Würdigung für Nazigegner
Vor dem Rathaus Wedding erinnert eine Stele an Elise und Otto Hampel
Am 21. Juli – dem 125. Geburtstag des Schriftstellers Hans Fallada – wird um 11 Uhr die Infostele für Elise und Otto Hampel feierlich enthüllt. Es sprechen Kulturstadträtin Sabine Weißler (Grüne) und Hans-Rainer Sandvoß von der Forschungsstelle der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.
Die Eheleute Elise und Otto Hampel wohnten in der Amsterdamer Straße und hatten, nachdem Elises Bruder 1940 im Krieg gefallen war, zwei Jahre lang mit handgeschriebenen Postkarten gegen Hitler und seinen Krieg gekämpft. In den anonymen Texten, die sie in die Briefkästen steckten, riefen sie dazu auf, Hitler zu stürzen. Die Nazigegner wurden schließlich verraten, von der Gestapo aufgespürt, verhaftet und von Freislers Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Beide wurden am 8. April 1943 in Plötzensee durch das Fallbeil hingerichtet. Hans Fallada widmete dem Weddinger Ehepaar seinen 1947 veröffentlichten Roman „Jeder stirbt für sich allein“. Das Buch wurde mit Starbesetzung sowohl in der DDR als auch in der BRD verfilmt. Der Roman über die Geschichte der Eheleute Quangel, wie sie im Buch heißen, gilt als das erste Buch eines deutschen nicht-emigrierten Schriftstellers über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Am Wohnhaus der Hampels an der Amsterdamer Straße 10 erinnert seit dem 8. April 1989 eine Gedenktafel an die Weddinger Nazigegner.
Die Künstlerin Ingeborg Lockemann hat jetzt im Auftrag des Bezirks eine Infostele gestaltet, die auf dem Rathausvorplatz aufgestellt wird und an die Weddinger Widerstandskämpfer erinnert. Auf der 2,20 Meter hohen Stele aus Verbundsicherheitsglas hat Lockemann den Original-Schriftzug einer Hampel-Postkarte gedruckt. „Wache auf! Wir müssen uns von der Hitlerei befreien!“ steht groß geschrieben. Auf der Rückseite gibt es in deutsch und englisch Informationen über das Ehepaar Hampel, ihre Postkarten-Widerstandsaktionen, ihre Verhaftung und Ermordung sowie künstlerische Würdigung durch Hans Fallada in seinem Roman „Jeder stirbt für sich allein“. Die 9900 Euro teure Informationsstele haben das Bezirksamt, die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) sowie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bezahlt.
Mit der Einweihung der Stele endet auch die jahrelange Posse um die Benennung des Rathausvorplatzes. Denn ursprünglich sollte der gesamte Platz zwischen Rathausaltbau und Schiller-Bibliothek in Elise-und-Otto-Hampel-Platz benannt werden. Das hatte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bereits im Sommer 2014 beschlossen. Der Name der Weddinger Antifaschisten wurde zuvor in einem Auswahlverfahren der BVV-AG-Geschichte ermittelt.
Die BIM wollte zwar keine Platzbenennung, hat dann aber schließlich auf Bitten der Stadträtin Sabine Weißler (Grüne) einen Umbenennungsantrag gestellt. Der BIM gehören der Rathausturm (das heutige Jobcenter) und der Vorplatz. Doch das Straßen- und Grünflächenamt (SGA), dessen Chefin Stadträtin Weißler ist, hatte die Benennung aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Eine Platzbenennung würde die Hausnummern der Müllerstraße unterbrechen und diene nicht der eindeutigen Orientierung, teilte das SGA der BIM mit. Also der Firma und Platzeigentümerin, die immer gegen eine Benennung war und vom Bezirk zu einem Antrag gedrängt worden war. Als Kompromiss wurde schließlich die Fußgängerverbindung zwischen Genter Straße und Müllerstraße direkt am Rathausaltbau in Elise-und-Otto-Hampel-Weg umbenannt. Der Weg war bisher Teilabschnitt der Limburger Straße. Dort wird auch die Stele aufgestellt.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.