Eine australische Künstlerin entdeckt die Siemensstraße

Aktivisten der Bürgerinitiative "Siemensstraße" mit vier Vogel-Flaggen von Gabriella Hirst. | Foto: Gabriella Hirst
  • Aktivisten der Bürgerinitiative "Siemensstraße" mit vier Vogel-Flaggen von Gabriella Hirst.
  • Foto: Gabriella Hirst
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Moabit. Die Bürgerinitiative "Siemensstraße" hat jahrelang gegen die Wucht des geplanten Gastronomiegroßmarktes und für den Erhalt der Pappeln auf dem ehemaligen Bahngelände gekämpft. Vergebens. Die Bäume sind gefällt. Die Bebauung kommt. Eine australische Künstlerin hat sich auf ihre Weise der Brache angenommen.

Gabriella Hirst kommt aus Sidney. Seit drei Monaten lebt und arbeitet sie in Moabit. Nach einem Aufenthalt in Paris im vergangenen Jahr war sie zwei Monate lang Stipendiatin am Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZKU) in der Siemensstraße. Dann ist sie in die Nachbarschaft der Siemensstraße gezogen. "Ich will anderthalb Jahre in Berlin bleiben", sagt die fotoscheue junge Frau. Ihre Themen findet die mehrfach ausgezeichnete Künstlerin dort, wo sie gerade lebt. Ihre Kunst entsteht aus den Erfahrungen, die sie vor Ort macht. Sie verwendet die unterschiedliche Medien und Techniken und vor allem vergängliche Materialien wie Zucker, Salz, Kristalle oder Rauch. Ihr gehe es immer um das Spannungsverhältnis zwischen Zerbrechlichkeit und Dauerhaftigkeit, erklärt die 24-Jährige.

Auf diese Weise ist auch die Installation an der Siemensstraße entstanden. Weil Brachen und Ruinen Gabriella Hirst faszinieren und anziehen, dieses "Zwischenstadium zwischen dem Nichts und etwas Neuem", hat sie auch zu dem leer geräumten Areal in der Nähe ihrer Wohnung "geforscht". Sie befragte viele Passanten und Anwohner. "Ich habe viele Geschichten gehört."

Die Installation mit 24 Flaggen aus Seide, die verschiedene Vogelarten, darunter den so seltenen Steinschmätzer zeigen, sei die "Umsetzung dieser Geschichten" gewesen. "Die Vögel sind das, was die Nachbarn jetzt vermissen. Und die Flagge ist ein Symbol des Protests", sagt Hirst. In den Abendstunden des 27. März hat die Australierin mithilfe von Akteuren der Bürgerinitiative die Fahnen in den Sandboden des Areals gesteckt. Die Kunstinstallation blieb nur fünf Tage intakt - quasi programmgemäß, aber ohne das Zutun der Künstlerin. Zuletzt waren gerade noch vier Flaggen verblieben. Sie verwahren heute Nachbarn aus der Siemensstraße.

Dass es Bauarbeiter waren, die die Flaggen entfernt haben, glaubt Gabriella Hirst nicht. "Vielleicht haben Leute sie als Souvenir mitgenommen." Es schmerze sie etwas, dass ihre Arbeit verloren sei. "Aber meine Werke sind eben vergänglich." Gabriella wüsste trotzdem allzu gern, wo ihre Flaggen geblieben sind und was mit ihnen geschehen ist. Eines weiß sie jedoch sicher: "Das Projekt hat die Nachbarschaft zusammengebracht."

Karen Noetzel / KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

19 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 263× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 90× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.