Markenzeichen: eine Eule
Ausstellung gewährt Einblicke ins Ullsteinhaus

Kurator Philipp Holt und Irene von Götz, Leiterin der Museen Tempelhof-Schöneberg, vor den Highlights der Spenden und Leihgaben aus der Bevölkerung.  | Foto: Philipp Hartmann
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„Wir wollten diese Ausstellung nicht alleine konzipieren, sondern mit den Menschen ins Gespräch kommen“, sagt Dr. Irene von Götz. Das ist der Leiterin der Museen Tempelhof-Schöneberg und Kurator Philipp Holt gelungen. Mit Unterstützung der Bevölkerung konnten sie seltene Überbleibsel der Ullstein-Geschichte zusammentragen.

Diese werden in der Sonderausstellung „Druckfrisch aus Tempelhof! Blicke in das Ullsteinhaus“ im Tempelhof-Museum präsentiert. Im Juli hatte das Museum einen Aufruf gestartet, Zeitzeugnisse einzureichen. Ehemalige Ullstein-Mitarbeiter und deren Nachfahren meldeten sich. So sind 140 Einzelobjekte als Schenkungen oder Leihgaben zusammengekommen, von denen einige in die Ausstellung übernommen wurden. Darunter befinden sich besondere Exponate wie die Werkzeugkiste eines Druckers von 1960, eine Musterdruckplatte für Probeabzüge per Hand, ein Kupferstich des Ullsteinhauses um 1930 und ein Fotoalbum mit Aufnahmen einer Firmenweihnachtsfeier von 1957. Blickfang ist eine dekorative Eule aus Gips, das Logo des Ullstein-Verlags.

Bis heute prägt das massive Backsteingebäude am Hafen die Silhouette Tempelhofs und hat dabei eine ereignisreiche Geschichte vorzuweisen. 1927 wurde das Ullsteinhaus eröffnet, exakt ein halbes Jahrhundert nach Gründung des Verlags durch Leopold Ullstein. Seine fünf Söhne Hans, Louis, Franz, Rudolf und Hermann, die das erfolgreiche Unternehmen zu der Zeit gemeinsam leiteten, reagierten mit dem Bau des modernsten Druckhauses Europas auf das rasante Wachstum. Durch die Druckmaschinen in den Produktionshallen liefen damals unter anderem die „Berliner Illustrirte Zeitung“, die als Sonntagsbeilage in der Berliner Morgenpost heute noch erscheint, und Bestseller wie der Antikriegsroman „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque.

Mit der Enteignung erlebte der einst größte Verlag Deutschlands 1934 seine dunkelste Stunde. Die Folge waren Massenentlassungen jüdischer Mitarbeiter und politischer Oppositioneller, während die Ullstein-Brüder nach England und in die USA emigrierten. Drei Jahre darauf war der Verlag von den Nationalsozialisten in Deutscher Verlag umbenannt. Erst 1952 erlangte die Familie das Unternehmen zurück. Von den Brüdern lebte da nur noch Rudolf. Das führte mangels potenzieller Nachfolger 1959 schließlich zum Verkauf des Ullstein-Verlags an Axel Springer. Zeitweise, so recherchierte Kurator Philipp Holt unter anderem im Archiv des Springer-Verlags, arbeiteten rund 4000 Beschäftigte in dem Gebäude. Bis zur Schließung 1986 wurde dort noch gedruckt, vorübergehend auch Zeitschriften wie die „Stiftung Warentest“.

Besonders war das Betriebsklima. „Nicht selten arbeiteten ganze Familien bei Ullstein: die Mutter als Falzerin, der Vater als Setzer und die Tochter als Zeitungsbotin“, heißt es auf einer Infotafel in der Ausstellung. Viele Beschäftigte verbrachten ihre gesamte berufliche Laufbahn im Unternehmen und nannten sich selbst „Ullsteiner“ aufgrund der persönlichen Verbundenheit. Auf einigen Fotos ist zu sehen, wie einst im Ullsteinhaus gearbeitet wurde. Vorher, so Irene von Götz, habe das Gebäude für sie nie eine richtige Bedeutung gehabt. „Jetzt fahre ich mit einem ganz anderen Blick daran vorbei.“

„Druckfrisch aus Tempelhof! Blicke in das Ullsteinhaus“ ist bis 30. Juni 2019 im Tempelhof-Museum, Alt-Mariendorf 43, jeden Montag bis Donnerstag 10-18 Uhr, Freitag 10-14 und Sonntag 11-15 Uhr zu sehen. Führungen sind bei Anmeldung unter der Telefonnummer 902 77 61 63 möglich. Der Eintritt ist frei.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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