Im "Malort" kann man sich ins spontane Tun versenken
Begründer des Malorts ist Arno Stern. Seine über die ganze Welt verstreute Institution praktiziert ein Malspiel, das keine Kunst und keine Therapie sein will, sondern reine Versenkung ins spontane Tun.
1946 hatte der heute knapp 90-Jährige aus einer Kasseler Fabrikantenfamilie in einem Pariser Heim für Kriegswaisen die Aufgabe, 150 jüdische Kinder zu beschäftigen. Außer Papier, Bleistiften und Farben gab es nicht viel. Also ließ Stern die Kinder malen. Und weil es eng zuging, nebeneinander im Stehen. Um mehr Platz zu gewinnen, kam Arno Stern eines Tages auf die Idee, die Fenster zu verhängen.
Im Laufe der Malstunden machte der Pädagoge und Forscher eine Entdeckung: Alle Menschen besitzen eine zeichnerische "Ursprache". Sie könne man im Malort wiederfinden. Seit über 66 Jahren kommen die "Malkinder" ab drei Jahre einmal in der Woche an dem geschlossenen Ort zusammen und malen 90 Minuten lang. Gespräche sind erlaubt, aber nicht über die "Spur" auf dem Papierbogen an der Wand. Die Bilder verlassen den Malort nie. Sie werden in Mappen verwahrt.
Einen solchen Malort leitet Marina Lindner. Vier Jahre lang war die Erzieherin in Wilmersdorf beheimatet. Nun werden die dort angemieteten Räume als Baubüro für einen Dachgeschossausbau benötigt. Marina Lindner muss umziehen - und kehrt an ihre erste Wirkungsstätte zurück, in die Schöneberger Ebersstraße 12a. Die erste Malspiel-Zeit beginnt am 9. Mai von 16.30 bis 18 Uhr und am 10. Mai von 10.30 bis 12 Uhr.
"Es freut mich, dass es weitergeht", sagt Marina Lindner, die bei Arno Stern in Paris einen intensive Ausbildung zur "Dienenden" absolvierte, was nichts mit einer Sekte zu tun hat. Arno Stern hat keine Schule gegründet. Seine Absolventen eröffnen ihre eigenen Malorte. Sie arbeiten zwar nach seinen Vorgaben, sind aber sonst völlig unabhängig.
Marina Lindner "dient", indem sie den jeweils zehn Teilnehmern einer Gruppe die Bögen aufhängt, Farbtropfen beseitigt oder Farben mischt. Das Malen fördere Konzentration und Selbstvertrauen sowie einen respektvollen Umgang mit anderen und mit dem Material, sagt Lindner.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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