Spandaus Bibliothekschefin Heike Schmidt im Gespräch
Der Trend geht zur offenen Bibliothek, die rund um die Uhr geöffnet hat. Wäre dieses Konzept auch in Spandau realisierbar?
Heike Schmidt: Angesichts der steigenden Zahl von Lesern und Ausleihen sind längere Öffnungszeiten auf jeden Fall wünschenswert, mit dem vorhandenen Personal allerdings nicht abdeckbar. Wir haben momentan 50 Mitarbeiter in allen sieben Bibliotheken. Bis Ende 2016 werden es aufgrund des verordneten Personalabbaus nur noch 46 sein. Würden wir die Öffnungszeiten mit dieser Personalzahl ausdehnen, müssten wir andere Angebote wie etwa die Leseförderung reduzieren.
Eine 24-Stunden-Öffnung der Bibliothek in Kladow war doch aber schon im Gespräch?
Heike Schmidt: Das ist richtig. Im Rahmen des EU-Projektes zur Automatisierung des Leihbetriebs (RFID) wurde ein Innovationsprojekt gesucht. So kamen ich und meine Kolleginnen auf die Idee, nach Dänemark zu fahren. Dort sind viele Bibliotheken sieben Tage in der Woche 24 Stunden lang geöffnet. Wir wollten uns anschauen, wie das praktisch funktioniert und waren begeistert. Zurück in Spandau gab es aber auch skeptische Stimmen, weshalb wir mit der kleineren Stadtteilbibliothek in Kladow beginnen wollten. Also nicht sofort mit Öffnungszeiten rund um die Uhr, sondern zunächst nur am Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr und zwar ohne Personal.
Ohne Personal? Wie funktioniert das?
Heike Schmidt: Über Selbstbedienung können Medien ausgeliehen oder zurückgegeben werden. Ein Zugangscomputer verifiziert den Kunden anhand eines Datenbankabgleichs über seinen Bibliotheksausweis und steuert anschließend die elektronische Türöffnung. Videokameras zeichnen die Vorgänge in der Bibliothek auf und speichern diese für eine begrenzte Dauer auf einem Server. So kann möglichem Diebstahl oder Vandalismus vorgebeugt werden. Wegen der Sicherheitsbedenken hatten wir für die Bibliothek in Kladow überlegt, dort zunächst nur Nutzern ab 18 Jahren den Zutritt zu erlauben.
Welche Vorteile bringt eine personallose Bibliothek?
Heike Schmidt: Bei den Dänen steckt die Idee dahinter, dass der Leser sich die Bibliotheksräume in den Zeiten selbst öffnet, in denen keine personalbesetzte Öffnung möglich ist. So können die Bürger die Räume und Bestände selbstständig nutzen, auch wenn sie zu diesen Zeiten keine Beratung bekommen. Sie können sich aber viel länger in den Räumen aufhalten und ausleihen. Von den Kunden wird dieses Konzept breit akzeptiert. Deshalb würde ich es mir für die Spandauer sehr wünschen. Bibliotheken sind heute längst keine Orte mehr, wo nur ausgeliehen wird. Sie sind Aufenthaltsort, in dem gelesen und sich ausgetauscht wird. Als Dienstleister müssen wir zudem auf das geänderte Freizeitverhalten reagieren. Viele Menschen sind berufstätig und wollen die Bibliotheken gern am Wochenende in Ruhe nutzen können. Unsere Stadtbibliothek in der Altstadt hat samstags bis 15 Uhr geöffnet. Dort ist es regelmäßig brechend voll um diese Zeit. Es kommen Familien mit Kindern. Der Bedarf ist also da.
Warum wird das Pilotprojekt in Kladow dann nicht umgesetzt?
Heike Schmidt: Wir haben das Innovationsprojekt nicht aufgegeben. Es ist nur so, dass der Spandauer Personalrat, der in diesem Fall mitbestimmungspflichtig ist, von uns eine sogenannte Technologiefolgenabschätzung verlangt hat. Wir sollten also darlegen, welche Auswirkungen dieses Konzept möglicherweise auf die Stellenzahl und das Bibliothekspersonal hat. Diese Folgenabschätzung hätte 17 000 Euro gekostet, die wir nicht haben. Ich bin seit neun Jahren Leiterin der Stadtbibliothek und aus meiner Erfahrung weiß ich, dass solche Projekte keinerlei Auswirkungen darauf haben, ob die Senatsverwaltung uns Personal kürzt oder nicht.
Wie geht es jetzt weiter mit dieser Idee?
Heike Schmidt: Wir hoffen, noch in diesem Jahr mit dem Personalrat zu einer Einigung zu kommen, um den Testbetrieb in Kladow 2016 starten zu können, notfalls mit eigenen Haushaltsmitteln. Im Interesse der Spandauer Bibliotheksnutzer würde ich dieses Projekt wirklich gern umsetzen.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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