Wege aus der Krise
Berliner Krisendienst Südwest am neuen Standort

Angela Hofmeister und Ulrich Klein leiten die Beratungsstelle des Berliner Krisendienstes in Steglitz.  | Foto: K.Rabe
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  • Angela Hofmeister und Ulrich Klein leiten die Beratungsstelle des Berliner Krisendienstes in Steglitz.
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20 Jahre lang war der Krisendienst Südwest am S-Bahnhof Rathaus Steglitz ein Anlaufpunkt für Menschen in Krisen. Seit Oktober gibt es zwei U-Bahnstationen weiter Hilfe. Das Team des Berliner Krisendienstes Südwest musste umziehen und ist jetzt in der Schloßstraße 128, am Walther-Schreiber-Platz, zu finden.

Anlässe, um in eine Krise zu geraten, gibt es viele: Konflikte in der Partnerschaft, Ängste und Panik, Trennung und Verlust, Depressionen. Wer in eine akute Notsituation gerät, braucht unbürokratische Hilfe. Oft hilft schon ein vertrauliches Gespräch. Auf offene Ohren und fachliche Kompetenz stoßen Betroffene beim Berliner Krisendienst, der einen von insgesamt neun Standorten in Steglitz hat.

„Bei uns finden betroffene Menschen schnell Hilfe. Als Erstanlaufstelle und niederschwellige Einrichtung sind wir während unserer Öffnungszeiten leicht erreichbar – über das Telefon und auch direkt. Ohne Voranmeldung“, sagt Angela Hofmeister. Die Sozialpädagogin ist die stellvertretende Einrichtungsleiterin des Standortes Süd-West.

Schleichender Weg in die Krise

In ihrer Zeit beim Krisendienst hat sie Menschen in den verschiedensten Notsituationen getroffen. „Jeder kann in eine Krise geraten. Manchmal auch ohne einen konkreten Anlass“, sagt Hofmeister. Der Weg in eine Krise kann schleichend verlaufen. Bei einer beginnenden Depression zum Beispiel merken die Betroffenen, dass sich die Dinge verändern. Sie sind verwirrt und ziehen sich dann häufig zurück. Oft sind in solchen Fällen auch die Partner, Freunde oder Kollegen betroffen. Auch Angehörige können sich übrigens an den Krisendienst wenden, um sich Rat zu holen, wie sie sich verhalten sollen. Ob Angehörige oder Betroffene selbst, ob am Telefon oder vor Ort – die Gespräche sind auf Wunsch anonym. Das heißt, persönliche Daten werden nicht dokumentiert.

In vielen Fällen bleibt es nicht bei einem einzigen Kontakt. „Wir bieten den Menschen in Krisen Begleitung an, bis sie selbst in der Lage sind, die nächsten Schritte zu tun“, sagt Angela Hofmeister. Mitunter sind viele Gespräche notwendig, um Betroffenen eine Orientierung zu geben beziehungsweise sie an eine geeignete Institution zu verweisen. Bei Drogenproblemen zum Beispiel werden die Betroffenen an den Drogendienst weitergeleitet. Aber die Klienten können dazu nicht gezwungen werden. Es werde dann „gerungen“, bis ärztliche oder psychologische Hilfe akzeptiert wird.

Zunehmend junge Leute suchen Hilfe

30 erfahrene und speziell ausgebildete Fachkräfte auf Honorarbasis kümmern sich um die Anliegen von Betroffenen. Die Zahl der Hilfesuchenden hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. In Steglitz wurden 2018 fast 7500 Gespräche geführt. In ganz Berlin waren es 70 000. „Anfangs, also vor 20 Jahren, waren es 32 000“, sagt Ulrich Klein. Der Psychologe leitet die Einrichtung in Steglitz. Auch was das Klientel betrifft, hätte sich etwas geändert. „Zu uns kommen zunehmend auch junge Leute, weil die Eltern nicht mehr in der Nähe sind“, sagt Klein. Junge Menschen hätten ohnehin weniger Probleme damit, sich Rat zu holen. „Für sie ist es normal, sich Hilfe zu suchen. Sie haben das so gelernt.“ Das macht sich auch dadurch bemerkbar, dass viel öfter der persönliche Kontakt vor Ort gesucht wird.

Dafür ist auch der neue Standort am Walther-Schreiber-Platz ideal. „Es war uns wichtig, dass wir wieder sehr gut erreichbar sind“, sagt Angela Hofmeister. Nachdem ihnen die Räume am S-Bahnhof Rathaus Steglitz gekündigt wurden, war es gar nicht so einfach, einen geeigneten Standort zu finden. Bei vielen Vermietern sei man auf Ablehnung gestoßen. Das hat zum einen mit dem Klientel zu tun, das den Krisendienst aufsucht, zum anderen sind es auch die Sprechzeiten bis in die Nacht. Bei ihrer Suche wurden sie von dem Berliner SPD-Abgeordneten Matthias Kollatz unterstützt.

Die Beratungsstelle des Berliner Krisendienstes Südwest, Schloßstraße 128, ¿390 63 60, ist täglich telefonisch und persönlich von 16 bis 24 Uhr erreichbar. Außerhalb dieses Zeitraumes werden die Anrufe an den überregionalen Bereitschaftsdienst weitergeleitet.

Angela Hofmeister und Ulrich Klein leiten die Beratungsstelle des Berliner Krisendienstes in Steglitz.  | Foto: K.Rabe
Ein Plakat zeigt, wie und wo sich Betroffene bei Selbsttötungsgedanken Hilfe suchen können.  | Foto: K. Rabe
Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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