Die Spur führte in die heutige Rollbergsiedlung
Wie die Polizei den Hauptmann von Köpenick dingfest machte

Die Kopfstraße: Wo heute eine Baulücke klafft - ganz in der Nähe der Hermannstraße - wohnte vor mehr als 100 Jahren der Hauptmann von Köpenick. | Foto: Schilp
  • Die Kopfstraße: Wo heute eine Baulücke klafft - ganz in der Nähe der Hermannstraße - wohnte vor mehr als 100 Jahren der Hauptmann von Köpenick.
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Das Husarenstück des Wilhelm Voigt (1849-1922) ist wohl jedem Berliner bekannt. Am 16. Oktober 1906 verkleidete sich der Schuster als Hauptmann und „beschlagnahmte“ im Köpenicker Rathaus die Stadtkasse. Weniger bekannt ist: Auf die Spur kam ihm die Obrigkeit über seine Schwester, und die wohnte in Rixdorf.

Heute steht das Haus Kopfstraße 27 nicht mehr. Ob es im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde oder in den späten 1960er-Jahren dem Bau der heutigen Rollbergsiedlung weichen musste, ist nicht bekannt. Klar ist, dass hier früher enge Mietskasernen standen, fast 80 Prozent der Wohnungen hatten keine Toilette, eine Arbeitergegend.

Bertha Menz, geborene Voigt, lebte hier mit ihrem Mann, einem Buchbinder. Im Frühjahr 1906 tauchte ihr jüngerer Bruder Wilhelm auf und bat um Obdach. Der notorische Dieb und Urkundenfälscher war vor kurzem aus seiner jüngsten, 15 Jahre währenden Haft entlassen worden. Zwar hatte er erst sein Glück in Wismar versucht, wo er auch Arbeit beim Hofschuhmacher Hilbrecht fand, doch die Behörden wiesen ihn schnell wegen seiner Vorstrafen aus Mecklenburg-Schwerin aus.

Unterschlupf in Neukölln 

So lebte er einige Wochen bei Schwester und Schwager an der Kopfstraße und arbeitete in einer Schuhfabrik, bis er auch für den Großraum Berlin ein Aufenthaltsverbot erhielt. Wilhelm Voigt tauchte in Friedrichshain, in der Nähe des heutigen Ostbahnhofs, unter. Doch er war unvorsichtig. So schrieb er seiner Schwester einen Brief, in dem er seine aktuelle Adresse andeutete. Außerdem hatte er sich zuvor gemeinsam mit Bertha fotografieren lassen und das Bild seinem ehemaligen Wismarer Arbeitgeber geschickt. Dritter Fehler: Einem Zellengenossen namens Kallenberg hatte er von einem „ganz großem Ding“ erzählt, das er plane.

Festnahme beim Frühstück

Nach dem gelungenen Köpenicker Coup suchte die Polizei fieberhaft nach dem falschen Hauptmann und setzte eine Belohnung von 3000 Mark aus, nur 1000 Mark weniger, als der gerissene Schuster erbeutet hatte. Kallenberg verpfiff den ehemaligen Mithäftling. Daraufhin überprüfte die Polizei die letzten Arbeitsstellen Voigts, stieß in Wismar auf die Fotografie – und machte so die Schwester ausfindig. Bertha hielt dem Verhör nicht stand und verriet den Aufenthaltsort ihres Bruders. Am 26. Oktober, zehn Tage nach seiner spektakulären Tat, wurde Wilhelm Voigt verhaftet. Er saß gerade beim Frühstück.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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