fahren darf und wer nicht, konnte Paul Friedl von der Initiative bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs nicht sagen. „Das müsste die Verwaltung dann präzisieren“, so der Jurist, der das 48-seitige „Berliner Gesetz für gemeinwohlorientierte Straßennutzung (GemStrG Bln)“ mit erarbeitet hat. Es gebe aber auch Härtefallklauseln. „Wir wollen eine Frau nicht zwingen, nachts mit der U-Bahn fahren zu müssen“, so Sprecher Manuel Wiemann.

Mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer

Ziel des Gesetzes ist es, den Verkehr so weit wie möglich aus der Umweltzone zu verbannen, um mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen. „Wir möchten, dass die Menschen bei offenem Fenster schlafen und Kinder wieder auf der Straße spielen können. Oft sind gerade Kinder und Senioren durch Autos gefährdet. Auch Großeltern sollen sicher auf dem Fahrrad unterwegs sein können und regelmäßig Bänke für Verschnaufpausen haben,“ sagt Nina Noblé, Sprecherin der Initiative.

Das erste Gesetz für eine autofreie Innenstadt in Deutschland sei notwendig, „weil der Senat bei der Verkehrswende versagt hat“, so die Initiative, die nach eigenen Angaben „aus etwa einhundert ehrenamtlich engagierten Berliner*innen“ besteht. Es reiche nicht aus, Verbrennerfahrzeuge zukünftig zu verbieten, „auch Elektroautos nehmen Platz, sind gefährlich und belasten die Umwelt durch Reifenabrieb“, so Manuel Wiemann. Verkehrslenkende Maßnahmen wie Citymaut oder höhere Parkgebühren lehnt die Initiative ab, weil das unsozial sei. Reiche könnten so weiter mit dem Auto fahren.

Volksentscheid für 2023 angestrebt

Mit dem Gesetz will die Initiative über das Landesrecht die Straßen umwidmen und so das Bundesrecht umgehen. Der „Kniff ist, dass sich das Gesetz nicht auf das Straßenverkehrsrecht, sondern auf das Straßenrecht bezieht“, so Jurist Paul Friedl. Autobahnen und Bundesstraßen wie die Frankfurter Allee oder Leipziger Straße seien ausgeschlossen. Dort dürften Autos auch weiter fahren, allerdings nicht mehr abbiegen. Das Autoverbotsgesetz soll per Volksbegehren und Volksentscheid durchgesetzt werden. Bis Juni will die Initiative 20 000 Unterschriften dafür sammeln, um das Volksbegehren zu beantragen. Bei einem Volksentscheid – angestrebt wird das Jahr 2023 – müssten dann mehr als 610 000 Berliner mit Ja stimmen. Sollte daraus am Ende eine erfolgreiche Gesetzesvorlage werden, könnte das neue Landesgesetz nach vier Jahren Übergangszeit ab 2027 für die Straßen innerhalb des S-Bahnrings gelten. Bis dahin müsse der öffentliche Personennahverkehr weiter ausgebaut und die Angebote verbessert werden.

„Die Initiative ist Rückenwind für uns, um die Verkehrswende weiter konsequent umzusetzen“, sagte Werner Graf. „Das Volksbegehren ,Berlin autofrei‘ verdeutlicht einmal mehr, wie frustriert viele Berliner*innen von der Bevorzugung des PKW-Verkehrs sind“, so der Grünen-Landesvorsitzende. Die CDU lehnt das Gesetzesvorhaben ab. „Es ist ein völlig irreales Vorhaben, vermutlich um bestimmten linken Autohassern zu gefallen“, sagt CDU-Verkehrsexperte Oliver Friederici. „Das ,Projekt‘ will die Mobilität Berlins verzwergen, die Berliner Innen- von der Außenstadt trennen und den Kontakt mit unserem Nachbarland Brandenburg dauerhaft unterbinden.“

Weitere Informationen gibt es unter volksentscheid-berlin-autofrei.de.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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