Kandidaten zwischen großen und kleinen Themen
Im Unterschied zu den Spitzenkandidaten in den Fernsehduellen müssen sie sich nicht nur in der großen Politik, sondern auch in den Kiezen gut auskennen. Diesen Spagat beherrscht im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf nur eine: Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen). Bei den Kurfürstendammgesprächen des Kurfürstendammvereins konnte sie plausibel erklären, dass es für alle besser ist, wenn der Euro erhalten bleibt, und wie es gelingen kann, den Bahnhof Zoo wieder an das Fernbahnnetz anzuschließen. Bei einer familienpolitischen Diskussion punktete sie mit der Forderung, jedem, der 30 Jahre gearbeitet hat, eine Mindestrente von 850 Euro zuzugestehen. Ülker Radziwill kann zwar gut erklären, wie wichtig die Integrationspolitik und die doppelte Staatsbürgerschaft sind, was die SPD Großartiges auf dem Gebiet der Familien- und auch der Bildungspolitik vorhat, aber über die Pläne ihrer Ortsgruppe, die Anrainer am Olivaer Platz mit dem Entzug von Parkplätzen zu Radlern umzuerziehen, wusste sie nicht Bescheid. Offensichtlich hatte sie auch nicht nachgeschaut, wer sie eingeladen hatte, denn gleich zweimal verkündete sie: "Der Kudamm darf nicht zur Geschäftsmeile verkommen".
Der gestandene Lokalpolitiker Klaus-Dieter Gröhler (CDU) zog es, vor die Wahl gestellt, vor, über die leeren Pflanzschalen auf dem Boulevard zu wettern, statt sich auf die große Politik einzulassen. Er weiß aber auch, dass das bundespolitische Ziel seiner Partei, weder neue Schulden aufzunehmen noch die Steuern zu erhöhen, kommunalpolitisch bedeutet, dass sich soziale Zielstellungen wie die Erhöhung des Kindergeldes nur postulieren aber kaum realisieren lassen.
Marlene Cieschinger (Die Linke), deren Stärke die Familienpolitik ist, war auf dem Forum nicht vertreten. Ein Ersatzmann konnte wie auch die Vertreter von AfD und der FDP mangels Bezug zum Bezirk wenig Erhellendes beitragen. Von den in der BVV vertretenen Parteien fehlte auf der Einladungsliste Siegfried Schlosser von den Piraten. Der hatte aber auf anderen Foren deutlich gemacht, dass die Partei noch nicht zu allen gesellschaftlichen Bereichen über Gestaltungsentwürfe verfüge, jedoch für den sozialen Wohnungsbau eintrete. Die Förderung solle aber nicht den Bauherren, sondern den Mietern zugutekommen. Lisa Paus ist Politprofi genug, um in kein Fettnäpfchen zu treten. Es sei deshalb vermerkt, dass andere maßgebliche Politiker ihrer Partei den Zoo bis zur Unkenntlichkeit umwandeln und dem Volk einen vegetarischen Tag verordnen wollen.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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