Erst gerügt, dann geehrt: Baumscheiben-Aktivistin gewinnt Umweltpreis
Wedding. Seit Jahren liegt die Öko-Aktivistin Alfa Conradt mit dem Grünflächenamt im Clinch, weil sie um ihre ehrenamtlich gepflegten Minigärten an Straßenbäumen kleine Schutzzäune baut. Jetzt hat sie für ihre Baumscheiben-Paradiese den Umweltpreis Mitte gewonnen.
Große Freude bei Alfa Conradt: Für ihre „ökologische Baumscheiben-Bepflanzung im Wedding“ wurde die engagierte Bürgerin jetzt ausgezeichnet. Die Urkunde auf der Festveranstaltung im Schul-Umwelt-Zentrum Mitte (SUZ) in der Scharnweberstraße 159 „musste mir Frau Weißler übergeben“, sagt die Guerilla-Gärtnerin (wie sie sich gerne bezeichnet) nicht ohne ein Gefühl der Genugtuung. Denn die Umweltstadträtin Sabine Weißler (Grüne), deren Umwelt- und Naturschutzamt gemeinsam mit dem Schul- und Jugendamt den Umweltpreis Berlin-Mitte 2017 ausgeschrieben hat, ist sonst gar nicht so gut auf Conradts Baumscheiben-Engagement zu sprechen. Noch vor sechs Wochen hatte sie der Öko-Aktivistin gedroht, notfalls zwangsweise ihre Baumscheiben-Zäune entfernen zu lassen.
Sabine Weißler leitet auch das Straßen- und Grünflächenamt (SGA), und das duldet, im Gegensatz zu mehreren anderen Bezirken, keine Zäune um die Baumscheiben-Gärten. Alfa Conradt hatte erst im Mai vom SGA die Aufforderung bekommen, die Zäune um ihre Minigärten in der Türkenstraße zu entfernen. Weil sie das nicht einsieht, hatte sie am 22. Mai mit einem Sitzstreik ihre bunten Baumscheiben bewacht.
Noch stehen die Zäune um die grünen Baumoasen. Bis Juli sollte sie Conradt abbauen. Doch nach dem Gewinn des Umweltpreises will die Gehweggärtnerin, die auch Grün- und Pflanzprojekte an Schulen macht, standhaft bleiben im Zaunstreit. „Eine Baumscheibe ohne Schutzzaun überlebt nicht“, sagt Conradt. Sie hat bisher zehn Baumscheiben gestaltet und privat viel Geld in die Gehwegoasen gesteckt.
„Das hat alles schon eine gewisse Ironie“, sagt Conradt zu ihrer Auszeichnung zum Baumscheiben-Engagement, mit dem sie im Bezirk sonst soviel Ärger hat. Sie betont, dass sie sich beim Bau der Zäune genau an die Regeln hält, die die sechs Bezirke, die nichts gegen Zäune um Baumscheiben haben, erlassen haben.
Alfa Conradt wundert sich auch, warum der Bezirk keine Presseinformation zu den Gewinnern des Umweltpreises herausgegeben hat. Immerhin wurden 4500 Euro Preisgelder an insgesamt elf Projekte von Kitas, Schulen und Einzelpersonen vergeben. Auf Nachfrage der Berliner Woche konnte Umweltstadträtin Sabine Weißler die Sieger nicht nennen, wollte die Liste aber nachreichen. Die Leiterin des Umweltladens Mitte des Umweltamt war Jurymitglied beim Umweltpreis. Die versprochene Auswertung war auch eine Woche später nicht da. Einen Pressetext von der Preisverleihung inklusive aller Preisträger schickte auf Anfrage der Berliner Woche der Leiter des Schul-Umwelt-Zentrums Mitte (SUZ), Helmut Krüger-Danielson, an die Redaktion. Die Liste wurde bisher weder auf der Bezirkswebsite noch auf der Internetseite des SUZ veröffentlicht. DJ
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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