Gotteshaus mit bewegter Geschichte
Die Apostel-Paulus-Kirche besteht seit 125 Jahren

Landmarke in Schöneberg: Apostel Paulus ist schon von weitem zu sehen.  | Foto: KEN
3Bilder
  • Landmarke in Schöneberg: Apostel Paulus ist schon von weitem zu sehen.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Mit ihren heute 1200 Sitzplätzen ist sie eine der größten Kirchen Berlins und ein gern besuchter Konzertort. Kurz vor dem Jahreswechsel ist die Apostel-Paulus-Kirche im Akazienkiez 125 Jahre alt geworden.

Begünstigt durch seine Nähe zu Berlin und an der wichtigen Verbindungsstraße nach Potsdam gelegen zählte Schöneberg Mitte der 90er-Jahre des 19. Jahrhunderts rund 63 000 Einwohner. Tausende gehörten der Schöneberger evangelischen Großgemeinde an. Eine solche Massenparochie benötigte Raum.

Schöpfer der 1894 eingeweihten Apostel-Paulus-Kirche war der Königliche Baurat Franz Schwechten (1841-1924). Der Architekt des Historismus wählte für das Gotteshaus den Stil der Backsteingotik. Die Kirche sollte in Grundriss und Konstruktion an die Bautradition der Mark und an Karl Friedrich Schinkel erinnern: eine dreitürmige Hallenkirche über lateinischem Kreuz, ein Querschiff mit Emporen, fünfseitiger Chor im Süden, im Norden der 85 Meter hohe Hauptturm. Er ist von einem spitzen Zeltdach bekrönt. Im Turm hängen drei Bronzeglocken. Schön ist das Sterngewölbe, das das Kirchenschiff überspannt. Der Bau verschlang 630 000 Mark, was heute einem Betrag von etwa 4,13 Millionen Euro entspräche. Anfang 1944 erlitt Apostel Paulus bei einem alliierten Luftangriff durch Brandbomben schwere Schäden. Die Kirche wurde restauriert und am 1. Mai 1949 erneut eingeweiht. Heute steht sie unter Denkmalschutz.

Nicht mehr gerettet werden konnte die alte Sauer-Orgel mit 60 Registern. Sie wurde 1964 durch ein neues Instrument aus der Walcker-Werkstatt ersetzt. Die elektrisch betriebene Schleifladen-Orgel hat drei Manuale, Pedal und 38 Register. 2700 Pfeifen können angeblasen werden.

Die Apostel-Paulus-Kirche kann ohne einen Mann nicht gedacht werden: Eitel-Friedrich Karl Balthasar von Rabenau (1884-1959). Der evangelische Pfarrer, der von 1923 bis 1954 in der Schöneberger Gemeinde wirkte, hatte nicht nur ab 1929 einen Erwerbslosen-Männerkreis aufgebaut, dem etliche Jugend-Gemeindekreise wie ein Schülerbibelkreis, eine Abteilung des CVJM oder der Pfadfinder folgten. Eitel-Friedrich von Rabenau war zudem während des nationalsozialistischen Kirchenkampfes ein führender Vertreter der oppositionellen Bekennenden Kirche.

Bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte sich der Theologe der völkischen Glaubensbewegung der Deutschen Christen (DC) entgegengestellt. Zunächst mit Erfolg. Bei den Wahlen zum Gemeindekirchenrat der Apostel-Paulus-Gemeinde im November 1932 stimmten nur 33,3 Prozent der Gemeindeglieder für die DC. Bei den vom NS-Staat erzwungenen Neuwahl im Juli 1933 änderte sich das Wahlverhalten, nicht zuletzt aufgrund massiver Propaganda. Mit einer Mehrheit von 60 Prozent der Stimmen wurden DC-Vertreter in den Gemeindekirchenrat gewählt.

Von Rabenau blieb kritisch. Er wurde Ende 1933 zweimal kurz seines Amtes als Pfarrer enthoben. Aber der streitbare Kirchenmann kam zurück, trotz gesperrtem Gehalt, Verhaftung und Verhören durch die Gestapo. Die Apostel-Paulus-Gemeinde bekannte sich 1939 zur Bekennenden Kirche. Eitel-Friedrich von Rabenau leitete eine Zeitlang die Oppositionsbewegung. Verfolgte Juden aus dem Bayerischen Viertel versteckte der Pastor im Pfarrhaus.

Einen Eindruck von diesem geschichtsträchtigen Ort kann sich jeder selbst verschaffen. Die Kirche ist an jedem Wochentag für mindestens anderthalb Stunden geöffnet.

Nächere Infos unter https://ev-apostel-paulus-kirchengemeinde.de/.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

19 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 200× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 384× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.352× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.180× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.