Eine Brache wurde zur Attraktion
Der Modellpark Berlin-Brandenburg feiert sein 15-jähriges Bestehen
Die kleine Figur des Hauptmanns von Köpenick vor dem Rathaus fehlt – mal wieder. Ein Besucher hat sie, obwohl festgeklebt, geklaut. Marcus Sydow kennt das schon. Der Leiter des Modellparks in der Wuhlheide, wo zahlreiche Miniaturen bekannter Orte Berlins und Brandenburgs bewundert werden können, ist Diebstahl und Vandalismus gewohnt.
Erst vor wenigen Wochen sei jemand nachts eingebrochen, habe Würstchen, Eis und etwas Bargeld mitgenommen. Marcus Sydow aber scheint davon unbeeindruckt, schließlich gibt es etwas zu feiern. Der Modellpark Berlin-Brandenburg, betrieben von der Union sozialer Einrichtungen (USE) gGmbH, ist 15 Jahre alt geworden und so beliebt wie nie zuvor. Erst im vergangenen Jahr wurde ein neuer Besucherrekord aufgestellt. Von April bis Oktober 2021 wurden rund 30.000 Gäste gezählt.
Die derzeit 85 Modelle im Maßstab 1:25 auf dem Gelände üben offenbar eine große Anziehungskraft aus. Treptow-Köpenick ist zum Beispiel mit der Parkbühne Wuhlheide, dem Rathaus Köpenick und dem Schloss Köpenick vertreten. Zahlreiche weitere Sehenswürdigkeiten, darunter der Fernsehturm, der Reichstag, das Brandenburger Tor und das Deutsch-Französische Volksfest, können bestaunt werden. Während die Modelle nicht berührt werden dürfen, können an einigen Stellen interaktive Elemente in Gang gesetzt werden. Per Knopfdruck lassen sich zum Beispiel ein ICE, eine U-Bahn und eine alte Straßenbahn steuern. Und am Tierhof Marzahn fangen nach dem Auslösen einer Lichtschranke Hunde an zu bellen.
2023 wird die Archenhold-Sternwarte neu dazukommen. Die Miniatur des Gebäudes mit dem längsten beweglichen Fernrohr der Welt befindet sich bereits in einer der Werkstätten. Betrieben werden diese von der Bildung, Umschulung, Soziales (BUS) gGmbH, eine Schwestergesellschaft der USE. Dort werden die Modelle von Menschen hergestellt, die von den Jobcentern in eine Arbeitsförderungsmaßnahme vermittelt werden. Unter Anleitung professioneller Modelbauer werden sie wieder fit für den Arbeitsmarkt gemacht. Darunter befinden sich Langzeitarbeitslose und Menschen mit Behinderung. Umgesetzt werden auch Auftragsarbeiten. Marcus Sydow erinnert sich zum Beispiel daran, wie sie vor vier Jahren mal für den Besitzer eines Schlosses die komplette Berliner Skyline gebaut haben. Für ein Museum hätten sie mal ein Luftschiff hergestellt, für einen Privatmann aus Süddeutschland mehrere alte Straßenbahnen. Gern würde der Leiter für den Modellpark noch das Stadion An der Alten Försterei realisieren. Die Herstellung eines Modells sei jedoch teuer und von der Idee bis zur Fertigstellung vergingen etwa zwei bis drei Jahre.
„Der Fokus liegt inzwischen ganz klar auf dem Erhalt der Modelle“, betont er. Einige seien in die Jahre gekommen. Das Hauptproblem seien die Witterungsbedingungen. Bei einem schweren Sturm vor ein paar Jahren hat es einmal die Kuppel des Reichtags komplett zerlegt. Durch die Sonnenstrahlung müssen die Farben immer wieder mal aufgefrischt werden. Auch Regen und Hagel bekommen den Modellen nicht gut. Selbst Tiere machen Schwierigkeiten. „Wir hatten ein Modell des Spreewalds mit Reetdächern gebaut. Im Frühjahr kamen dann immer Vögel und haben das Material für ihren Nestbau genutzt."
Wolfgang Grasnick hat den Modellpark vor 15 Jahren gegründet und mit aufgebaut. Damals war das Areal noch eine von Wildschweinen verwüstete Brache. Es gab keinen Zaun, alles war defekt. Der ehemalige Ernst-Thälmann-Sportplatz wurde dann vom Bezirksamt an die USE verpachtet. „Das sieht frappierend schön aus“, sagt der 67-Jährige, wenn er den Blick über die Anlage schweifen lässt. Er hätte sich nicht vorstellen können, dass der Modellpark einmal so umfangreich werden würde. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass wohl nie dazu gekommen wäre, hätte er schon damals gewusst, welche Schwierigkeiten auf ihn zukommen würden. Aufgrund der Lage in einem Trinkwasserschutzgebiet habe es unzählige Auflagen gegeben. Bis heute bekomme der Modellpark keine Erlaubnis, dass Busse in der Nähe parken dürfen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln bleibt der Standort ebenfalls schlecht erreichbar.
Für ein Areal, das Touristen anlocken will, sind das eigentlich keine guten Bedingungen. Zudem läuft in diesem Jahr der Pachtvertrag mit dem Bezirk aus. Die Verhandlungen für einen neuen Vertrag laufen aber bereits, damit die Attraktion in der Wuhlheide erhalten bleibt.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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