Herma Kennel hat ein neues Buch geschrieben

Die Charlottenburger Autorin Herma Kennel. | Foto: Wecker
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Charlottenburg. Im Frühjahr wird ein neues Buch der Charlottenburger Autorin Herma Kennel erscheinen.

Wieder ist es ein Kinderbuch. Sein Titel lautet "Der verschwundene Löwe von Prag". Das böhmische Wappentier tritt aus dem Rahmen und geht durch Prag, um nach den Rechten zu sehen. Dabei trifft es diverse Gespenster. Darunter ist auch ein durch die Rudergasse reitendes Knochengerippe, dem der Löwe einen Diebstahl von 1648 bis heute nicht verzeihen kann. Mit solchen Geschichten ist Herma Kennel populär geworden. Schon einmal hat sie mit einem auf der Reise befindlichen Tier einen großen Erfolg gehabt: "Die Reise mit der Pfeffermaus".Die etwas früher Geborenen kennen eine ganz andere Herma Kennel, eine Autorin, die in Verlagskatalogen in eine Reihe mit Irmgard Morgner, Günter Grass und Marion Gräfin Dönhoff steht. Ihr Erstling auf diesem Schaffensfeld war die Geschichte über einen DDR-Flüchtling, der in Genf sein Glück suchte und nicht fand. Dann schrieb sie über den rumänischen Dissidenten Radu Filipescu, mit dem sie während eines mehrjährigen Aufenthaltes im sozialistischen Rumänien nur indirekt in Kontakt stand.

Erst nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" konnte sie ihn treffen und ausführlich interviewen. Sie schrieb über eine tschechische Widerstandsgruppe und setzte damit der Widerstandskämpferin Bozena, die wenige Tage vor Kriegsende in Mauthausen in der Gaskammer ermordet worden war, ein literarisches Denkmal.

Die weitaus größte Wirkung in ihrem Schaffen hatte bislang der Roman "Bergersdorf". Die Autorin beschreibt die Geschichte eines sudetendeutschen Dorfes während der Besetzung, dessen Unglück es war, den Namen des SS-Generals Berger zu tragen. Der General meinte, wenn schon der Name besagt, dass es sein Dorf sei, so sollte es unter der besonderen Obhut der SS stehen.

Nach dem Sieg über die Deutschen führte dies zu grausamer Rache und einem Massengrab bei Dobrenz. Das wurde erst 2010 aufgrund des Buches von Herma Kennel entdeckt. Dieser Roman unterscheidet sich nicht nur im Sujet von allem vorangegangenen, sondern auch in der Erzählweise.

Herma Kennel schreibt nicht aus heutiger Sicht, wo jeder weiß, dass Hitler der Verbrecher war und die anderen die gerechten Sieger. Sie schreibt aus der Sicht derjenigen, "die an Hitler glaubten wie an einen Gott", und nicht wussten, dass er bald den schlimmsten Krieg der Geschichte vom Zaun brechen wird. Diese Menschen erlebten den später als Kriegsverbrecher verurteilten General als freundlichen und aufgeschlossenen Menschen.

Herma Kennel berichtet von den sudentendeutschen Juden, die in der Wehrmacht ihre Befreier von tschechischer Unterdrückung zu erkennen glaubten. Sie schreibt von deutschen und tschechischen Dorfnachbarn, die ihre Kinder gegenseitig auf die Höfe schickten, damit sie der anderen Sprache lernen. Sie springt auch sprachlich in die Zeit, wenn sie zum Beispiel von der "Ausquartierung" der Juden schreibt, was ihr den Vorwurf der "Verharmlosung" eintrug. Insgesamt hat ihr dieses Buch jedoch bei den Lesungen sowohl in Tschechien als auch in Deutschland viel Lob eingebracht, eben genau deshalb, weil sie die Bosheit und Güte der Menschen nicht nach der Nationalität verteilt.

Frank Wecker / FW
Autor:

Lokalredaktion aus Mitte

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