100 Jahre Groß-Berlin
Lichtspieltheater gab es in Neukölln zuhauf, nur zwei von ihnen sind heute noch Kinos

Schon 1910 eröffnete im ersten Stock der Passage ein Kinomatographentheater. | Foto: Schilp
2Bilder
  • Schon 1910 eröffnete im ersten Stock der Passage ein Kinomatographentheater.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Als Groß-Berlin gegründet wurde, war Neukölln gerade einmal acht Jahre alt. Zuvor hatte es Rixdorf geheißen. Doch auch der neue Name konnte nichts daran ändern, dass Amüsement großgeschrieben wurde. So buhlten nicht weniger als 25 Lichtspielhäuser um die Gunst der Gäste.

Besonders an der Hermannstraße reihte sich Vergnügungsstätte an Vergnügungsstätte. Hier gab es Varietés, Theater, Kneipen, Tanzlokale – und seit einigen Jahren Kinos. Manche waren in einfachen Ladenlokalen beheimatet, andere kamen prächtig daher, wie das Palast-Kino Stern an der Hermannstraße 49. Das gehobene Bürgertum besuchte auch gerne das Excelsior im heutigen Saalbau an der Karl-Marx-Straße. Nicht ganz so vornehm ging es beispielsweise im Grotten-Kino am Kottbusser Damm zu. Dafür gab es eine Karte schon für 20 Pfennige.

Oft wechselte das Programm mehrmals die Woche. In den besseren Häusern begleiteten Musiker das Geschehen auf der Leinwand. Denn gezeigt wurden Stummfilme, die Tontechnik hielt erst Anfang der 30er-Jahre Einzug.

Rotlicht und Fantasy

Die Filmkunst steckte 1920 noch in den Kinderschuhen. Dennoch gelang dem Regisseur Robert Wiene in diesem Jahr mit „Das Cabinet des Dr. Caligari“ ein großer Wurf. Das expressionistische Werk ist heute noch jedem Cineasten bekannt. Doch der Massengeschmack war ein anderer.

Das zeigt ein Blick ins „Neuköllner Tageblatt“: Der Knesebeck-Palast wirbt für den „beschlagnahmt gewesenen Sittenfilm ‚Die Tochter der Prostituierten‘“. Das Apollo-Lichtspieltheater zeigt „Der Januskopf“, der von den „rätselhaften Schreckenstaten eines Doppelmenschen“ handelt, gefolgt vom Lustspiel „Hoppla, Herr Lehrer“. Der Eden-Palast hingegen verspricht das Sensationsdrama „Das fliegende Auto“.

Zwei Kinos aus jener Zeit haben überlebt, eines ist das Neue Off, Hermannstraße 20. Seinen Anfang nahm es als Volkstheater, 1918 erhielt es den Zusatz „Lichtspiele“, ab 1955 wurden fast zwei Jahrzehnte lang Pornos gezeigt. Danach folgte ein mühsamer, aber erfolgreicher Neuanfang als Programmkino.

Die Passage an der Karl-Marx-Straße 131 kann auf eine noch längere Geschichte zurückblicken. Hier eröffnete Fritz Singer 1910 im ersten Obergeschoss sein Kinematographentheater. Ein Besitzer folgte auf den nächsten, bis das Haus 1968 dem großen Kinosterben zum Opfer fiel. Rund 20 Jahre lang wurden in dem Saal gebrauchte Möbel gestapelt. Heute beherbergt er wieder eines der schönsten Kinos im Bezirk.

Schon 1910 eröffnete im ersten Stock der Passage ein Kinomatographentheater. | Foto: Schilp
Kinowerbung im Neuköllner Tageblatt von 1920. | Foto: Repro.
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

25 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 126× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 101× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 186× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 575× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.