Frauen wollen Jahn vom Sockel stoßen
Protesttag am Denkmal für den "Turnvater" in der Hasenheide

Am Protesttag haben Frauen den "Turnvater" unter einem Netz verschwinden lassen. | Foto:  Jüdisches Bildungswerk für Demokratie – gegen Antisemitismus (JBDA)gUG
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  • Am Protesttag haben Frauen den "Turnvater" unter einem Netz verschwinden lassen.
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Das Netzwerk Frauen in Neukölln hat am 31. August einen Protesttag am „Turnvater“-Denkmal in der Hasenheide organisiert. Die klare Forderung des Netzwerks, dem mehr als 70 Projekte angehören: „Jahn muss weg!“

In der Hasenheide hatte Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852) den ersten Turnplatz in Deutschland gegründet. Für ihn war körperliche Bewegung jedoch nie reiner Selbstzweck. Er wollte die Jugend dazu ertüchtigen, sich den „Feinden der Freiheit“ entgegenstellen zu können – das waren in erster Linie die napoleonischen Truppen, die Preußen besetzt hielten. Mädchen und Frauen blieben von seiner Turnbewegung ausgeschlossen.

Doch Jahn gilt dem Frauen-Netzwerk nicht nur als Antifeminist, sondern auch als Antisemit, Nationalist, Antidemokrat und Militarist. So habe er den „Hass alles Fremden“ zur Pflicht der Deutschen erklärt, sagte Netzwerk-Mitglied Claudia von Gélieu in ihrer Rede. Die Juden habe er als „Plage“ beschimpft. Im Jahre 1817 forderte er zur Verbrennung „undeutscher Bücher“ auf. „Das deutsche Bürgerrecht sollten alle verlieren, die eine Ausländerin heirateten, alle deutschen Männer, die sich nicht verheirateten, und alle, die von Almosen lebten“, so Gélieu weiter.

Nach der Revolution 1848 habe Jahn von den deutschen Turnvereinen nichts mehr wissen wollen, weil sie ihm zu demokratisch geworden waren. Jahns Überzeugungen mit dem Zeitgeist zu erklären, hält die Politikwissenschaftlerin und Publizistin für unangebracht. Er selbst habe die menschenverachtenden Ideologien mit geschaffen. Deshalb lehnen sie und ihre Mitstreiterinnen eine weitere Ehrung und damit das Denkmal ab. Sie möchten, dass es verschwindet. Das ist keine aussichtslose Forderung. Mitte Mai haben die Bezirksverordneten mehrheitlich dafür gestimmt, im Zuge der klimagerechten Umgestaltung der Hasenheide ein Konzept zum Umgang mit dem „problematischen Denkmal“ zu entwickeln. Auch die Entfernung des Monuments dürfe dabei kein Tabu sein, heißt es im Beschluss. Dagegen votierten CDU und AfD.

Errichtet wurde das Denkmal im Jahre 1872.Ursprünglich befand sich der überlebensgroße Friedrich Ludwig Jahn etwa 100 Meter nördlich von seinem heutigen Standort. Erst die Nationalsozialisten ließen die Figur samt Unterbau anlässlich der Olympiade 1936 auf den kleinen Hügel versetzen. Claudia von Gélieu sagt, die Turnvereine hätten damals gar keine vier Meter hohe Jahn-Statue gewollt, sondern nur eine Gedenkstätte für den ersten deutschen Turnplatz. Dafür hätten sie aus aller Welt die Grußsteine geschickt, die heute am Fuß des Denkmals zu sehen sind.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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