Arbeiten ist auch ein Bedürfnis
Das Start-up Independesk vermittelt kostenfrei Büroplätze an ukrainische Flüchtlinge

Karsten Kossatz mit seinem Geschäftspartner Uwe Weinreich in den Nordlichtstudios an der Nordlichtstraße. | Foto:  Dirk Jericho
2Bilder
  • Karsten Kossatz mit seinem Geschäftspartner Uwe Weinreich in den Nordlichtstudios an der Nordlichtstraße.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Karsten Kossatz vermittelt deutschlandweit sogenannte Coworking-Spaces. Jetzt hilft seine junge Firma Independesk ukrainischen Flüchtlingen, einen Schreibtisch zu finden – kostenlos.

Die Nordlichtstudios in der Nordlichtstraße 75: In den Fluren stehen Kisten, an den Bürotischen sitzen junge Leute mit Laptops. Der Konferenztisch ist aus Europlatten zusammengezimmert, in der Ecke steht ein roter Retrokühlschrank. Hier residiert das Start-up Independesk, das Karsten Kossatz vor zwei Jahren mit seinem Geschäftspartner Uwe Weinreich gegründet hat. Mit der Vermittlungsplattform, über die jeder einen freien Schreibtisch bei registrierten Coworking-Anbietern per App in der Nähe finden und buchen kann, hat Independesk-Gründer Karsten Kossatz Ende 2021 sogar ein 100 000 Euro-Investment von Unternehmer Carsten Maschmeyer bei der Geschäftsidee-Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ gewonnen.

Mittlerweile arbeiten 17 Leute bei dem Start-up und vermitteln freie Schreibtische in Firmen, Hotels oder Cafés an digitale Nomaden, die unterwegs einen Arbeitsplatz suchen. 1300 Standorte in ganz Deutschland hat Independesk in der App. Wie beim Carsharing werden dem Nutzer die freien Schreibtische in der Umgebung mit Stundenpreis angezeigt, die man per Klick buchen kann. Independesk kassiert 20 Prozent Provision. Mit der Flüchtlingswelle kam Karsten Kossatz sofort die Idee, seine Plattform auch den Ukrainern zur Verfügung zu stellen – und zwar kostenlos.

In Ruhe arbeiten

„Das Wichtigste ist für die Flüchtlinge natürlich erst einmal ein Dach über dem Kopf und ein Bett“, sagt der 30-Jährige. Aber viele wollen dann auch in Ruhe arbeiten, E-Mails schreiben oder recherchieren. Arbeiten ist auch ein Bedürfnis. Kossatz erzählt von einer geflüchteten Freiberuflerin, die mit ihrem Laptop jetzt hier weiterarbeitet. Eine ganze ukrainische Redaktion hat bereits über das Independesk-Portal Schreibtische gefunden.

Die Nutzung der Arbeitsplätze ist für die Flüchtlinge kostenlos. Mehrere Dutzend Ukrainer sind bereits bei der Workplace Initiative, wie Kossatz seinen Beitrag zur Flüchtlingshilfe nennt, registriert. Die Firma Independesk verzichtet auf alle Provisionen und die Coworking-Spaces wollen auch keinen Cent für ihre Arbeitsplätze. 200 freie Schreibtische waren bereits nach einer Woche für die Workplace Initiative online. Bürofirmen wollen mit den Gratisarbeitsplätzen helfen; viele Schreibtische sind wegen des Trends zum Homeoffice ohnehin frei.

Video auf Ukrainisch

Die Workplace Initiative und das kostenlose Angebot erklärt Karsten Kossatz in einem 100-Sekunden-Video auf Ukrainisch, obwohl er kein Wort Ukrainisch kann. Ein ukrainischer Kollege hat den Text übersetzt und in Lautschrift aufgeschrieben. „Wir haben dann Aussprache und Betonung geübt und schließlich aufgenommen“, so Kossatz. Ihm war es sehr wichtig, dass er das Erklärvideo selbst macht und in der Sprache der Flüchtlinge. „Der Film sollte nicht anonym sein, sondern zeigen, dass wir diejenigen sind, die helfen“, sagt Kossatz. Wie sein ukrainischer Bürokollege ihm versichert hat, versteht man Kossatz’ Ukrainisch recht gut. Zur Sicherheit wurde das Video dennoch mit ukrainischen und englischen Untertiteln produziert.

Karsten Kossatz engagiert sich nicht zum ersten Mal für andere. Im Corona-Lockdown hat er die Non-Profit-Plattform Helfen.Berlin ins Leben gerufen. Um Restaurants und Bars zu unterstützen, konnten die Leute Gutscheine für ihre „Lieblingsorte“ kaufen, die später eingelöst werden können. Über 2800 Lieblingsorten konnte so geholfen werden. Gutscheine über 1,5 Millionen Euro wurden über das Portal verkauft. Auch hier hat Karsten Kossatz keine Gebühr kassiert und nichts daran verdient. Für sein „herausragendes gesellschaftliches Engagement“ wurde Kossatz 2021 mit dem Berliner Unternehmerpreis ausgezeichnet.

Weitere Informationen zur Workplace Initiative gibt es auch im Internet unter independesk.com/workplace-initiative.

Karsten Kossatz mit seinem Geschäftspartner Uwe Weinreich in den Nordlichtstudios an der Nordlichtstraße. | Foto:  Dirk Jericho
Karsten Kossatz vermittelt mit seiner Firma Independesk kostenfreie Büroarbeitsplätze an ukrainische Flüchtlinge. | Foto: Dirk Jericho
Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 765× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 782× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 473× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 42.500 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade und Mariendorf. Damit können weitere rund 42.500 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt zwei Millionen Anschlüsse in Berlin zu ermöglichen. Schnell sein...

  • Frohnau
  • 11.12.24
  • 924× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.855× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.