"Nicht plötzlich alles paletti": Stadtrat: Senat muss Kosten für volljährig gewordene Flüchtlinge übernehmen
Charlottenburg-Wilmersdorf. Bildungsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Bündnis 90/Die Grünen) ist besorgt: Dem Bezirk fehlt es an Geld, um junge Flüchtlinge, die ganz allein nach Berlin gekommen sind, zu unterstützen.
Die sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge – es sind fast ausschließlich junge Männer – werden vom Landesjugendamt auf die Bezirke verteilt und in Einrichtungen der Erziehungshilfe von Pädagogen betreut. Charlottenburg-Wilmersdorf ist zurzeit für 141 Jugendliche zuständig. „Viele sind schon sehr selbstständig, andere brauchen aber zusätzlich Begleitung bei der Integration oder der Ausbildung“, sagt Jugendamtsleiterin Uta von Pirani. Alle erzieherischen Hilfen, die notwendig sind, organisiert der Bezirk. Das Geld dafür bekommt er vom Land Berlin zu 100 Prozent erstattet.
So weit, so gut. Doch sobald die Flüchtlinge 18 Jahre alt werden, übernimmt die Senatsfinanzverwaltung nur noch die Hälfte der Ausgaben. „Damit bleiben wir auf Millionenkosten sitzen, die wir nicht beeinflussen können. In Charlottenburg-Wilmersdorf haben wir momentan etwa 30 Fälle, die uns in diesem Jahr rund eine halbe Million Euro kosten“, sagt Stadtrat Schruoffeneger.
„Nur weil die jungen Menschen volljährig sind, ist ja nicht plötzlich alles paletti“, ergänzt Uta von Pirani. Das Gesetz sehe vor, dass erzieherische Hilfen bis zum 21. Lebensjahr gewährt werden können, ausnahmsweise sogar bis zum 27. Lebensjahr. „Wir prüfen jeden Einzelfall“, versichert die Jugendamtsleiterin. Bestehe Bedarf, müssten die Flüchtlinge auch nach ihrem 18. Geburtstag weiter unterstützt werden.
„Das sind für uns nicht steuerbare Ausgaben, deshalb muss das Land Berlin die Finanzierung übernehmen.“ Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Situation in den nächsten Monaten deutlich zuspitzen wird. „Die meisten der minderjährigen Flüchtlinge sind zwischen 15 und 17 Jahre alt, und sie werden natürlich nach und nach volljährig“, so Uta von Pirani.
Doch die Senatsfinanzverwaltung lehnt eine hundertprozentige Kostenübernahme ab. Das hat sie Ende September noch einmal allen Bezirken gegenüber bekräftigt. Oliver Schruoffeneger fordert: „Das Land Berlin muss dringend nachbessern und seine ablehnende Haltung ändern.“ sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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